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Crypto-Affäre: Auch Parmelin und Amherd stehen jetzt in der Kritik

Bundesrat Guy Parmelin, SVP, links, bei der symbolischen Schluesseluebergabe an seine Nachfolgerin Viola Amherd, CVP, im Departement VBS, am Donnerstag, 20. Dezember 2018, in Bern. (KEYSTONE/Peter Sch ...
Für ihr Handeln werden sie von der Geschäftsprüfungsdelegation kritisiert: Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Verteidigungsministerin Viola Amherd.Bild: KEYSTONE

Crypto-Affäre: Auch Parmelin und Amherd stehen jetzt in der Kritik

Der Bundesrat macht laut der parlamentarischen Aufsicht keinen allzu guten Eindruck in der Cryptoaffäre. Wirtschaftsminister Guy Parmelin soll aus Angst vor Negativschlagzeilen sogar Schaden für die Crypto-Nachfolgefirma in Kauf genommen haben.
10.11.2020, 20:43
Lucien Fluri, Henry Habegger / ch media
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Längst geht es bei der Crypto-Affäre nicht nur um «Geschichte». Die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments (GPDel) hat auch angeschaut, wie der Bundesrat auf die Krise reagiert hat. Das Fazit fällt für einige Bundesräte schlecht aus.

Guy Parmelin: Zuerst die eigenen Interessen

Glaubt man dem Bericht, so wird Wirtschaftsminister Guy Parmelin seinem Ruf als Mister Schnellschuss gerecht. Als die Cryptoaffäre akut wurde, bekam es das Departement Parmelin laut der GPDel mit der Angst vor schlechter Presse zu tun. Und so sei beschlossen worden, die Ausfuhrbewilligung für Chiffriergeräte der Crypto-Nachfolgefirmen zu sistieren. Laut den parlamentarischen Aufsehern geschah dies jedoch widerrechtlich - und um selbst Zeit zu gewinnen.

GPDel-Präsident Alfred Heer sprach von «rein politischen Opportunitätsüberlegungen». Auf das Ausstellen einer anfechtbaren Verfügung verzichteten Parmelins Leute. Auch die Strafanzeige, die bei der Bundesanwaltschaft in der Folge eingereicht wurde, sei verfehlt gewesen, halten die Aufseher fest. Sie unterstellen gar, dass diese politisch motiviert war.

Viola Amherd: Fehlte die Strategie?

Auch Verteidigungsministerin Viola Amherd steht in der Kritik. Dies hat einerseits mit eben diesem Ausfuhrverbot für Chiffriergeräte zu tun, welches die Crypto-Nachfolgefirmen in Schwierigkeiten brachte. Für die Schweiz sei es eminent wichtig, eine eigene Geräteproduktion im Land zu haben. Dass dies nicht berücksichtigt worden sei, zeuge von einer fehlenden Strategie. Zu spät hätten sich Amherd und der Chef der Armee mit der Problematik befasst.

Unzufrieden ist die Aufsicht auch mit der Information durch das VBS. Offenbar hatte dessen Spitze selbst nicht immer die Informationshoheit, sondern war bei der internen Informationsbeschaffung stark vom Nachrichtendienst abhängig. Damit fühlten sich die Aufseher an die ganze Affäre erinnert, bei der der Geheimdienst und nicht die Politik das Heft in der Hand hielt.

Markus Seiler: Der Mann, der nichts wissen wollte

Markus Seiler, Direktor NDB, Nachristendienst des Bundes, spricht ueber "Sicherheit Schweiz", den Jahresbericht des Nachristendienstes des Bundes, am Dienstag 2. Mai 2017, in Bern.(KEYSTONE/ ...
Markus Seiler, Ex-Geheimdienstchef.Bild: KEYSTONE

Zur umstrittenen Personalie wird in Bundesbern Markus Seiler, Generalsekretär von Aussenminister Ignazio Cassis. Er war ab 2010 Direktor des Nachrichtendienstes des Bundes und dürfte laut der GPDel spätestens 2017 von dritter Seite, aber nicht vom Dienst darüber informiert worden sein, dass die Crypto auch «schwache Geräte» herstellte. Seiler habe sich aber geweigert, eine entsprechende Informationsnotiz entgegenzunehmen. Die GPDel macht ihm jetzt den Vorwurf, dass er mit seinem Vorgehen verhindert habe, dass sich die politische Führung rechtzeitig mit den relevanten Fragen befassen konnte. Ob Konsequenzen zu ziehen seien, wollten Mitglieder der GPDel gestern nicht beantworten. Diese Verantwortung nähme man dem Bundesrat nicht ab.

Bundesrat kritisiert Bericht, SP fordert PUK

Aus dem Umfeld von mehreren Bundesräten wiederum wird der GPDel vorgeworfen, ihr Bericht sei voller inhaltlicher Fehler und daraus resultierend unzulässiger Wertungen. So wird kritisiert, dass die GPDel den rechtlichen Hintergrund der Strafanzeige des Wirtschaftsdepartements nicht verstanden habe. Auch Kritik am VBS wurde als inhaltlich schlicht falsch bezeichnet.

Die Affäre dürfte so rasch nicht ausgestanden sein. Grüne und SP fordern eine Parlamentarische Untersuchungskommission PUK. (bzbasel.ch)

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