Schweiz
SRF-Arena

So war die SRF-«Arena» vom Freitag

Fast alle Parteipräsidenten waren vertreten: Für FDP-Präsidentin Petra Gössi, die kurzfristig erkrankte, sprang FDP-Fraktionspräsident Beat Walti (zweiter von links) ein. Für SP-Präsident Christian Le ...
Fast alle Parteipräsidenten waren vertreten: Für FDP-Präsidentin Petra Gössi, die kurzfristig erkrankte, sprang FDP-Fraktionspräsident Beat Walti (zweiter von links) ein. Für SP-Präsident Christian Levrat stand Vizepräsident Beat Jans (erster von rechts) am «Arena»-Rednerpult.bild: srf arena

SRF-«Arena»: SVP-Rösti schiesst ein Eigengoal und nur einer findet den roten Faden wieder

«Politik am Volk vorbei?» hiess der Titel der jüngsten Arena. Geladen waren die Parteipräsidenten von links bis rechts. Im Strudel der Themen – vom AHV-Steuer-Deal bis zum institutionellen Rahmenabkommen – behielt nur einer den Überblick. 
22.09.2018, 00:5822.09.2018, 22:15
Helene Obrist
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Erschöpft vor lauter Debattieren waren die Parteipräsidenten noch lange nicht. Auch wenn sich die Müdigkeit von zwei anstrengenden Wochen Session in einige Gesichter gefressen hatte, wurde in der Präsidenten-«Arena» noch munter weiter diskutiert. Sprengstoff genug lieferten die Themen: Der AHV-Steuer-Deal und die Verhandlungen mit der EU über das institutionelle Rahmenabkommen.

Besonders laut im Ring war SVP-Präsident Albert Rösti. Als vehementer Gegner des AHV-Steuer-Deals wetterte er zuweilen so wild, dass Moderator Mario Grossniklaus Mühe hatte, den Nationalrat in Schach zu halten. Es schien, als geniesse es Rösti, endlich all den angestauten politischen Frust rauszulassen. «Das ist einfach keine anständige und akzeptable Vorlage. Anstatt dass die AHV saniert wird, müssen die Jungen bluten und zahlen.» Heimlich im Hinterzimmer sei an diesem Kuhhandel getüftelt worden. Weder er noch seine Partei hätten eigene Ideen einbringen können. «Ein Kompromiss ist das nicht», stellt Rösti brüskiert fest.

Video: streamable

Zwei Pulte weiter rechts schüttelt Gerhard Pfister, Parteipräsident der CVP, den Kopf. «Wir müssen in diesem Land endlich zur Konkordanz kommen. Verantwortlich für den Scherbenhaufen ist die SVP», weiss Pfister. Er meint damit deren Verhalten. Lange eierte die Partei herum. Es war nicht klar, ob sie dem AHV-Steuer-Deal zustimmen würde oder nicht. Bis dann, Anfang September, die Kehrtwende kam und sich die Partei gegen den Deal stellte. Sie fordert eine «schlanke» Steuerreform ohne Kompensation bei der AHV.

Doch die SVP ist nicht die einzige Partei, die dem Kuhhandel wenig abgewinnen kann. Gar nicht zufrieden mit dem Steuerteil der Vorlage ist Regula Rytz, Parteipräsidentin der Grünen. «Eine Unternehmenssteuersenkung wäre für Kantone und Gemeinden ein riesiges Problem und hätte einen enormen Spardruck zur Folge.» Dem AHV-Teil hingegen stimmt Rytz bedingungslos zu. Man müsse das Paket aufteilen, findet Rytz.

Genau umgekehrt sieht es GLP-Präsident Jürg Grossen. Der Steuerdeal der Vorlage sei tiptop. «Der AHV-Teil dagegen, der ist dermassen schlecht und so extrem schädlich, dass wir der Gesamtvorlage einfach nicht zustimmen können», so Grossen. Auf die Frage von Moderator Grossniklaus, ob die GLP daher gedenke, dass Referendum gleich selbst zu ergreifen, zögert Grossen. «Wir werden das an unserer Delegiertenversammlung festlegen, aber unsere Jungpartei ist fest entschlossen.»

Video: streamable

Kritik am Verhalten seiner Kollegen äussert Martin Landolt, Parteipräsident der BDP. Zwar stehe auch er dem Kuhhandel skeptisch gegenüber. «Wir werfen aber nicht einfach alles über den Haufen und lassen die Vorlage fallen, wenn uns ein kleiner Teil davon nicht passt.»

Irgendwann, als beinahe alle im Hickhack von Steuerprivilegien, OECD-Richtlinien und Pensionskassen untergehen, und auch Grossniklaus schon trocken meint: «Wir sind hier nicht in der Kommission, wir machen Fernsehen», schaltet sich Beat Jans, Vizepräsident der SP ein. Er ist es, der den roten Faden wiederfindet und das Kind beim Namen nennt. So, dass auch das Volk versteht, was Sache ist. Trägt doch die «Arena» den Titel «Politik am Volk vorbei?».

