Der Bundesrat zieht derzeit nicht in Betracht, an den Schweizer Grenzen wieder Grenzkontrollen einzuführen. Die Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben, hält er fest. Weder die öffentliche Ordnung noch die innere Sicherheit seien bedroht.
Der Bundesrat schreibt dies in Antworten auf Fragen, die in der Fragestunde des Nationalrates vom Montag aus zeitlichen Gründen nicht im Saal behandelt werden konnten. Die schriftlichen Antworten wurden am Abend veröffentlicht.
Die Flüchtlingskrise in Europa hatte viele Nationalratsmitglieder zu Fragen veranlasst. Sie wollten etwa wissen, was der Bundesrat angesichts der «offensichtlichen Verletzungen» der Verträge von Schengen und Dublin durch die EU zu tun gedenke.
Der Bundesrat schreibt, die Schweiz habe immer betont, dass alle Schengen- und Dublin-Staaten ihren Verpflichtungen nachkommen müssten. Das beinhalte eine menschenwürdige Unterbringung genauso wie die Registrierung der Migrantinnen und Migranten im Ersteinreiseland. Wegen der ausserordentlichen Flüchtlingssituation stosse das System aber an seine Grenzen.
Die Situation stelle die Schengen/Dublin-Zusammenarbeit auf eine harte Probe, stellt der Bundesrat fest. Solche Situationen könnten nur mit einer fairen Verteilung von Asylsuchenden innerhalb des Dublin-Raums gelöst werden. Er unterstütze daher die diesbezüglichen Bestrebungen der EU-Kommission.
In einer anderen Antwort weist der Bundesrat darauf hin, dass sich die Schweiz im Rahmen der Mitgliedschaft bei Frontex an gemeinsamen Operationen zum Schutz der Aussengrenzen beteilige. Eine Kontrolle der Aussengrenze bedeute aber eben gerade nicht, dass schutzbedürftigen Personen die Einreise verweigert werden dürfe.
Eine volle Sicherung der Landesgrenzen, wie sie von rechter Seite gefordert wird, wäre laut dem Bundesrat praktisch unmöglich, ebenso wie die Kontrolle aller Fahrzeuge und Insassen an den Grenzübergängen. Eine solche habe in den vergangenen Jahrzehnten auch nie stattgefunden, hält der Bundesrat fest.
Ein Einsatz von Armeekräften würde kaum genügen, illegale Grenzübertritte zu verhindern. Wenn das Grenzwachtkorps seine Aufgabe nicht bewältigen könne, wäre es indes möglich, Armeeangehörige im Assistenzdienst einzusetzen. Die Armee setze ausserdem bereits heute bei Bedarf Aufklärungsdrohnen und Helikopter mit Wärmesensoren für das Grenzwachtkorps ein.
Der Bundesrat äussert sich auch zur Idee, Online-Asylgesuche zuzulassen, damit sich Flüchtlinge nicht in die Hände von Schleppern begeben müssen. Aus Datenschutz- und sicherheitsrechtlichen Gründen wäre dies problematisch, schreibt er.
Zudem wäre eine Einzelfallbeurteilung kaum möglich, zumal kein persönlicher Kontakt zwischen Fachspezialisten und den asylsuchenden Personen bestünde. Auch die Überprüfung der Identität wäre schwierig.
Er unterstütze jedoch die Pläne für ein EU-weites Resettlement-Programm, hält der Bundesrat fest. Er erinnert auch daran, dass er beschlossen habe, über drei Jahre 3000 Personen aus der Krisenregion aufzunehmen. (jas/sda)