Auf den Berliner Bürgersteigen ist es eng: Velos, E-Roller und Motorräder stehen kreuz und quer. Fussgängerinnen und Fussgänger kommen kaum durch. Das sorgt für Ärger im Alltag.
Um dem entgegenzuwirken, hat der Berliner Senat entschieden, dass Velos, E-Roller und Motorräder ab 1. Januar auch auf Flächen abgestellt werden dürfen, die bisher Autos vorbehalten waren: auf Parkplätzen.
Zu diesem Zweck hat die Stadt die Zweiräder von der Parkgebühr befreit. Velos durften in Deutschland – anders als in der Schweiz – davor auch schon auf Autoparkplätzen parkieren, aber eben gegen Parkgebühr.
Die Mobilitätsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) sagte in einem Interview mit dem Sender rbb: «Das Ziel dahinter ist ganz klar: Ich möchte endlich, dass die Fahrräder, Scooter und anderen Kleinstfahrzeuge von den Gehwegen verschwinden, wo sie bis jetzt rechtlich geduldet worden sind.» Fahrräder, aber auch Elektro- und andere Kleinstfahrzeuge gälten als Fahrzeuge und dürften deswegen auch auf Autoparkplätzen stehen.
Nach einer Übergangsfrist sollen E-Scooter nur noch an speziellen Sammelstellen oder eben auf Parkplätzen abgestellt werden dürfen. Velos werden weiterhin auf Trottoirs geduldet. Die Neuregelung soll Velofahrerinnen und Velofahrer aber dazu animieren, häufiger Parkplätze zu nutzen, wie der Senat im Dezember in einer Mitteilung schrieb.
Natürlich steckt auch eine weiterführende Absicht dahinter: «Das Ziel unserer gesamten Mobilitätswende ist ja, dass wir den öffentlichen Raum anders verteilen. Geparkte Autos verbrauchen schlicht zu viel Platz in so einer dichten Stadt.» Die neue Regelung soll also auch den Klimaschutz unterstützen – und Autos langfristig aus der Stadt verdrängen.
Der Entscheid hat – erwartbar – für Empörung gesorgt. Viele Autofahrerinnen und Autofahrer fürchteten, ein einzelnes Velo könnte künftig einen ganzen Parkplatz blockieren. Einen Parkplatz in Berlin zu finden, würde noch schwieriger.
Der Senat stellte klar: Velos und andere Zweiräder sollen weiterhin möglichst platzsparend abgestellt werden, also entlang den Häuserwänden oder zwischen zwei bereits geparkten Autos. Am liebsten aber an Anlehnbügel.
«Fahrräder sollten grundsätzlich an den für sie vorgesehenen Orten abgestellt werden», heisst es in einem Nachtrag auf Twitter.
Fahrräder etc. sollen grundsätzlich an den für sie vorgesehenen Orten abgestellt werden. (3)
— Senatskanzlei Berlin (@RegBerlin) November 30, 2022
Der Senat hat hinzugefügt, dass lediglich die Parkgebühren neu geregelt wurden. Wo geparkt und gehalten werden dürfe, sei nach wie vor in der Strassenverkehrsordnung auf Bundesebene geregelt. Daran habe die Neuregelung nichts geändert.
Auch in der Schweiz stehen E-Scooters teils willkürlich im Weg. Doch Schweizer Städte sehen von Velos auf Autoparkplätzen ab. Sie stehen einem solchen Modell kritisch gegenüber und setzen lieber auf designierte Abstellplätze. Auch ist es hierzulande gesetzlich anders geregelt.
Die Stadt Luzern schreibt auf Anfrage an watson: «Wir haben vermutlich eine andere Ausgangslage als Berlin.» So gebe es in Luzern nur private E-Roller. Diese seien selten und werden in der Regel vor dem eigenen Haus abgestellt. Darum sei das Problem in Luzern weniger akut als in anderen Städten.
