Vor 150 Jahren starb eine der bedeutendsten Schweizer Persönlichkeiten: Guillaume Henri Dufour (1787–1875). Der Genfer war ein genialer Kartograf und ein empathischer General. Seine topografische Karte war die erste präzise Gesamtvermessung des Landes und setzte internationale Standards. Sie wurde 1855 an der Weltausstellung in Paris mit einer goldenen Ehrenmedaille ausgezeichnet, obwohl sie noch gar nicht fertig war.
Mit Fingerspitzengefühl lotste Dufour die Eidgenossenschaft 1847 durch den Sonderbundskrieg, den letzten Bürgerkrieg des Landes. Damit verhinderte er eine grössere Eskalation und legte den Grundstein für eine rasche Versöhnung der beiden Konfliktparteien. Bis heute wird Guillaume Henri Dufour deswegen auch als «Brückenbauer der Nation» bezeichnet.
Doch der Genfer errichtete nicht nur symbolische Brücken zwischen verfeindeten Lagern, sondern auch greifbare Bauwerke von einem Ufer zum anderen. Als Kantonsingenieur war er in der Calvinstadt zwischen 1817 und 1850 im Amt und für den Bau mehrerer solcher Übergänge verantwortlich – beispielsweise für die Pont des Bergues über die Rhône, die seit ihrer Fertigstellung 1834 zu einem Wahrzeichen Genfs geworden ist. Bereits einige Jahre zuvor, 1823, hatte Guillaume Henri Dufour die Passerelle de Saint-Antoine, die erste dauerhafte Drahtseil-Hängebrücke Europas, gebaut. Sie verband die Innenstadt von Genf, die damals noch durch eine massive Stadtbefestigung gesichert war und nur drei Zugänge hatte, mit dem ausserhalb gelegenen Quartier Saint-Antoine.
Diese Fussgängerbrücke verbesserte die Zirkulation der Genfer Bevölkerung erheblich – ein bedeutender Schritt für die Region, denn die Mobilität wurde für die Menschen im 19. Jahrhundert immer wichtiger. Die industrielle Revolution und der Ausbau der Eisenbahn hatten tiefgreifende Veränderungen innerhalb der Gesellschaft in Gang gesetzt.
Die Menschen waren also häufiger und länger unterwegs. Das wirkte sich direkt auf die Verkehrswege aus. Diese mussten ausgebaut, ständig verbessert und nun auch beleuchtet werden. Zwar waren einzelne Strassen und Plätze in grösseren europäischen Städten bereits seit dem 17. Jahrhundert mit Öllampen erhellt worden, zwei Jahrhunderte später hatte das Thema Strassenbeleuchtung jedoch eine ganz andere Dimension erreicht.
Die mobile Gesellschaft war immer öfter auch nachts unterwegs, was die Verantwortlichen der städtischen Infrastrukturen vor neue Herausforderungen stellte. Um den steigenden Lichtbedarf decken zu können, begannen sie, mit Gaslampen zu arbeiten. Diese waren nicht nur deutlich heller, sondern auch durch Leitungen miteinander verbunden. Die Beleuchtung konnte deshalb zentral gesteuert werden, was Vieles vereinfachte.
Die Stadt Bern hatte dies früh erkannt und bereits 1843 die erste Gasbeleuchtung der Schweiz eingeführt. Guillaume Henri Dufour zog nach und initiierte ein Jahr später die Beleuchtung der Genfer Strassen. Im Dezember 1844 erhellten 300 Gaslampen die Calvinstadt. In den folgenden 16 Jahren wuchs deren Zahl auf rund 6000 Lampen an. Städte wie Basel oder Zürich folgten erst einige Jahre später, La Chaux-de-Fonds gar erst 1894 – zu einer Zeit, als die ersten Schweizer Städte bereits auf elektrische Strassenbeleuchtung umstellten.
Dufour dachte vernetzt, vorausschauend und weit über den Tellerrand hinaus. Bereits in den 1820er-Jahren hatte er die steigende Mobilität der Gesellschaft und die dadurch wachsenden Anforderungen an Transportmittel und -wege erkannt. Der Kantonsingenieur war deshalb massgeblich an der Einführung der regulären Dampfschifffahrt auf dem Genfersee beteiligt, die ab 1823 sechsmal pro Woche zwischen Lausanne-Ouchy und der Calvinstadt verkehrte.
Auch bei der Anbindung Genfs an das französische Eisenbahnnetz – in erster Linie an die Handelsmetropole Lyon – hatte Guillaume Henri Dufour seine Finger im Spiel. Er machte sich für das Projekt stark und wurde nach seiner Zeit als Kantonsingenieur in den Verwaltungsrat der Compagnie de Lyon gewählt, die sich um die Errichtung der Bahnlinie kümmerte. Es ist auch Dufour zu verdanken, dass ab 1857 regelmässig Züge zwischen Genf und Lyon verkehrten. Damit übernahm die Stadt eine Vorreiterrolle im Schienenverkehr.
Es scheint, als hätte das Genfer Universalgenie Dufour keine Schwächen gehabt. Das ist fast richtig – wäre da nicht die Politik. Auf diesem Feld war der «Brückenbauer» und «Lichtbringer» weniger erfolgreich. Dufour war kein Machtmensch. Zwar genoss er hohes Ansehen, verfügte über ein grosses Netzwerk und wurde nach dem Sonderbundskrieg 1847 als nationaler Held gefeiert – doch er liebte die Politik nicht. Debatten, Parteikämpfe und strategisches Taktieren lagen ihm nicht.
Stattdessen bevorzugte er die Rolle des neutralen Vermittlers, des Fachmanns über die Parteigrenzen hinweg. Diese Haltung brachte ihm viel Respekt ein, jedoch selten einen wirklichen politischen Einfluss.
Trotzdem war Guillaume Henri Dufour fast 50 Jahre politisch aktiv. Zuerst als Vertreter in der eidgenössischen Tagsatzung, später wurde er ins Genfer Parlament gewählt. In den 1850er-Jahren war Dufour zudem während mehrerer Jahre Mitglied des Nationalrats.
Für den Genfer war die Politik jedoch nie eine Passion, sondern eine Bürgerpflicht, die es zu erfüllen galt. Auf der Politbühne war Guillaume Henri Dufour deshalb höchstens ein Nebendarsteller – einer, der ausglich und sich vor allem durch Fakten leiten liess. Vielleicht aber ist genau diese politische «Schwäche» des Politikers Dufour die eigentliche Stärke des Ingenieurs, Generals und Kartografen Dufour.
Nicht nur ermöglichte er uns den Bundesstaat durch sein geschicktes Agieren als general, auch war er danach immer präsent und Einflussreich und das ganz ohne Machtpolitik, sondern als Mensch und Vorbild.
Lasst uns die Märchen um tell vergessen, ehren wir menschen, die uns wirklich Vorbild sein sollten!
Und dann schauen wir unser heutiges, bis hin zum schambefreit Trump&Co addorierendem Gruselkaninett an... Was für eine erbärmliche Peinlichkeit nach 150 Jahren der Möglichkeit, aus der Geschichte zu lernen.