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Sonntag-Verkauf: Migros überlistet die Gewerkschaften mit einem Trick

ARCHIVBILD ZUM UMSATZ DER MIGROS IM GESCHAEFTSJAHR 2021, AM DIENSTAG, 18. JANUAR 2022 - Das Migros Logo beim Ladeneingang, fotografiert am Samstag, 17. Februar 2018, am Flughafen Zuerich. (KEYSTONE/Me ...
Mittlerweile ist der Streit zwischen der Migros und der Unia bis ans Bundesgericht eskaliert.Bild: keystone

Streit um Sonntagsöffnung: Migros überlistet die Gewerkschaften mit einem Trick

Eine Migros-Filiale in Zürich steht seit Jahren im Mittelpunkt eines Rechtsstreits zwischen der Migros und der grössten Gewerkschaft. Kürzlich konnte die Unia einen Sieg feiern. Doch die Freude währte nur kurz.
12.09.2025, 06:1312.09.2025, 06:13
Stefan Ehrbar / ch media

An der Migros-Daily-Filiale an der Zürcher Zollstrasse verdienen Anwälte wohl mehr als das Verkaufspersonal hinter den Kassen. Weil die Migros den nicht einmal 200 Quadratmeter grossen Laden sonntags öffnen will, wurde er zum Gegenstand eines epischen Rechtsstreits. Um die einzelne Filiale geht es längst nicht mehr. Vielmehr wollen die Zürcher Migros-Regionalgenossenschaft und ihre Gegenspielerin, die Gewerkschaft Unia, einen Grundsatzentscheid in Sachen Sonntagsverkauf erzwingen.

Mittlerweile ist der Streit bis ans Bundesgericht eskaliert. Es hat im Juni der Migros verboten, bis zu einem Urteil an Sonntagen Personal im Laden zu beschäftigen. In der Sache hat es noch nicht entschieden. Die Freude der Unia darüber wähnte nur kurz: Seit einigen Tagen ist der Laden sonntags wieder geöffnet – als autonom benutzbare Filiale ohne Personal. Wer eintreten will, muss eine Debit- oder Kreditkarte oder einen QR-Code aus der Migros-App scannen. Bezahlt werden kann an Self-Checkout-Kassen.

Der Rechtsstreit füllt mittlerweile dutzende Aktenordner. Am Beginn stand ein Entscheid des Stadtzürcher Arbeitsinspektorats. Dieses hatte der Migros 2017 bestätigt, dass im noch zu bauenden Laden sonntags Personal beschäftigt werden dürfe. Die Filiale steht von einer Strasse getrennt einige Meter neben dem Hauptbahnhof. Sie wurde vom Amt dennoch als Teil dessen Areals eingestuft. In grösseren Bahnhöfen ist die Beschäftigung von Personal an Sonntagen erlaubt.

Unia gegen Amt und Migros

Im Mai 2019 eröffnete die Genossenschaft Migros Zürich den Laden. Schnell wurde der Sonntag zum umsatzstärksten Tag. Doch dann kamen zwei Dinge zusammen: Das Onlineportal «20 Minuten» erkundigte sich nach der Rechtmässigkeit des Sonntagsverkaufs – und das städtische Arbeitsinspektorat war mit jenem des Kantons Zürich fusioniert worden.

Dieses kam zu einem anderen Schluss. Die Filiale gehöre nicht zum Bahnhofsareal, entschied das kantonale Amt. Im Oktober 2019 war deshalb wieder Schluss mit Sonntagsverkauf. Ironischerweise hatten die Bürgerlichen auf die Fusion der kantonalen und städtischen Ämter gedrängt. Dass das Amt des Kantons strenger entscheiden würde als jenes der links-grünen Stadt, damit hatten sie kaum gerechnet.

Die Juristen der Migros fanden einen Trick: Wenn im Laden sonntags nur Sicherheits-, aber kein Verkaufspersonal beschäftigt würde, könne dieser auch dann geöffnet sein, befanden sie. Das Konzept funktionierte für einige Zeit – bis die Gewerkschaft Unia die Filiale in ihrem Kampf gegen Sonntagsverkäufe als Exempel auserkor. Sie opponierte zuerst beim Kanton, welcher der Migros recht gab, und danach beim Zürcher Verwaltungsgericht, wo sie im Jahr 2022 gewann. Fürs Erste war wieder Schluss mit Sonntagsöffnung.

