Schweiz
Umwelt

Mit diesen Extremwetter-Szenarien rechnen Schweizer Atomkraftwerke

Schweizer AKW Beznau 1 an der Aare.
Das AKW Beznau darf aus Gewässerschutzgründen nicht mit voller Leistung betrieben werden, wenn die Aare wärmer als 25 Grad Celsius wird.Bild: Axpo

Schweizer AKWs müssen sich gegen Gluthitze, riesige Hagelkörner und mehr wappnen

Die Atomkraftwerksbetreiber sind verpflichtet, sich auf potenziell verheerende Naturkatastrophen und Extremwetter-Szenarien vorzubereiten. Nun gelten neue «Gefährdungsannahmen».
14.07.2022, 19:3015.07.2022, 06:56
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Für die Schweizer AKWs gelten neue Gefährdungsannahmen für verschiedene Extremwetter-Ereignisse. Die neu festgelegten Annahmen haben sich insbesondere bezüglich grosser Hitze und schwerer Stürme (Tornados) erhöht, wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtet.

Warum brauchts das?

Atomkraftwerke (AKW), vom Bund Kernkraftwerke (KKW) genannt, müssen vor extremen Wetterbedingungen, also gegen extreme Winde, Tornados, hohe und tiefe Luft- und Flusstemperaturen, Starkregen, Schneelast und Hagel geschützt sein. Die zugrundeliegenden Gefährdungsannahmen sind regelmässig zu überarbeiten, informiert das Eidgenössische Sicherheitsinspektorat Ensi auf seiner Website.

Das Ensi nahm die nun kommunizierten Änderungen aufgrund von Analysen der AKW-Betreiber vor, wie es am Donnerstag mitteilte. 2015 hatte die Nuklearsicherheitsbehörde von den Betreibern eine Überarbeitung ihrer Extremwetter-Gefährdungsanalysen gefordert. Diese Überprüfung sei nun abgeschlossen.

Neu festgelegt wurden auf der Basis dieser und weiterer Analysen die Gefährdungsannahmen für Ereignisse der Störfallkategorie drei, was einem (statistisch) alle 10'000 Jahre vorkommenden Ereignis entspricht.

Wogegen müssen die AKWs geschützt sein?

Ausser um rekordhohe und sehr tiefe Lufttemperaturen und Tornados geht es um extremen Wind, hohe und tiefe Wassertemperaturen, Starkregen, Schneelast und Hagel.

Wie aus einer am Donnerstag publizierten Tabelle hervorgeht, müssen die Schweizer AKWs beispielsweise grosser Hitze von über 42 Grad und tiefen Temperaturen von minus 30 Grad standhalten. Auch Hagelkörner mit einem Durchmesser von 15 Zentimetern dürfen ihnen nichts anhaben.

Bild
screenshot: ensi.ch

Seitdem die Kraftwerkbetreiber ihre Gefährdungsanalysen einreichten, ergaben sich nach Angaben des Ensi neue Grundlagen wegen des Klimawandels. Auch diese Erkenntnisse hat es laut eigenen Angaben berücksichtigt.

Bei Starkregen stützte sich die Nuklearsicherheitsbehörde auf eine Hochwasserstudie namens EXAR, die das Bundesamt für Umwelt (Bafu) im Februar 2021 vorlegte.

Was müssen die AKW-Betreiber tun?

Die Kraftwerkbetreiber müssen ihre Extremwetter-Gefährdungsannahmen regelmässig überarbeiten. Mit Blick auf die nächste Überarbeitung fordert das Ensi von ihnen unter anderem die Prüfung, ob neuere Ergebnisse zum Klimawandel für die Schweiz vorliegen.

«Sofort einwirkende (instantane) Gefährdungen wie Wind, Tornado, Starkregen und Hagel müssen mit den in den KKW festinstallierten Systemen, Strukturen und Komponenten beherrscht werden, da zeitlich nur eingeschränkt weitere Massnahmen zu deren Beherrschung vorbereitet werden können.»
quelle: ensi.ch

Die BKW, Betreiberin des Atomkraftwerks Mühleberg BE, welches derzeit stillgelegt wird, muss die Gefährdungsanalyse nicht aktualisieren.

Zusätzlich zu den Gefährdungsanalysen müssen die AKW Beznau AG, Gösgen SO und Leibstadt AG ihre Sicherheitsnachweise überarbeiten. Letztmals hatten die AKW-Betreiber ihre Sicherheit gegen die 2015 festgelegten Gefährdungsannahmen nachgewiesen, wie das Ensi schreibt.

Quellen

(dsc/sda)

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quelle: keystone / ennio leanza
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Video: srf
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