Verspätungen. Überfüllte Züge. Rückstände beim Unterhalt. Lokführermangel. Wirren um eine Milliarden-Beschaffung. Und dann noch der tragische Unfall eines Zugbegleiters, der zur Frage führt, ob die Bundesbahnen zu wenig in die Sicherheit investiert haben.
Die SBB schlagen sich derzeit mit vielen Problemen herum. Obwohl der Service-public-Betrieb immer mehr Passagiere befördert und zuletzt Rekordergebnisse vermelden konnte, steckt er in einer Vertrauenskrise. Diese macht sich insbesondere bei den 33'000 Angestellten bemerkbar. Viele von ihnen sind unzufrieden, oder besser formuliert: noch unzufriedener.
«Die Stimmung ist nicht gut, und das seit Jahren», erklärte Giorgio Tuti, Präsident der Eisenbahnergewerkschaft SEV, jüngst in dieser Zeitung. Er kritisierte die fehlende Dialogbereitschaft. Viele hätten das Gefühl, sie seien bloss Nummern auf einer Excel-Tabelle. Die Bähnler sahen sich zuletzt mit einem Geflecht aus Umstrukturierungen und Sparprogrammen konfrontiert.
In den internen Personalumfragen stellten die Angestellten ihren Chefs in den vergangenen Jahren kein gutes Zeugnis aus. Im November 2018 betrug die Zufriedenheit mit der Konzernführung noch 47 von 100 Punkten. Und die Personalmotivation sank im Vergleich zum Vorjahr um 2.7 Prozent. Derzeit läuft die neuste Umfrage, die Resultate sollen im Winter vorliegen.
Nachdem SBB-CEO Andreas Meyer seinen Abgang für nächstes Jahr angekündigt hatte, forderte Gewerkschaftsboss Tuti die Konzernspitze auf, «die Signale ernst zu nehmen und auf das Personal zu hören, das den Bahnbetrieb letztlich ausmacht». Wurden die Warnrufe erhört?
Tatsächlich sind aus der Konzernleitung aktuell ungewöhnlich selbstkritische Töne zu vernehmen. In einem internen Interview, das sich an die ganze Belegschaft richtet, räumt SBB-Personalchef Markus Jordi sogar Versäumnisse ein:
Der tragische Unfall eines Zugbegleiters habe «das Fass für viele Kolleginnen und Kollegen zum Überlaufen gebracht». Es fehlt an Personal, Infrastruktur und Zügen. Jordi spricht von Ressourcenproblemen, von einer anspruchsvollen Betriebslage. «Ich kann die Frustration als Resultat dieser Häufung nachvollziehen.» Selbst der oberste Personaler beobachtet bei den Bundesbahnen eine Kluft: «Die Distanz zwischen den Mitarbeitenden und der SBB-Leitung ist spürbar und wurde in der letzten Zeit eher grösser.»
Jordi analysiert die Spannungen bereitwillig. «In den letzten Jahren haben wir sehr schnell sehr viel verändert», weiss er. «Verständlich, dass man kaum noch nachvollziehen kann, weshalb und in welchem Tempo wir Dinge ändern und anpacken.» Zwar seien diese Veränderungen notwendig und das Tempo teilweise von aussen getrieben. Doch die Einführung von Grossprojekten müsse auf Anhieb besser gelingen.
Konzernspitze will mehr auf die Angestellten hörenWie aber will die Konzernspitze das Vertrauen der Angestellten zurückgewinnen? «Wir müssen die Organisation verschnaufen lassen», sagt Jordi. Als Konsequenz der jüngsten Ereignisse verspricht er der Belegschaft einen Kulturwandel.
Ihm persönlich sei es wichtig, «dass wir besser auf unsere Mitarbeitenden hören, uns auch kritischen Stimmen stellen und einen guten Austausch pflegen». Zudem will Jordi auf Schönrederei verzichten:
Den Gewerkschaften windet Jordi ein Kränzchen. Vielleicht müsse man sich mehr an den Sozialpartnern orientieren, sagt er. «Sie sind in ihrer Sprache näher bei den Mitarbeitenden.»
