Es ist himmeltraurig, aber eine Tatsache: Frauen auf der ganzen Welt werden von Männern begrapscht oder unflätig angemacht. Unter dem Hashtag «MeToo» machten Frauen in den letzten Tagen über die sozialen Medien ihre negativen Erlebnisse publik.
Wer einige dieser Tweets und Posts liest, merkt schnell: Viele Frauen werden im Ausgang sexuell belästigt:
«Im Club angefasst werden, weil man ja mit der Kleidung die man trägt, quasi darum gebeten hat.»
«So oft auf Festival/Konzert/Party/Club begrapscht worden – der Thread wär unendlich.»
Und ein Mann schreibt: «Nichts gesagt, als mein Kollege den ganzen Abend über anzügliche Bemerkungen über die Frauen im Club machte.»
Noch bevor US-Schauspielerin Alyssa Milano am Sonntag den ersten #MeToo-Tweet absetzte, diskutierte die SP-Delegiertenversammlung am Samstag über sexuelle Belästigung im Ausgang. Denn die Jungsozialisten versuchten eine Forderung im neuen feministischen Manifest der Partei festzuhalten: Clubs ab einem Fassungsvermögen von 300 Personen sollen zukünftig einen Frauenraum anbieten müssen. Dabei soll auch geprüft werden, ob der Staat sich finanziell beteiligen soll.
Die Begründung der Juso: «Ein solcher Raum erlaubt es, sich sicherer zu fühlen und nicht die üblichen Grapschereien oder anderes übergriffiges Verhalten erleben zu müssen.» Doch eine Mehrheit der Delegierten lehnte den Antrag ab und folgte damit der Geschäftsleitung. Deren Argumentation: Übergriffe gegen Frauen im Nachtleben seien zwar ein Problem, die Forderung nach obligatorischen Frauenräumen in Clubs aber nicht zielführend.
Dennoch: Die Jungsozialistinnen und Jungsozialisten werden ihre Forderung weiter verfolgen: «Wir haben uns noch nie von der Mutterpartei aufhalten lassen», sagt Juso-Präsidentin Tamara Funiciello. Der Ist-Zustand sei unzumutbar, es müsse jetzt etwas gehen.
Ein Frauenraum im Club – Funiciello schwebt dabei eine Art Lounge vor. «Heute bleibt den Frauen nur die Flucht aufs WC.» Viele Männer seien sich immer noch nicht bewusst, welchen Belästigungen Frauen ausgesetzt seien.
SVP-Nationalrätin Nadja Pieren hält nichts von der Juso-Idee. «Der Staat soll den Clubbesitzern selber überlassen, welche Räume sie anbieten wollen.», sagt die 37-Jährige, die getrennte öffentliche Räume für Männer und Frauen ein Armutszeugnis findet.
«Wir müssen aufpassen, dass durch den Feminismus-Wahn der Linken nicht die Männer diskriminiert werden», sagt Pieren. Denn es sei despektierlich, alle Männer in den gleichen Topf zu werfen. «Wenn du als Frau Angst vor Männern hast, bleibst du besser zu Hause und schaffst dir dort deine eigene Frauenzone.»
Sie verurteile jede Form der Belästigung, führt die Nationalrätin weiter aus. «Jeder soll sich vehement dagegen wehren und sich allenfalls Hilfe beim Club-Personal holen.»
Auch die Schweizer Bar und Club Kommission (SBCK) möchte erreichen, dass mehr Betroffene von sexueller Belästigung sich beim Personal Hilfe holen. Dazu lancieren sie die Aktion «Isch d'Luisa da?». Ein Codewort für – hilf mir, ich fühle mich belästigt. In zehn Clubs in Winterthur gilt dieses bereits, wie der «Landbote» berichtete. Bald soll das Codewort auch in einigen Zürcher Clubs verstanden werden.
Ein obligatorischer Frauenraum lehnt die Kommission ab. «Nur schon aus Platzgründen», sagt SBCK-Mediensprecher Alexander Bücheli. Seine Befürchtung: Die Einführung würde kostspielige Umbauarbeiten mit sich ziehen und zur Schliessung von mehreren Clubs führen.
Die Kommission setzt auf die Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter, aber auch auf die Zivilcourage und das Verhalten der eigenen Gäste. Ein eigener Raum für Frauen sei zudem nicht zielführend. «Die Botschaft wäre eine Art von Kapitulation, ein Zeichen, dass das Zusammenleben nur mit Schutzräumen geht.»