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Showdown um Zukunft des Baustoff-Giganten: 5 Fakten, die du zum Sika-Streit kennen musst

Showdown um Zukunft des Baustoff-Giganten: 5 Fakten, die du zum Sika-Streit kennen musst

Um diese Firma wird heftig gestritten: Sika.Bild: KEYSTONE
14.04.2015, 12:3414.04.2015, 16:53
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Heute kommt es an der Generalversammlung des Schweizer Traditionsunternehmens Sika zum Showdown zwischen den Erben des Firmengründers Romuald Burkard und dem Verwaltungsrat. Dieser wehrt sich mit Händen und Füssen gegen einen Verkauf an den französischen Konzern Saint-Gobain. 

Volle Ränge bei der Sika-Generalversammlung 
Grossaufmarsch an der Generalversammlung von Sika in Baar ZG: Zahlreiche Kleinaktionäre sind gekommen, um dabei zu sein, wenn sich die Kontrahenten des Machtkampfes gegenüber stehen. Entscheiden dürfte sich der Streit um Sika indes an diesem Dienstag aber nicht.



Die Züge nach Baar waren gut besetzt. Vom Bahnhof aus fuhren eigens Shuttle-Busse in die Waldmannhalle, wo die Generalversammlung ausnahmsweise stattfindet. In der Mehrzweckhalle finden üblicherweise Sportveranstaltungen statt.

Der Streit über die Sika-Übernahme wurde in den letzten Wochen intensiv diskutiert. Wir fassen die wichtigsten Fakten zusammen:

1. Wer oder was ist Sika?

Die Familie Burkard. Wichtige Akteure: Sohn Urs Burkard (hinten links), sowie Romuald Burkard (vorne rechts) und seine Frau Franziska Burkard (vorne links).
Die Familie Burkard. Wichtige Akteure: Sohn Urs Burkard (hinten links), sowie Romuald Burkard (vorne rechts) und seine Frau Franziska Burkard (vorne links).bild: zvg

Die Sika ist ein schweizerisches Traditionsunternehmen aus dem zugerischen Baar. Sie produziert Stoffe für die Bauwirtschaft. 1971 wurde der krisengerüttelte Kleinbetrieb von Romuald Burkard übernommen, der die Firma zu einem Weltkonzern machte. Heute ist der Baustoffkonzern in über 80 Ländern tätig und macht mit seinen rund 16'000 Mitarbeitern mehr als 5 Milliarden Franken Umsatz.

«Ich schaue die Sika nicht als Fabrik an, die etwas herstellt, sondern als Gemeinschaft von Menschen.»
Franziska Burkardquelle: SRF eco

Romuald Burkard und seine Frau Franziska galten als Träger der familiären Tradition der Firma. So sagte Franziska Burkard 2010 in einem Fernsehinterview: «Ich schaue die Sika nicht als Fabrik an, die etwas herstellt, sondern als Gemeinschaft von Menschen.» Romuald und Franziska Burkard, als Vertreter der ersten Generation der Familie Burkard, starben 2004 bzw. 2013.

2. Wieso gibt es Streit?

«Sika verkaufen? Nicht mit uns.» Verwaltungsratspräsident Paul Hälg und Sika-CEO Jan Jenisch.
«Sika verkaufen? Nicht mit uns.» Verwaltungsratspräsident Paul Hälg und Sika-CEO Jan Jenisch.Bild: KEYSTONE

Der Tod von Franziska Burkard brachte einiges in Bewegung. Anscheinend soll es unter den Geschwistern Meinungsverschiedenheiten über die Zukunft der Sika geben. Der Paukenschlag folgte im Dezember 2014: Die Geschäftsleitung, zu der CEO Jan Jenisch und Verwaltungsratspräsident Paul Hälg gehören, erfuhr erstmals, dass die Familienaktionäre die Firma an den französischen Konzern Saint-Gobain verkaufen wollen. 

Dieser Entscheid überraschte alle. Sohn Urs Burkard sagte wenige Wochen vorher im Wirtschaftsmagazin «Bilanz»: «Das Commitment der Familie zum Unternehmen bleibt ungebrochen.» CEO Jenisch und VR-Präsident Hälg wehren sich gegen den Verkauf. Ihre Sorge ist, dass der französische Konkurrent Saint-Gobain die erfolgreiche Sika «an die Kette legt und ausblutet».

