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Ex-Vizechef von Exit Romandie in Sterbehilfe-Prozess freigesprochen

Ex-Vizechef von Exit Romandie in Sterbehilfe-Prozess freigesprochen

21.02.2023, 13:2621.02.2023, 13:26
ARCHIV --- ZUR GV VON EXIT DEUTSCHE SCHWEIZ STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILD ZUR VERFUEGUNG --- Zwei Mitglieder von Exit informieren sich an einem Stand, am 20-Jahre-Jubilaeum der Sterbehilfeorganisat ...
Bild: KEYSTONE

Der frühere Vizepräsident der Sterbehilfe Organisation Exit in der Romandie, Pierre Beck, ist in Genf in einem neuen Urteil freigesprochen worden. Er hatte ein Schlafmittel verschrieben und so einer gesunden 86-jährigen Frau geholfen, mit ihrem kranken Mann zu sterben.

Das Genfer Berufungsgericht ist der Ansicht, dass der pensionierte Arzt nicht gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen hat. Die alleinige Tatsache, dass ein Arzt einer gesunden, urteilsfähigen und sterbewilligen Person das Schlafmittel Natrium-Pentobarbital verschreibe, stelle kein durch das Gesetz unter Strafe gestelltes Verhalten dar, argumentierten die Richter. Über das Urteil berichtete das Westschweizer Radio und Fernsehen RTS am Montag. Es lag auch der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vor.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sofern die Staatsanwaltschaft keine Berufung einlegt, wird mit dem Urteil ein jahrelanges Strafverfahren abgeschlossen.

Das Genfer Gericht musste sich zum zweiten Mal mit dem Fall von 2017 befassen. Zuvor hatte das Bundesgericht eine Verurteilung von Beck wegen Verstosses gegen das Heilmittelgesetz aufgehoben und die Justiz angewiesen, den Fall unter dem Gesichtspunkt des Betäubungsmittelgesetzes zu beurteilen. Grund dafür war, dass der Angeklagte das Mittel an eine gesunde und nicht an eine kranke Person weitergegeben hat.

Suizid-Regeln einhalten

Im jüngsten Urteil kam das Richtergremium neben dem Freispruch allerdings auch zum Schluss, dass der Arzt im Rahmen der Beihilfe zum Suizid die Regeln seines Berufsstandes einhalten müsse. Bei Nichteinhaltung drohten dem Arzt Disziplinarstrafen.

Suizidbeihilfe sei nach den früheren Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften einer kranken Patientin vorbehalten, deren Lebensende nahe sei, oder nunmehr einem Patienten, dessen Krankheit oder Funktionseinschränkungen ein als unerträglich empfundenes Leiden verursachten, hiess es im Urteil.

Die betagte, aber gesunde Frau hatte sich entschieden, zusammen mit ihrem schwer kranken Mann zu sterben und sich deshalb an Exit gewandt. Der Arzt entsprach dem Wunsch der 86-Jährigen und verschrieb ihr das in Überdosen tödlich wirkende Natrium-Pentobarbital - ein Schlafmittel. Das Mittel verabreichte sie sich selbst. Das Ehepaar schied am 18. April 2017 aus dem Leben.

Angeklagter: Frau hat psychisch gelitten

Vor Gericht hatte sich der frühere Exit-Vizepräsident damit verteidigt, dass die Frau sehr entschlossen gewesen sei. Sie habe mehrmals klar gemacht, dass sich sich auf jeden Fall umbringen werde, wenn ihr nicht erlaubt werde, zusammen mit ihrem Mann zu sterben, sagte er 2019 vor dem Genfer Polizeigericht.

Die Frau habe psychisch sehr gelitten und sich den Entscheid reiflich überlegt, erklärte der Arzt weiter. Er bedaure deshalb nicht, was er getan habe und würde in einem ähnlichen Fall vermutlich wieder gleich handeln. (aeg/sda)

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4 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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BG1984
21.02.2023 14:22registriert August 2021
Mann ehrlich: lasst die Leute doch sterben wenn sie wollen. Auch gesunde sollen sterben dürfen, sonst müssen sie es mit dem Strick, Zug, Pistole, Brücke, etc. machen. Die Politik ist einfach immernoch viel zu konservativ unterwegs. Sterben ist ein Menschenrecht und das sollte würdevoll gehen.
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