Luzern habe in den vergangenen Jahren viele Abstellplätze für Velos im öffentlichen Raum geschaffen. Das habe zu einer deutlichen Abnahme von parkierten Velos auf Trottoirs geführt. Ausserdem müssten im Rahmen von privaten Bauvorhaben ausreichend Abstellplätze für Velos eingeplant werden.
An Orten, wo es zu wenig Platz für Velos und Motorräder gibt, würden bereits heute einzelne Autoparkplätze umgewandelt, heisst es weiter. Doch Autoparkplätze in der Innenstadt allgemein flexibler zu nutzen, erachte die Stadt derzeit nicht als sinnvoll.
Zudem habe Luzern den Auftrag, bis 2040 die Hälfte der öffentlichen Strassenparkplätze abzubauen. Eine Freigabe der Parkflächen für andere Fahrzeuge würde den Druck auf die Parksituation nur erhöhen.
Anders in Zürich: Dort scheinen die E-Scooter so zu stören, dass deswegen ein Postulat eingereicht wurde. Die Forderung: Der Stadtrat soll prüfen, wie verhindert werden kann, dass E-Scooters so abgestellt werden, dass sie Fussgängerinnen und Fussgänger sowie mobilitätseingeschränkte Menschen behindert.
Derzeit sehe das sogenannte «Free-Floating-Modell» vor, dass die E-Scooter nach der Fahrt an beliebigen Orten abgestellt werden können, also auch mitten auf dem Trottoir.
Der Postulant Islam Alijaj (SP) und die Postulantin Carla Reinhard (GLP) erkennen darin ein «unhaltbarer Zustand», der «zu starken negativen Reaktionen in der Bevölkerung» führe.
Laut der Stadt Zürich seien mit einem Dutzend designierten Parkflächen für E-Scooters nun erste Massnahmen in Kraft. Eine generelle Nutzung von Autoparkplätzen sei vonseiten der Stadt nicht geplant. Der Kommunikationsleiter Robert Soos schreibt auf Anfrage: «In Zürich ist die Situation bezüglich der E-Trotti-Parkierung nicht so schlimm wie in Berlin.»
Die Rechtslage ist in den beiden Ländern unterschiedlich: Anders als in Deutschland ist es in der Schweiz so, dass Parkplätze nur von den Fahrzeugen benutzt werden dürfen, für die sie grössenmässig bestimmt sind. Also Autos auf Autoparkplätzen und sonst nichts. Das sieht die Signalisationsverordnung vor.
Welches Fahrzeug wo parkieren darf, ist also auf Bundesebene geregelt. Die Stadt Basel schreibt auf Anfrage an watson, dass sie nicht die Absicht hätte, es – in bewusster Abweichung zum Bundesrecht – Berlin gleichzutun.
Darüber hinaus, wäre das auch gar nicht möglich: Es handelt sich um eine Bestimmung des Bundesrechts, an welche sich die kantonalen und kommunalen Behörden zu halten haben.
Es besteht also kein Spielraum, ausser, die Regelung würde auf Bundesebene revidiert werden. Das ist laut dem Bundesamt für Strassen (ASTRA) aber nicht vorgesehen – auch, weil es «bisher kein Bedürfnis dazu erkennen konnte».
Darum richte Basel bei Bedarf designierte Abstellplätze ein, dies habe sich bewährt, wie die Stadt schreibt. Im letzten Jahr seien etwa Parkplätze für Cargovelos eingerichtet worden.
bcZcity
Und es dürfte dann nicht wenige Autofahrer geben die das Ding einfach auf den Gehweg stellen und das Auto dann platzieren (Also bei dem Bild oben würde ich das machen).
Wenn man Autos aus der Stadt haben und Velos fördern möchte, hebt die PP einfach ganz auf.
Hoodoo
Freefloating ohne Rücksicht und Respekt für die Mitmenschen. So verspielt man jeglichen Goodwill.
WTF2023
Mehr Leute, mehr Autos, mehr Zweiräder, usw. Solche Probleme dürften künftig nicht weniger werden...