3. Wo liegt das Problem?

Zentrale Frage an der heutigen GV wird sein: Wie viel Stimmrecht kann die Familie Burkard ausüben? (Symbolbild)
Zentrale Frage an der heutigen GV wird sein: Wie viel Stimmrecht kann die Familie Burkard ausüben? (Symbolbild)Bild: KEYSTONE

Die Familie Burkard hat das Sagen. Obwohl sie nur 18 Prozent des Kapitals an der Sika besitzt, verfügt sie über eine Mehrheit aller Aktionärsstimmen. Diese Übermacht ist der Grund des aktuellen Streits: Die Familie kann trotz tiefem Anteil am Kapital die Firma verkaufen und dafür horrende Preise verlangen. 

Das dürfte auch Aktionäre stören, denen es egal ist, in wessen Händen die Sika ist: Die gültige «Opting-Out-Klausel» sieht vor, dass Saint-Gobain kein öffentliches Kaufangebot unterbreiten muss. Für viele Aktionäre eine krasse Ungleichbehandlung, weil sie nicht von den hohen Kaufpreisen profitieren können.

Der Hintergrund für die Übermacht ist die sogenannte Vinkulierung. Sie ist ein wichtiger Teil des Obligationenrechts und ermöglicht einen Schutz vor feindlichen Übernahmen, in dem nicht jeder frei handelbaren Aktie auch ein Stimmrecht gegeben wird. Die Statuten sehen vor, dass der Verwaltungsrat das Stimmrecht eines jeden Aktionärs auf fünf Prozent beschränken kann.

4. Was passiert heute?

Ein Antrag von Bill Gates Beteiligungsgesellschaft Cascade will das Hickhack um die Übernahme in einer Sonderprüfung durchleuchten.
Ein Antrag von Bill Gates Beteiligungsgesellschaft Cascade will das Hickhack um die Übernahme in einer Sonderprüfung durchleuchten.Bild: AP

Dies wird an der heutigen Generalversammlung eine der wichtigsten Fragen sein. Man geht davon aus, dass der Verwaltungsrat heute das Stimmrecht der Familie Burkard auf fünf Prozent für jene Traktanden beschränken will, welche die mögliche Übernahme der Firma betreffen. Viel zu reden werden folgende Punkte geben:

  • Einschränkung des Stimmrechts: Wie wird der Verwaltungsrat entscheiden? Wird er das Stimmrecht der Familie Burkard einschränken? Wenn ja, geht man davon aus, dass die Diskussion über die Übernahme einen juristischen Streit mit sich ziehen wird.
  • Wahl des Verwaltungsrates: Hier wird entschieden, wie sich der Verwaltungsrat zusammenstellt. Werden Hälg und Jenisch weiterhin das Sagen haben und die Sika weiterhin in Schweizer Händen bleiben – oder schafft es die Familie Burkard ihre eigenen Leute in die Unternehmensspitze zu wählen?
  • Erteilung der Décharge: Generalversammlungen sind vor allem da, um den Verwaltungsrat zu entlasten. Da dieses Traktandum nicht direkt die Übernahme von Saint-Gobain betrifft, wird die Familie Burkard volle Stimmkraft (über 50 Prozent) bei diesem Traktandum ausüben können. Ein Nein zur Entlastung bedeutet, dass die Aktionäre gegen die Verwaltungsräte klagen können.
  • Antrag auf Sonderprüfung: Die Beteiligungsgesellschaft von Bill Gates, Cascade, wird an der GV von heute Nachmittag eine Sonderprüfung der umstrittenen Übernahme verlangen. 

5. Warum wurde die Sika-Aktie vom Handel ausgesetzt?

Wenige Stunden vor der Generalversammlung, die um 14 Uhr in Baar ZG beginnt, wurde die Sika-Aktie vom Handel ausgesetzt. Die Schweizer Börsenbetreiberin SIX Swiss Exchange verfügte dies auf Anfrage des Unternehmens. Eine solche Aussetzung wird in der Regel durchgesetzt, um einen Absturz einer Aktie zu verhindern. 

Börsenkreise sehen jedoch darin einen möglichen Schutz vor Insiderhandel. Die zentrale Frage wird sein: Wie viel Stimmrecht kann die Familie Burkard ausüben? Wer das vor der GV bereits weiss, verdient oder verliert viel Geld. Die GV kann per Livestream mitverfolgt werden. (pma)

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