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Kampfjet-Absturz: Fluglotse wegen fahrlässiger Tötung verurteilt

Zwei F/A-18 patrouillieren während der Ukrainekonferenz 2022 über Lugano.
Zwei F/A-18 patrouillieren während der Ukrainekonferenz 2022 über Lugano.

Kampfjet-Absturz: Fluglotse wegen fahrlässiger Tötung verurteilt

28.03.2025, 14:1228.03.2025, 15:42
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Im Militärprozess zum tödlichen Flugunfall eines Kampfjet-Piloten im August 2016 im Sustengebiet ist der angeklagte Flugverkehrsleiter der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen worden. Das Militärappellationsgericht 2 als zweite Instanz verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe.

Die zweite Instanz verurteilte den 42-jährigen Flugverkehrsleiter der Skyguide am Freitag in Aarau zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 190 Franken.

Er war bereits in erster Instanz zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden. Er und der Auditor - der Ankläger - zogen den Schuldspruch weiter. Der Fluglotse der Skyguide wollte einen Freispruch erreichen und der Auditor eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen.

Ein F/A-18 Jet bei der Landung auf dem Militaerflugplatz Unterbach in Meiringen am Dienstag, 16. Mai 2017. (KEYSTONE/Alexandra Wey)
Ein F/A-18 Jet bei der Landung auf dem Militaerflugplatz Unterbach in Meiringen.Bild: KEYSTONE

Zu tiefe Flughöhe angeordnet

Das Militärappellationsgericht 2 befand den Mann der fahrlässigen Tötung schuldig, weil er in Meiringen BE dem verunglückten F/A-18-Piloten am 29. August 2016 eine zu tiefe Flughöhe durchgegeben hatte.

In der Begründung des Urteils sagte der Gerichtspräsident, wenn der Flugverkehrsleiter die vorgegebene Mindestflughöhe von 15'000 Fuss (4572 Meter über Meer) statt wie falsch 10'000 Fuss (3048 Meter über Meer) angeordnet hätte, so wäre die Kollision mit dem Berg nicht erfolgt.

«Ihr Funkspruch löste das Manöver und die Kollision aus», sagte er. Der Funkspruch sei eine Anweisung gewesen - und dann dürfe der Pilot dieser auch vertrauen. Der Flugverkehrsleiter hätte die Anordnung später auch korrigieren können. Das Gericht räumte jedoch ein, dass es eine «Verkettung von unglücklichen Umständen» gegeben habe.

Genannt wurde die Stresssituation, der Ausbildungsstand und der über 60 Jahre alte Radar in Meiringen, der mittlerweile nicht mehr in Betrieb ist. «Wenn nur ein Rädchen anders gedreht hätte, wäre da nichts passiert», hielt der Gerichtspräsident fest.

Zusammenstoss der Kampfjets verhindert

Die Hauptaufgabe des Flugverkehrsleiters sei gewesen, den kurz zuvor gestarteten F/A-18 vom später am Berg kollidierten Kampfjet in der Luft vertikal zu trennen, sagte der Gerichtspräsident. Er habe einen Zusammenstoss der beiden Maschinen verhindern wollen. «Sie wollten Leben retten. Sie wollten die Situation lösen», sagte der Gerichtspräsident.

Der Verurteilte muss gemäss Urteil mit knapp 38'000 Franken die Hälfte der Kosten des Verfahrens bezahlen. Der Flugverkehrsleiter arbeitet nicht mehr in Meiringen, sondern in der Ausbildung bei Skyguide in Dübendorf ZH.

Der 27-jährige Pilot war beim Übungsflug nach dem Start in Meiringen mit der Bergflanke des Hinter Tierberg kollidiert. Er kam ums Leben. Das Flugzeug wurde durch den heftigen Aufprall völlig zerstört.

Freispruch für zweiten Piloten

Das Militärappellationsgericht 2 bestätigte den Freispruch des zweiten Kampfjet-Piloten. Der 41-jährige Berufspilot der Schweizer Luftwaffe war bereits in erster Instanz Anfang 2024 vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen worden.

Das Militärappellationsgericht hielt fest, dass er auf seinem Flug kurzfristig zwar nicht alle Vorgaben eingehalten habe. Er habe die Abweichungen jedoch korrigiert. Der Auditor wollte eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und eine bedingte Geldstrafe.

Die beiden Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Nach der mündlichen Eröffnung kann innerhalb von fünf Tagen schriftlich eine Kassationsbeschwerde zuhanden des Militärkassationsgerichts erklärt werden. (rbu/hkl/sda)

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38 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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heitere_fahne
27.03.2025 08:48registriert März 2020
Da braucht das Militär einfach einen Sündenbock. Der Lotse hat einen kleinen Fehler gemacht, der in einem vernünftigen System kein Problem gewesen wäre. Er sollte freigesprochen werden, mit seinem Gewissen ist er mehr als genug bestraft.

Sehr viele Faktoren haben den Absturz leider nicht verhindert. Dazu gehören altes Radar, schlechte Sicht, schlechte Kommunikationssysteme zwischen Lotse-Pilot und den Flugsicherungen Meiringen und Dübendorf, etc. Nicht zuletzt müsste auch ein Flugschüler wissen, dass bei Oststart in Meiringen sehr schnell Wände über 3500 m Höhe auftauchen.
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Markus Maag
27.03.2025 18:46registriert Mai 2024
Bevor der Lotse schuldig gesprochen wird sollen erst mal jene, die das ganze in Wahrheit zu verantworten haben, vor Gericht erscheinen!
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Der Micha
28.03.2025 14:50registriert Februar 2021
Für mich hat dieses Urteil einen faden Beigeschmack.

Das der Lotse Bestandteil der Verkettung dieser Katastrophe war steht außer Zweifel.

ABER....

Dieser Unfall war eine Verkettung von mehreren Fehlern. Und für mich liest es sich so, als würde man sämtliche weitere Umstände komplett ignorieren. Noch schlimmer finde ich aber, dass man bisher nichts draus gelernt hat.

Das veraltete Radarsystem wurde immer noch nicht ersetzt und es gibt immer noch keine direkte Leitung zur anderen Stelle. Diese beiden Faktoren haben nämlich damals ebenfalls zum Unglück beigetragen.
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