Die öffentliche Hand solle mehr Geld in Kitas und Tagesschulen investieren: Dies verlangt der Schweizerische Arbeitgeberverband in einem neuen Positionspapier (wir berichteten). Damit will er den Fachkräftemangel lindern, die Vereinbarkeit von Beruf und Familien sowie die Chancengleichheit von Mann und Frau fördern.
Die Zahl der ausserfamiliären Betreuungsangebote ist in den letzten Jahren zwar gestiegen. Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Sozialversicherungen gibt es mittlerweile 62'500 Plätze in Kinderkrippen und 81'000 Plätze bei Mittagstischen von Schulen, auch dank der Anschubfinanzierung des Bundes.
Eine Elternbefragung offenbart aber: Das bestehende Angebot deckt die Nachfrage nicht. Und rund 20 Prozent der Eltern verzichten auf Krippenplätze, weil sie ihnen schlicht zu teuer sind. Im Vergleich zum umliegenden Ausland zahlen sie zwei- bis dreimal so hohe Tarife, weil die öffentliche Hand hierzulande weniger Steuergeld in die Kitas steckt.
Jetzt ertönt also seitens der Arbeitgeber der Ruf nach mehr Staat bei den Krippen und Tagesschulen. Bloss: Kann die Branche einen Ausbau überhaupt stemmen? Klar ist: Die Qualität der ausserfamiliären Betreuung muss stimmen – damit Eltern ihre Kinder mit gutem Gewissen in die Krippe bringen können.
Doch in jüngster Vergangenheit weckten Medienberichte Zweifel. Das Onlinemagazin Republik und die «NZZ» berichteten von einer Kitamisere. Von einer hohen Personalfluktuation, weil viele Betreuerinnen ausgelaugt seien. Von tiefen Löhnen. Von vielen Praktikantinnen und Praktikanten. Von vom Wickeltisch herunterfallenden Babys. Oder von Kindern, die zu wenig Essen erhalten.
Kann die in den vergangenen Jahren stark gewachsene Branche einen Ausbau überhaupt stemmen? «Mit einer ausreichenden Finanzierung durch die öffentliche Hand ist das möglich», sagt Prisca Mattanza, Sprecherin beim Verband Kinderbetreuung Schweiz (Kibesuisse).
Kibesuisse begrüsst das Engagement des Arbeitgeberverbandes – auch weil dieser explizit betont, der Staat müsse qualitativ gute und finanziell attraktive Angebote sicherstellen und finanzieren. Der Verband kritisiert, die Politik habe in den vergangenen Jahren den Fokus zu stark auf die Quantität gelegt.
Geht es nach Kibesuisse, läuft die frühkindliche Förderung künftig über das Schulbudget. «Die frühkindliche Betreuung muss als Teil der Bildungspolitik anerkannt und dem- entsprechend finanzpolitisch auch so behandelt werden», sagt Mattanza. Kibesuisse unterstützt deshalb einen Vorstoss, mit dem Nationalrat Matthias Aebischer (SP/BE) Chancengerechtigkeit vor dem Kindergartenalter herstellen will.
Angesichts des Fachkräftemangels ist für Kibesuisse die staatliche Stärkung der Fremdbetreuung ohnehin ein politisches Gebot der Stunde. Man investiere damit auch in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und in die Bildungsrendite. In der Tat zeigt die Forschungsliteratur, dass eine bessere soziale Durchmischung im Vorschulalter Kindern aus bildungsfernen Familien besseren Schulabschlüssen und Berufslehren verhilft.
Ernst Fehr, Wirtschaftsprofessor an der Universität Zürich, fasst den Befund wie folgt zusammen: «Viele internationale Untersuchungen legen nahe, dass jeder Franken, den man in die frühkindliche Förderung von bildungsfernen Schichten investiert, einen gesellschaftlichen Nutzen von zwei und mehr Franken erzeugt.»
Und die Schlagzeilen über die Kita-Misere? Wie geht Kibesuisse damit um? «Wir sind überzeugt, dass die in diversen Artikeln beschriebenen Vorwürfe, welche potenziell strafrechtlich relevanten Charakter haben könnten, nicht dem Branchenstandard entsprechen», sagt Mattanza. Es stimme aber, dass die Branche unter grossem finanziellen Druck stehe.
Dieser könne nur durch die öffentliche Hand und unter keinen Umständen durch die Erhöhung der Elternbeiträge gelindert werden. Immerhin. Die Eltern scheinen mit den Kitas glücklich zu sein. Gemäss einer Studie des Bundes erteilen sie der ausserfamiliären Betreuung gute Noten – 5.19 auf einer Skala von 1 bis 6.
Ich meine was ist das für ein Modell? Für eine Lehre als Kleinkindererzieher/in muss man zuerst ein 1jähriges Praktikum absolvieren, dann die Lehre und danach am besten nochmals Praktikum. Alles zu absoluten Dumpinglöhnen.