Es ist Freitagabend, irgendwann in der zweiten Jahreshälfte 2017. Die Geschichte, die der Abteilungsleiter im Basler Erziehungsdepartement soeben vom Personaldienst vorgetragen bekommt, kann er gar nicht fassen. Zusammen machen sie sich auf und besuchen den Ort des Geschehens, das Wochenende mögen sie nicht abwarten. Vor Ort finden sie den Schauplatz vor, wie beschrieben: das französische Bett, die Stereoanlage, die Polstergruppe. Auch die Überwachungskamera. Der dafür verantwortliche Teamleiter wird umgehend entlassen. Fristlos.
Die Geschichte zu dieser Szenerie ist im Jahresbericht 2017 der Basler Ombudsstelle festgehalten. Sie geht so: Timo Maurer, wie ihn der Bericht anonymisierend nennt, ist Teamleiter in der Basler Verwaltung. Genauer: im Erziehungsdepartement, wie Recherchen der «Schweiz am Wochenende» zeigen. Als einer der Angestellten für längere Zeit ausfällt, wird eine Aushilfe mit befristetem Vertrag angestellt. Sie besitzt wenig Berufserfahrung und nur mangelhafte Deutschkenntnisse. «So kommt es oft zu Missverständnissen mit Kunden, und die Kasse stimmt plötzlich nicht immer», ist in dem Bericht zu lesen.
Maurer beginnt eine Beziehung mit der Aushilfe. Die beiden geben sich gar nicht erst sonderlich Mühe, ihr Techtelmechtel geheim zu halten – nach zwei Monaten wissen auch die Mitarbeiter, was Sache ist. Für Maurer aber kein Grund für Zurückhaltung, im Gegenteil. Mit einer Unverfrorenheit, die ihresgleichen sucht, besetzt er den allgemeinen Pausenraum und richtet ihn als Liebesnest für seine Affäre her.
Der Mann kommt lange damit durch. Er ist ja schliesslich der Chef. Sowohl Maurer als auch seine Angebetete sind verheiratet, da kommt ihnen die Privatsphäre an der Arbeitsstätte gerade recht. Das französische Bett, die Stereoanlage, die Polstergruppe – sie machen den einstigen Pausenraum zu einem Rückzugsort, in dem das Pärchen nicht nur die gewissen Stunden verbringt, sondern ab und zu auch gleich übernachtet.
Ärger handelt sich Teamleiter Maurer aber mit einer anderen Mitarbeiterin ein. Sie fühlt sich von ihm schikaniert. Inzwischen ist sie für ihn die Sünderin, wenn die Kasse nicht stimmt. Sie muss zusätzliche Arbeit übernehmen.
Der Grund für die sich verschlechternde Arbeitsbeziehung zwischen dem Chef und der 59-Jährigen: «Er gibt der langjährigen Angestellten auch zu verstehen, dass sie kündigen soll, damit die Stelle für seine Geliebte frei wird», schreibt die Ombudsstelle. Dabei hatten sie sich zuvor blendend verstanden.
In seiner Leidenschaft kennt Maurer kaum Grenzen: Er installiert eine Kamera, um jene Frau zu überwachen, die der Festanstellung seiner Geliebten im Weg steht. Er überprüft ihre Arbeit per Handy, «sogar während seiner Ferien». Die Angestellte ist verunsichert und wagt nicht, zu kündigen – aus Angst, in ihrem Alter keinen Job mehr zu finden. Ausserdem ist es ihre Traumstelle, die sie seit zehn Jahren gerne ausübt. «Sie hat Kontakt mit Kunden und darf mit Geld umgehen», schreibt die Ombudsstelle. Weitere Details sollen nicht verraten werden, aus Rücksicht auf die betroffenen Personen.
Ihr Leid klagt die gequälte Mitarbeiterin ihrem Lebenspartner. Dieser schlägt ihr die Ombudsstelle als Beschwerdeinstanz vor. Sie macht Fotos vom Liebesnest und vereinbart einen Termin – alles kommt aus. Dann geht es schnell: Die Ombudsstelle verständigt den Personaldienst, dieser den Abteilungsleiter.
Es ist jener Freitag. Maurer hilft auch nicht mehr, dass er immer wieder versichert habe, alle Möbel sofort verschwinden zu lassen, sobald sich jemand beschwert. Per Montag wird Maurer fristlos freigestellt, und am Mittwoch wird ihm gekündigt. Er akzeptiert die Kündigung, ohne Rechtsmittel einzulegen. Auch für seine Geliebte endet die Geschichte unschön: Sie lässt sich krankschreiben für den Rest ihres befristeten Einsatzes.
Auch Sie müsste fristlos und ohne Anspruch auf weitere Zahlungen den Betrieb verlassen.