Heute kommt es an der Generalversammlung des Schweizer Traditionsunternehmens Sika zum Showdown zwischen den Erben des Firmengründers Romuald Burkard und dem Verwaltungsrat. Dieser wehrt sich mit Händen und Füssen gegen einen Verkauf an den französischen Konzern Saint-Gobain.
Der Streit über die Sika-Übernahme wurde in den letzten Wochen intensiv diskutiert. Wir fassen die wichtigsten Fakten zusammen:
Die Sika ist ein schweizerisches Traditionsunternehmen aus dem zugerischen Baar. Sie produziert Stoffe für die Bauwirtschaft. 1971 wurde der krisengerüttelte Kleinbetrieb von Romuald Burkard übernommen, der die Firma zu einem Weltkonzern machte. Heute ist der Baustoffkonzern in über 80 Ländern tätig und macht mit seinen rund 16'000 Mitarbeitern mehr als 5 Milliarden Franken Umsatz.
Romuald Burkard und seine Frau Franziska galten als Träger der familiären Tradition der Firma. So sagte Franziska Burkard 2010 in einem Fernsehinterview: «Ich schaue die Sika nicht als Fabrik an, die etwas herstellt, sondern als Gemeinschaft von Menschen.» Romuald und Franziska Burkard, als Vertreter der ersten Generation der Familie Burkard, starben 2004 bzw. 2013.
Der Tod von Franziska Burkard brachte einiges in Bewegung. Anscheinend soll es unter den Geschwistern Meinungsverschiedenheiten über die Zukunft der Sika geben. Der Paukenschlag folgte im Dezember 2014: Die Geschäftsleitung, zu der CEO Jan Jenisch und Verwaltungsratspräsident Paul Hälg gehören, erfuhr erstmals, dass die Familienaktionäre die Firma an den französischen Konzern Saint-Gobain verkaufen wollen.
Dieser Entscheid überraschte alle. Sohn Urs Burkard sagte wenige Wochen vorher im Wirtschaftsmagazin «Bilanz»: «Das Commitment der Familie zum Unternehmen bleibt ungebrochen.» CEO Jenisch und VR-Präsident Hälg wehren sich gegen den Verkauf. Ihre Sorge ist, dass der französische Konkurrent Saint-Gobain die erfolgreiche Sika «an die Kette legt und ausblutet».
Die Familie Burkard hat das Sagen. Obwohl sie nur 18 Prozent des Kapitals an der Sika besitzt, verfügt sie über eine Mehrheit aller Aktionärsstimmen. Diese Übermacht ist der Grund des aktuellen Streits: Die Familie kann trotz tiefem Anteil am Kapital die Firma verkaufen und dafür horrende Preise verlangen.
Das dürfte auch Aktionäre stören, denen es egal ist, in wessen Händen die Sika ist: Die gültige «Opting-Out-Klausel» sieht vor, dass Saint-Gobain kein öffentliches Kaufangebot unterbreiten muss. Für viele Aktionäre eine krasse Ungleichbehandlung, weil sie nicht von den hohen Kaufpreisen profitieren können.
Der Hintergrund für die Übermacht ist die sogenannte Vinkulierung. Sie ist ein wichtiger Teil des Obligationenrechts und ermöglicht einen Schutz vor feindlichen Übernahmen, in dem nicht jeder frei handelbaren Aktie auch ein Stimmrecht gegeben wird. Die Statuten sehen vor, dass der Verwaltungsrat das Stimmrecht eines jeden Aktionärs auf fünf Prozent beschränken kann.
Dies wird an der heutigen Generalversammlung eine der wichtigsten Fragen sein. Man geht davon aus, dass der Verwaltungsrat heute das Stimmrecht der Familie Burkard auf fünf Prozent für jene Traktanden beschränken will, welche die mögliche Übernahme der Firma betreffen. Viel zu reden werden folgende Punkte geben:
Wenige Stunden vor der Generalversammlung, die um 14 Uhr in Baar ZG beginnt, wurde die Sika-Aktie vom Handel ausgesetzt. Die Schweizer Börsenbetreiberin SIX Swiss Exchange verfügte dies auf Anfrage des Unternehmens. Eine solche Aussetzung wird in der Regel durchgesetzt, um einen Absturz einer Aktie zu verhindern.
Börsenkreise sehen jedoch darin einen möglichen Schutz vor Insiderhandel. Die zentrale Frage wird sein: Wie viel Stimmrecht kann die Familie Burkard ausüben? Wer das vor der GV bereits weiss, verdient oder verliert viel Geld. Die GV kann per Livestream mitverfolgt werden. (pma)