Jordi zählt zu den erfahrensten SBB-Spitzenkräften. In der Konzernleitung ist er das einzige Mitglied, das so lange wie Chef Meyer dabei ist. Der 58-jährige Solothurner Jurist und Personalfachmann gehört der Führungsriege seit 2007 an. Bei den Gewerkschaften geniesst er mehr Wohlwollen als andere Bahnmanager, trotz harter Verhandlungen um den neuen Gesamtarbeitsvertrag und seiner Nähe zu Meyer. Jordi wird als möglicher Anwärter auf den CEO-Posten gehandelt, manche sehen ihn auch als Interimschef.
Gegenüber der Redaktion von CH Media konkretisieren die SBB, wie der angekündigte Kulturwandel eingeleitet werden soll. Laut einem Sprecher müssten die Veränderungen auf verschiedenen Ebenen passieren. Er nennt ein Bündel an Massnahmen: So will die Konzernleitung ihre Entscheide über die internen Kanäle besser und verständlicher erklären. Ihre Mitglieder sollen ausschwirren und sich auch den Angestellten ausserhalb der Zentrale erklären. Ebenso würden sie in «Live-Chats» Rede und Antwort stehen. «Generell soll der persönliche Kontakt ausgebaut werden», betont der SBB-Sprecher.
In der Pflicht sieht die Konzernleitung alle Führungskräfte. Grosse Entscheide werden bei der Bahn meist kaskadiert kommuniziert: zuerst den Kadern, dann dem Personal. Die Führungskräfte sollen mit Präsentationen, Handouts und Factsheets unterstützt werden, um auch heikle Entscheide ihren Mitarbeitern zu erklären.
Ein weiterer Punkt ist das Meldewesen. Wird Hinweisen von Angestellten zu Defekten oder Problemen sorgfältig genug nachgegangen? Nach dem tödlichen Unfall des Zugbegleiters kamen Zweifel auf. «Wir haben Feedbacks erhalten von Mitarbeitenden, dass ihre Rückmeldungen zu wenig ernst genommen werden», bestätigt der Sprecher. Ein externer Gutachter nimmt derzeit das Meldewesen unter die Lupe. Die SBB beteuern: «Es ist uns ein Anliegen, dies aufzuarbeiten.» (aargauerzeitung.ch)
Das Problem liegt an unserem Verständnis von Führung und Organisation. Dieses basiert auf dem im Jahre 1911 veröffentlichten wissenschaftlichen Management nach Frederic Taylor.
Das Unternehmen wird als Maschine betrachtet, der Mensch als Ressource (Zahnrad). Optimiert werden einzelne Teile. Ziel ist hohe Effizienz. Zahlen sind wichtiger als Gefühle. Der Mensch trägt eine „professionelle“ Maske. Bullshitjobs sind weit verbreitet. Einen Sinn sucht man des Öfteren vergebens...
Fangt zuerst an das Human Ressources wieder in Personalabteilung usw. umzunennen und das zu Leben,Mitarbeiter sind keine Ware
Aus den Angestellten wird immer mehr herausgepresst.
Sie müssen schneller UND sorgfältiger arbeiten, "flexibler" sein, das heisst rund um die Uhr und kurzfristig einsetzbar, oder "freigestellt". Lohnerhöhungen kommen natürlich aus Gründen des "hart umkämpften Weltmarkts" nicht in Frage, wohingegen man die CEO's, Manager und Aktionäre wegen ebendiesem "hart umkämpften Weltmarkt" mit astronomischen Gehältern, Boni, Abgangsentschädigungen und Dividenden hätscheln und mästen muss.
Es ist wie beim Zaubern: Mit Fingerfertigkeit, Ablenkung und doppeltem Boden. Guguus? Dadaa!