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Justiz

40-Jähriger wegen Tötung von Ehefrau vor Bezirksgericht Dietikon ZH

Bezirksgericht Dietikon ZH: Femizid «fast eine Hinrichtung» – Verteidigung sieht Affekttat

23.03.2022, 05:3123.03.2022, 18:42
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Ein 40-jähriger Nordmazedonier ist am Mittwoch vor dem Bezirksgericht Dietikon ZH gestanden, weil er seine Frau im August 2019 äusserst grausam getötet haben soll. Die Verteidigung sah darin eine Affekttat aufgrund einer psychischen Störung, der Staatsanwalt will ein Urteil wegen Mordes. Die Urteilseröffnung erfolgt am Freitagabend.

Es stehe ausser Diskussion, dass das 34-jährige Opfer am 26. August 2019 von ihrem Ehemann «bestialisch» getötet worden sei, sagte der Verteidiger des Beschuldigten. Allerdings sei das kein maliziös geplantes, skrupelloses Vorhaben gewesen, sondern eine Tat im Affekt - ausgelöst durch eine psychische Extremsituation. Dem Beschuldigten wurde eine anhaltende wahnhafte Störung diagnostiziert.

Das Bezirksgebaeude in Dietikon, am Dienstag, 24. Januar 2017. Angela Magdici steht am Dienstag vor dem Bezirksgericht Dietikon. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Entweichenlassen eines Haeftlings, Beg ...
Das Bezirksgebäude Dietikon.Bild: KEYSTONE

Der Beschuldigte schrieb die Tat seiner «Paranoia» und «Fantasie» zu, worin diese genau bestanden habe, konnte er jedoch nicht sagen. «Ich weiss es nicht, ich hatte keinen Grund.» Er sei nicht mit einer Tötungsabsicht zur Wohnung seiner Frau gefahren. «Ich verzeihe mir das selber nie, was ich gemacht habe», sagte er.

Mittlerweile gehe es ihm «sehr gut», er sei in Therapie und nehme Medikamente. «Früher habe ich viele Stimmen gehört und jetzt geht es mir sehr gut», sagte er am Mittwoch.

Mit Küchenmesser zugestochen

Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau im August 2019 äusserst grausam und aus niederem Beweggrund getötet zu haben. Er habe so auch ein vermutetes Verhältnis unterbinden wollen.

Laut Staatsanwaltschaft beschaffte er sich gewaltsam Zutritt zur Wohnung seiner Frau. Er traktierte sie mit Schlägen gegen den Kopf, bis sie im Badezimmer das Bewusstsein verlor. Dann stach er mit einem Küchenmesser fünf Mal auf sie ein, liess sie liegen und verschloss die Badezimmertür von aussen.

Eines seiner Kinder im Vorschulalter musste die Tat mitansehen. Dieses nahm er auch auf seine anschliessende Flucht im Auto mit, bei der er unter Kokaineinfluss und mit Geschwindigkeiten von bis zu 190 km/h unterwegs war. Er wurde knapp sechs Stunden nach der Tat verhaftet und sitzt seither in Haft.

«Die Gewalt war massiv und kräftig», sagte der Staatsanwalt. Durch das Verschliessen der Tür zum Badezimmer habe der Beschuldigte seinem Opfer auch noch die letzte Chance auf Rettung genommen. Er habe seine Frau beseitigen wollen, weil sie sich von ihm abgewandt habe und ihm nicht mehr habe gehorchen wollen. Im Vorverfahren habe er die Tötung eingestanden, dabei den Vorfall allerdings immer wieder anders geschildert.

Die Tat sei «fast eine Hinrichtung» gewesen, sagte der Richter am Mittwoch. Eine Schwester sowie eine Tante des Beschuldigten hätten ausgesagt, dieser habe nach der Tat ihnen gegenüber gesagt, er habe aufgrund seiner Mentalität getan, was er habe tun müssen.

Der Staatsanwalt forderte für die Tötung sowie weitere Vergehen unter anderem eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren und einem Monat. Statt ins Gefängnis soll der Beschuldigte allerdings eine stationäre Massnahme nach Artikel 59 des Strafgesetzbuches erhalten, auch kleine Verwahrung genannt. Dazu soll ein Landesverweis von 15 Jahren ausgesprochen werden.

Die Verteidigung forderte eine Freiheitsstrafe von maximal zehn Jahren, die zugunsten einer kleinen Verwahrung aufgeschoben werden soll. Auf einen Landesverweis sei zu verzichten.

Klima der Angst in der Familie

Die Vertreter der Privatkläger forderten Genugtuung von insgesamt mehreren Hunderttausend Franken.

Unter der Privatklägerschaft befinden sich auch die gemeinsamen Kinder. Diese hätten schwerwiegende psychische Störungen davongetragen. Bereits vor dem Vorfall habe der Beschuldigte damit gedroht, seine Frau umzubringen und sei gewalttätig geworden. Die Familie habe in einem Klima der Angst gelebt, so einer der Vertreter der Privatkläger.

Die Kinder hätten mittlerweile den Namen des Vaters abgelegt und lebten in einer Pflegefamilie. (sda)

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