atomschlaf
Einfach ignorieren!
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft der Schweiz eine zu strikte Anwendung der Dublin-Verordnung vor. So würden Familien getrennt, Kinder aus ihren Schulklassen gerissen und Kranke abgeschoben. Deshalb fordert sie in einem nationalen Appell eine mildere Handhabe.
Der übertriebene Formalismus könne bei den Betroffenen der psychischen und physischen Gesundheit schaden, wird Denise Graf, Asylexpertin von Amnesty Schweiz, in einer Mitteilung vom Sonntag zitiert. Zudem würden damit die Grundrechte sowie die Rechte von Kindern verletzt.
Dabei stehe der Schweiz eine Möglichkeit offen, bei Härtefällen und/oder aus humanitären Gründen selbst über einen Asylantrag zu entscheiden. Das besage der Paragraph 17 der Einleitung zur Dublin-Verordnung III.
An der Generalversammlung in Basel hat Amnesty Schweiz nun einen nationalen Appell gegen die sture Anwendung der Dublin-Verordnung verabschiedet. Zusammen mit den Organisationen Solidarité Tattes, Collectif R, Solidarité sans frontières und Droit de Rester verlangen sie vom Bundesrat, dass die Schweiz vermehrt von dieser Möglichkeit Gebrauch macht.
Konkret sollen Rückschaffungen vermieden werden, wenn Asylsuchende für Kleinkinder oder bereits eingeschulte Kinder verantwortlich sind, Familienangehörige haben, die bereits in der Schweiz leben, im Ausland nicht ausreichend medizinisch betreut werden können oder einen Härtefall darstellen.
Amnesty forderte bereits vergangenen Herbst von der Schweiz mehr Solidarität: Aufgrund der hohen Anzahl an Flüchtlingen und Migrantinnen, die in Italien ankommen, müsse sie selbst mehr Asylverfahren durchführen und ihre Dublin-Überstellungen reduzieren, schrieb Amnesty in einer Mitteilung vom November.
Fast die Hälfte aller Rückführungen nach Italien komme aus der Schweiz: Von den 2436 Personen, die im vergangenen Jahr nach Italien überstellt wurden, stammten demnach 1196 aus der Schweiz, hiess es.
Insgesamt sind in den vergangenen sechs Jahren 19'517 Personen von der Schweiz in ein anderes europäisches Land zurückgeschickt worden, heisst es in der Mitteilung. Damit stehe die Schweiz bei den Dublin-Rückführungen an der Spitze Europas. (sda)