Zwischensieg für Gewerkschaft

Die Rechtsabteilung der Migros wurde abermals kreativ und fand eine neue Lösung. In der Zwischenzeit hatte die Stadt Zürich die Strasse zwischen Filiale und Bahnhof saniert und eine Begegnungszone eingerichtet. Damit, so die Juristen der Migros Zürich, sei sie definitiv mit dem Bahnhofsareal verbunden. Damit sei der Sonntagsverkauf wieder erlaubt. Der Kanton stützte diese Interpretation. Die Filiale war wieder sonntags geöffnet.

Gegen diese Einschätzung rekurrierte die Unia erneut. Im März dieses Jahres erzielte sie einen Erfolg vor dem Zürcher Verwaltungsgericht. Dieses befand, der Laden bilde «keine funktionale Einheit mit dem Bahnhof» und dürfe sonntags kein Personal beschäftigen.

Nun pochte die Migros aber auf einen Grundsatzentscheid und rekurrierte gegen diesen Entscheid vor dem Bundesgericht. In der Sache hat dieses noch nicht entschieden, aber vorsorglich die Beschäftigung von Personal untersagt.

«Sehr hohe Akzeptanz» des neuen Konzepts

Mit dem Entscheid, sonntags auf einen Betrieb ohne jegliches Personal zu setzen, kann die Migros Zürich den Laden trotzdem sonntags öffnen. Das Arbeitsrecht des Bundes verbietet – mit Ausnahmen wie etwa jene für Bahnhöfe – nur die Beschäftigung von Personal im Detailhandel am Sonntag, nicht die Öffnung von Läden an und für sich. Ladenöffnungszeiten sind Sache der Kantone, und das Gesetz des Kantons Zürich kennt für autonom benutzbare Läden unter einer gewissen Grösse keine Einschränkungen.

Deshalb dürfte die Migros einem Bundesgerichtsentscheid gelassen entgegenblicken. Dieses wird nur über die Rechtmässigkeit der Beschäftigung von Personal sonntags entscheiden.

Migros-Zürich-Sprecherin Annabel Ott sagt, das Konzept des sonntags selbständig benutzbaren Ladens werde seit Oktober 2024 bereits in der Filiale am Zürcher Toblerplatz angewendet. Dort stosse es auf «sehr hohe Akzeptanz». Auch an der Zollstrasse scheine es akzeptiert zu werden. Die Umsätze zeigten in die richtige Richtung und «bestätigen, dass der Sonntagseinkauf ein Kundenbedürfnis ist». Eine flächendeckende Verbreitung der Betriebsform sei aber nicht angedacht.

Unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits betreibt die Migros im nahegelegenen Hauptbahnhof Zürich fünf Läden der Formate Migros-Supermarkt, Migrolino und Alnatura, die jeden Sonntag geöffnet sind. Hungern müssen Migros-Kinder also sowieso nicht. (aargauerzeitung.ch)

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219 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Weisch na?
12.09.2025 07:22registriert November 2022
Ich versuche immer noch zu verstehen, für wen die UNIA genau kämpft. Selbstverständlich bin auch ich dagegen, dass jemand zu Sonntagsarbeit gezwungen wird. In der Realität sieht es aber genau anders aus. Es gibt viele Menschen, für die Sonntagsarbeit (und bspw. Abend-/Nachtarbeit) die beste Möglichkeit zum Geldverdienen ist.
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Philguitar
12.09.2025 06:57registriert Dezember 2018
Also ich kann ja beide Seiten verstehen. Also UNIA möchte keinen Sonntagsverkauf ausserhalb von Bahnhöfen und hat Angst, dass so immer mehr das Gesetzt aufgeweicht wird. Natürlich im Interesse der UNIA Mitglieder. Jetzt hat Sie es geschafft aber die Migros macht Läden ohne Personal. Also jemand der selbst im Detailhandel gearbeitet hat, war der Sonntagsverkauf jeweils gut verdientes Geld. Dafür noch unter der Woche ein Freitag. Aber natürlich lässt sich das Perrycenter nicht mit dem HB vergleichen. Aber als UNIA würde ich mich fragen Quo Vadis?
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Schnuri
12.09.2025 07:09registriert Juli 2025
Well done liebe Unia. Jetzt habt ihr die Migros gezwungen, autonome Filialen aufzubauen, obwohl es keine Grund dafür geben würde. Es herrschen ja klare Bedingungen, welche im Arbeitsvertrag festgehalten sind. Wer das nicht möchte kann vei der Konkurrenz (oder in einer anderen Migros-Filiale) anheuern. Niemand wird dazu gezwungen!
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