Ready to take off! Wer in Europa herumreisen will, nimmt immer häufiger den Billigflieger.Bild: CHRISTIAN HARTMANN/REUTERS
Für 80 Franken von Zürich nach Genf und zurück fliegen? Mit Etihad Airlines ist das möglich und damit viel günstiger als mit der Bahn. Ein genauer Blick auf die Fahrtkosten und Reisezeiten zeigt jedoch: Beim Fliegen kommen viele versteckte Kosten hinzu.
11.05.2015, 16:0612.05.2015, 10:53
Twitter-User Thomas Bruderer empörte sich diese Woche in den Sozialen Medien über die Preispolitik im öffentlichen Verkehr. Er schaute nach, wie viel die Reise von Zürich nach Genf mit dem Zug und per Flugzeug kostet. Fazit seiner Recherche: Wer ohne Halbtax-Abo unterwegs ist, zahlt bis zu 174 Franken für die rund 280 Kilometer lange Strecke hin und zurück.
Günstiger und vor allem – auf den ersten Blick – schneller ans Ziel gelangt man mit dem Flug der Airline Etihad Regional: Für 80 bis 90 Franken reist man in rund 50 Minuten von Zürich an den Genfersee. «Es ist kaum zu glauben, dass ein Inlandflug in der kleinen Schweiz sich preislich lohnt», sagt Bruderer, der früher für die Piratenpartei politisierte.
«Mit den günstigen Preisen wollen wir neue Kunden gewinnen, die bisher vor allem mit dem Zug oder mit dem Auto unterwegs waren.»
Etihad Airlines
Tiefe Preise, schnelle Reisezeiten – mit solchen Botschaften werben Billigflieger seit langem und konkurrenzieren damit direkt die Bahn. Teils bewusst, wie Pressesprecherin Anna Fosso von Etihad Regional gegenüber watson erklärt. «Die günstigen Preise sind sogenannte ‹Fantastickets›, ihre Anzahl ist beschränkt und ist Teil unserer Werbestrategie, um neue Kunden zu gewinnen, die bisher vor allem mit dem Zug oder mit dem Auto unterwegs waren.»
Fliegen ist nicht immer am günstigsten
Die Bahn kommt seit Aufkommen der Billigflieger immer mehr unter Druck. Die Strecke von Zürich nach München ist in dieser Hinsicht ein Paradebeispiel: Spätestens ab Lindau verkehrt der EuroCity mit Dieselloks und schlängelt sich langsam durchs Allgäu. Die insgesamt vierstündige Reise kostet mit Retourticket über 170 Franken, mit dem Sparticket gar nur 77 Franken. Schneller, aber nicht günstiger geht es mit dem günstigsten Flug von Germanwings: Für rund 180 Franken kommt man in 1:25 h in die Stadt des Oktoberfests. Auf den ersten Blick die bequemere Variante.
Der zweite Blick zeigt jedoch auf, dass Fliegen in jedem Fall versteckte Kosten und Wartezeiten mit sich bringt. Zwar mag auf der Strecke Zürich–Genf tatsächlich die Flugreise günstiger und deutlich schneller sein. Häufig kommen jedoch zur eigentlichen Flugzeit etwa Wartezeiten für Check-In, Boarding, Sicherheitskontrolle hinzu. Je nach Flughafen müssen Reisende dafür in der Regel mindestens 45 Minuten einberechnen. Hinzu kommt die Fahrt zum Flughafen selbst. Diese befinden sich meistens fernab vom Stadtzentrum. Im Fall von München sitzt man weitere 45 Minuten in der S-Bahn. Aus 180 Franken und 1:25 h für den Flug werden so schnell rund drei Stunden und 20 Franken mehr.
Ähnlich die Situation für Reisen nach Paris: Die Fahrt vom Flughafen Charles de Gaulle ins Stadtzentrum dauert mit der Regionalbahn 35 Minuten und kostet zusätzlich 10 Euro. Zusammen mit dem billigsten Flug der Swiss summiert sich so die Reisezeit von Zürich nach Paris auf drei Stunden für rund 160 Franken. Billiger fährt man hingegen mit dem Sparticket der SBB: Für 136 Franken gelangt man mit dem französischen Schnellzug in rund vier Stunden in die Hauptstadt Frankreichs.
Die wahren Reisezeiten und -kosten
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Fliegen ist nicht immer am günstigsten
Da der Flughafen in München weit ausserhalb der Stadt liegt, muss man beim Flug mindestens eine Stunde mehr einberechnen. Die Zeit bis zum Boarding wird jeweils mit 45 Minuten eingerechnet.
Noch bequemer und günstiger reist man in den Balkan. Ein Retourflug in die kroatische Hauptstadt Zagreb kostet zusammen mit Bustransport ins Stadtzentrum 155 Franken und dauert über zwei Stunden. Die Retourfahrt mit dem Nachtzug im Liegewagen wird als Sparticket für rund 100 Franken angeboten, dauert jeweils eine Nacht lang. Dafür ist man mehr oder weniger ausgeschlafen, wenn man im Stadtzentrum ankommt.
Fliegen galt früher als Luxus. Diejenigen mit kleinem Budget nahmen selbst für weite Strecken nach Moskau, Kopenhagen oder Barcelona den Zug. Das Aufkommen der Billigflieger in den 90er-Jahren veränderte diesen Lehrsatz. Ryanair und EasyJet preschten damals mit einfach eingerichteten Flugzeugen und tiefem Service vor. Heute können auch Reisende mit kleinem Portemonnaie Europa mit dem Flieger entdecken. Mit der Konsequenz, dass europäische Nachtzüge nach und nach aus wirtschaftlichen Gründen abgeschafft wurden.
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