«Bei diesen Diskussionen kommen wir doch einfach nicht weiter. Die Leute wollen jetzt eine Lösung von der Politik», stellt Jans fest. Mit dem AHV-Steuer-Paket hätte man eine solche Lösung. «Mit diesem Paket erhalten wir sieben Jahre mehr Zeit, um den restlichen Teil der AHV zu sanieren.» Jans weiss, der Deal ist nicht perfekt. «Aber Alternativvorschläge fehlen weit und breit.»

Video: streamable

Thematisch weniger kompliziert wird es im zweiten Teil der «Arena» nicht. Dafür beinahe philosophisch. So meint SVP-Parteipräsident Rösti im Rahmen der Diskussion über das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU poetisch: «Wenn man die zentralen Werte im Leben vergisst, dann verliert man den Boden unter den Füssen.» Er appelliert damit an den Bundesrat, der in seinen Augen alles tun muss, um die zentralen Werte der Schweiz, allen voran die Souveränität gegenüber der EU, zu verteidigen. «Die EU will, dass wir EU-Recht automatisch übernehmen, das kommt einem schleichenden EU-Beitritt gleich.»

Wir erklären dir das institutionelle Rahmenabkommen

Video: Lea Senn, Angelina Graf

Überraschenderweise widersprechen sich die Gäste im zweiten Themenblock erstaunlich wenig. Eine Lockerung von Lohn- und Arbeitsschutz oder gar eine Aufweichung der flankierenden Massnahmen seien «off the table», sagt CVP-Präsident Pfister bestimmt. Und von der EU erpressen lassen werde man sich schon gar nicht, fügt Regula Rytz hinzu. Einzig Rösti ist weiter auf Konfrontationskurs und beklagt sich gar darüber, dass er ständig unterbrochen werde. Darauf erntet er Gelächter und einen spöttischen Spruch vom Moderator, der zähneknirschend meint: «Da haben sie jetzt aber ein Eigengoal geschossen.»

Video: streamable

Diskutiert wurde wie wild in der Präsidentenarena. Aber wohl ein erneutes Mal am Volk vorbei. Denn die Blicke der Arena-Zuschauer wurden mit jeder verstreichenden Minute etwas glasiger. Ob es an der Komplexität der diskutierten Vorlagen, am meist fehlenden roten Faden in der Sendung oder einfach an den ziemlich warmen Studiotemperaturen lag, sei einmal dahingestellt.

Polit-Plakate mit herabsetzender Tiermetaphorik

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Polit-Plakate mit herabsetzender Tiermetaphorik
Eines der umstrittenen Plakate an der Via Besso in Lugano, aufgenommen 2010. Eine Werbekampagne mit drei Ratten, die über Schweizer Käse herfallen, sorgte im Tessin damals für Gesprächsstoff. Die drei Nagetiere symbolisieren italienische Grenzgänger, ausländische Kriminelle und den italienischen Fiskus.
quelle: keystone / karl mathis
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72 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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dorfne
22.09.2018 08:30registriert Februar 2017
SVP-Rösti zum AHV-Teil: Die Jungen werden zahlen.
Falsch. Alle bis 64/65 zahlen mehr Lohnprozente; alle zahlen die höhere MwSt auf sämtliche Einkäufe, alle zahlen via Steuern die höheren Bundesbeiträge.
Die SVP will der AHV also nicht mehr Geld geben. Auf die Frage nach Alternativen fällt Rösti nur "Rentenalter 65 für die Frauen" ein. Das ist a)sowieso mehrheitsfähig und b)wird es nicht reichen um künftige Löcher zu stopfen. Letztendlich läuft es dann auf 67/67 und eine Kürzung bestehender Renten hinaus. Nur getraut sich die SVP nicht das laut zu sagen.
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FrancoL
22.09.2018 10:03registriert November 2015
Politik am Volk vorbei?
Ich mag das kaum mehr hören.

Gerade in der Schweiz kann man dies, wenn man denn will, bestens korrigieren. Ob in der Gemeinde, im Kanton oder auf nationaler Ebene haben wir ein dichtes Netz an Wahlen. Nur nimmt der kleinere Teil der Bürger an den Wahlen Teil, dann sollte sich schon mal 50% der Bürger nicht zur Politik äussern.
Gewählt werden auch nur diejenigen die Stimmen erhalten und dies hat der BürgerIn in der Hand. Auch können wir nicht sagen, dass wir nicht wissen wer wem verpflichtet ist. Also viele Gründe uns zu beklagen haben wir ehrlich gesagt nicht.
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Alice36
22.09.2018 09:55registriert Juni 2017
Der AHV Teil mag wohl sinnvoll und akzeptabel sein aber es geht darum das die Politik dazu tendiert sachfremde Themen zu verknüpfen und ansonsten chancenlose Vorlagen durchzuboxen. Das darf nicht sein. Die Politik eine vernünftige und klare AHV Vorlage bringen, auch wenn sie Mehrkosten bringt, die vom Volk verstanden und dann wohl auch akzeptiert wird. Was die USR betrifft haben sie wohl ein grösseres Problem mit der Akzeptanz da der Durchschnittsbürger weitere Entlastungen der Hochfinanz und Belastungen seinerseits wohl nicht mehr versteht.
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