Der Vorfall, der zur Staatsaffäre wurde, muss seinen Anfang etwa über Wünnewil-Flamatt genommen haben, jedenfalls hoch am Nachthimmel über Bundesbern.
Daten des Flugtrackers Flightradar24 zeigen um 0.27 Uhr Lokalzeit am 22. November 2024 eine Auffälligkeit: Die in Casablanca gestartete Boeing 747 der Air China befindet sich in Reiseflughöhe auf über 30'000 Fuss, als sie die Geschwindigkeit plötzlich etwas drosselt.
Das war mutmasslich der Augenblick, als zwei F/A-18-Kampfjets der Schweizer Luftwaffe plötzlich neben dem chinesischen Staatsflugzeug auftauchten. Die Luftwaffe habe den chinesischen Jet «eskortiert», drückt sich eine Quelle aus. Allerdings war dies nicht nach dem Geschmack der Chinesen.
Denn in der Maschine sass laut Quellen der 71-jährige chinesische Herrscher Xi Jinping persönlich. Der Staatspräsident befand sich mitsamt Gefolge auf der Rückreise vom G20-Gipfel in Rio de Janeiro in Brasilien.
Dass die Flugroute über die Schweiz führte, war einem «technischen Zwischenstopp» geschuldet, den Xi in Casablanca in Marokko einlegte. Auf dem Flugfeld wurde der chinesische Staatschef mit Pomp empfangen. Der rote Teppich wurde ausgerollt, eine Ehrengarde stand Spalier, Kronprinz Moulay Hassan und der Premierminister erwiesen ihm die Ehre, wie Bilder zeigen. Der König liess seine wärmsten Grüsse überbringen.
Umso frostiger wird dem Chinesen der Empfang vorgekommen sein, der ihm Stunden später hoch über der Schweiz bereitet wurde: durch die zwei Kampfjets, die aus heiterem Nachthimmel an beiden Seiten der Staats-Boeing auftauchten. Zumal der Überflug korrekt beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) angemeldet und bewilligt worden war. Er hatte also die sogenannte «diplomatic clearance» erhalten.
Die Schweizer Luftwaffe bestätigt den Vorfall gegenüber der «Schweiz am Wochenende», zumindest dessen erste Phase. Sprecherin Nadine Schröder sagt: «Es ist richtig, dass die Luftwaffe in dieser Nacht ein chinesisches Staatsflugzeug kontrollierte. Das geschah im Rahmen einer ganz normalen Live-Mission, wie sie die Luftwaffe jährlich durchschnittlich 200 Mal durchführt – eine Aufgabe übrigens, welche weltweit von den jeweiligen Luftwaffen wahrgenommen wird.»
Das Flugzeug hatte, fährt die Sprecherin fort, eine «diplomatic clearance» vom Bazl, der Überflug war angemeldet und genehmigt. «Es handelte sich also um eine Routinekontrolle, um eine Stichprobe, wie sie die Luftwaffe immer wieder durchführt. Das gehört zu ihren Standardaufgaben», betont Sprecherin Schröder.
Demnach entschied die Luftwaffe, das chinesische Staatsflugzeug einer Stichprobe zu unterziehen und nachzusehen, ob die in der Überflugbewilligung hinterlegten Angaben stimmten. Zu prüfen, ob der gemeldete Luftfahrzeugtyp und das Kennzeichen mit dem Vehikel übereinstimmten, das über das Land flog. So stiegen die zwei F/A-18-Kampfjets in Payerne auf.
Die Luftwaffen-Sprecherin erklärt das Vorgehen so: «Dabei überprüfen die Kampfflugzeuge der Luftwaffe im Sinne einer Verkehrskontrolle, ob es sich tatsächlich um das Flugzeug handelt, das angemeldet wurde.»
Die Luftwaffe führt die Kontrollen dabei unabhängig davon durch, wer in den Maschinen sitzt. Denn: «Über Passagierlisten verfügt die Luftwaffe dabei nicht, sie wusste also nicht, wer sich im Flugzeug befand», sagt Sprecherin Schröder.
Für die Luftwaffe war die Sache demnach nach dem Einsatz der F/A-18-Kampfjets abgehakt. Die Sprecherin: «Ob diese Überprüfung anschliessend ein Nachspiel hatte, entzieht sich unserer Kenntnis.»
Was für die Luftwaffe ein stinknormaler Akt war, machte die Chinesen stinksauer.
Denn nach Informationen der «Schweiz am Wochenende» ging das Theater jetzt erst richtig los.
Die Chinesen forderten offenbar eine Entschuldigung von hoher Schweizer Seite. Aber Verteidigungsministerin Viola Amherd, Bundespräsidentin 2024, wollte nicht vor Peking auf die Knie. Auch von der aktuellen Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter hätten die Chinesen keine Entschuldigung erhalten.
Die Diplomaten im Aussendepartement von Ignazio Cassis hätten viel Energie und mehrere Anläufe für Beschwichtigungsschreiben aufwenden müssen, um die Chinesen halbwegs zu besänftigen.
Nachtrag. Am Tag nach dem Aufschalten des Artikels meldete sich die Armee mit einer «Richtigstellung». Die in der ursprünglichen Version des Artikels enthaltende Behauptung, dass «der Geschäftsträger ad interim der chinesischen Botschaft mit dem Kommandanten der Luftwaffe telefoniert hätte und von diesem unfreundlich behandelt» worden sei, sei falsch. «Die Gruppe Verteidigung hält fest, dass der Kommandant der Luftwaffe, Divisionär Peter Merz, nie mit der chinesischen Botschaft Kontakt gehabt hat – weder mit dem chinesischen Geschäftsträger ad interim noch mit einem anderen Mitarbeitenden.» (Aargauerzeitung.ch)
Scheinen ja doch noch Leute mit Rückgrat zu haben!
Da wurde mal gute Arbeit gemacht. Auch die Reaktion von Herrn Merz ggü. der Botschaft, super. Das darf auch mal hervorgehoben werden.