Das Elend spielt sich nicht vor unserer Haustüre ab, sondern an den Aussengrenzen Europas. Doch nach erschütternden Berichten und Bildern wollen viele Schweizer aktiv werden und helfen. Einige beschliessen sogar, Hilfsgüter zu sammeln und selbst dorthin zu bringen, wo die Lage immer prekärer wird – etwa nach Röszke an der ungarisch-serbischen Grenze.
Das ist zwar gut gemeint, aber ohne Organisation und Absprache mit den Hilfskräften vor Ort verschlimmern solche Aktionen das Chaos eher, als es zu bändigen. Das mussten Freiwillige, die Hilfsgüter-Transporte von der Schweiz nach Ungarn koordinieren, in den letzten Wochen mehr als einmal feststellen.
«In den letzten Tagen sind immer mehr Autos ohne Voranmeldung in Röszke aufgetaucht», sagt ein Mitglied der Gruppe «Action from Switzerland». Das Chaos, das entsteht, wenn Leute unangemeldet irgendwelche Hilfsgüter abladen, verärgert die lokale Polizei. Das wiederum falle auf die Helfer zurück, die zum Teil schon seit Wochen vor Ort sind.
Auf Facebook werden weitere Folgen beschrieben:
Weitere Schwierigkeiten können an der Grenze warten. «Wer erwartet, dass er am Zoll mit einer Wagenladung von Gütern einfach durchgelassen wird, weil es sich ja um Nothilfe handelt, muss sich auf eine unschöne Überraschung gefasst machen», sagt der Aktivist.
Um die Lieferung von der Schweiz aus zu koordinieren, hat eine Gruppe von Leuten die Facebook-Gruppe «Action from Switzerland» ins Leben gerufen. Dort werden in Zusammenarbeit mit Helfern in den betroffenen Gebieten Sammelaktionen und Fahrten nach Österreich und Ungarn koordiniert. Ausserdem gibt es neuste Informationen darüber, welche Güter am dringendsten gebraucht werden und wie man sie am besten verpackt. Die Gruppe verzeichnet einen rasanten Zuwachs: 1400 Mitglieder innerhalb von einer Woche.
Wer sich informiert, kann Fettenäpfchen vermeiden: Necessaires mit Toiletten- und Hygieneartikeln etwa sind sehr erwünscht, man solle aber darauf achten, dass man weder Kondome noch Tampons darin verstaut. So könne man vermeiden, die Empfänger vor den Kopf zu stossen.
Auch Lebensmittel aus der Schweiz ins Krisengebiet mitzubringen, sei eine schlechte Idee. Es sei total unökonomisch, hier teures Essen zu kaufen, um es zu verschenken, sagt der Vertreter von «Action from Switzerland». «Das Geld kann man viel effizienter einsetzen, wenn man die Lebensmittel vor Ort kauft».
Trotz all den Tücken freuen sich die Betreiber von «Action from Switzerland» über die grosse Hilfsbereitschaft bei der Bevölkerung. Und hoffen auf mehr: «Die Menschen vor Ort sind auf Hilfe angewiesen. Wir freuen uns deswegen über jede Spende.» Auch suche man immer Leute, die mit ihren Autos Güter transportieren können.
Stefan Frey von der Flüchtlingshilfe Schweiz warnt vor überstürztem Handeln: «Wer mit Gütern in ein Krisengebiet fährt, soll sich auf jeden Fall zuerst gut informieren. Was wird wirklich gebraucht? Wer ist meine Ansprechperson?» Man gehe auch gewisse Risiken ein, wenn man die Verhältnisse vor Ort nicht kenne – zum Beispiel am Zoll.
Ausserdem hält Frey fest, dass sich die Situation für Flüchtlinge nicht in wenigen Wochen wieder verbessern wird. «Man darf sich also ruhig Zeit nehmen und seine Hilfe planen, das muss nicht gleich heute oder morgen geschehen», sagt Frey.
Das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS) sieht die Sache mit den Naturalspenden kritisch. «Lieferungen ins Ausland machen aus logistischer und finanzieller Sicht wenig Sinn», sagt Bettina Filacanavo. Das HEKS arbeite mit Organisationen vor Ort zusammen und kläre so ab, was die Menschen brauchen, um sie optimal zu versorgen.
Denn die Bedürfnisse sind unterschiedlich. «An der ungarisch-serbischen Grenze bleiben die Flüchtlinge oft nur wenige Tage und wollen dann weiter nach Norden», sagt Filacanavo. Das sei eine andere Situation als in Flüchtlingslagern in anderen Ländern, etwa im Libanon, wo sich Flüchtlinge viel länger aufhalten.
«Wären jetzt Tausende von Flüchtlinge an der Schweizer Grenze, dann sähe die Situation vielleicht anders aus», sagt Filacanavo. «Dann würden Naturalspenden aus der Bevölkerung wohl eher Sinn machen. Aber in dieser Situation sind wir nicht.»
Gemäss «Action from Switzerland», die in Kontakt mit Helfern in Ungarn ist, müsse man zwei Dinge als allererstes auf zwei Dinge achten:
Die Bedürfnisse der Flüchtlinge variieren, und auch die Nachfrage nach bestimmten Hilfsgütern könne sich schnell ändern. Auf Websites wie Migration Aid Hungary findet man Angaben dazu, was aktuell am dringendsten benötigt und wie die Hilfe organisiert wird.
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es brauch vorallem menschen, die sich um die flüchtlinge kümmern, offene füsse verbinden, kindern die hände waschen und eine geordnete abgabe der hilfsgüter ermöglichen.
vernetzung vor ort (wien) ist dabei zentral.