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Drastischer Einbruch bei den Schweizer Printmedien – immer weniger Leute lesen eine gedruckte Zeitung

Auch die Gratiszeitungen sind vom Leserschwund betroffen: Der Blick am Abend verlor innerhalb eines halben Jahres 11'000 Leser.
Auch die Gratiszeitungen sind vom Leserschwund betroffen: Der Blick am Abend verlor innerhalb eines halben Jahres 11'000 Leser.Bild: KEYSTONE
Leserzahlen

Drastischer Einbruch bei den Schweizer Printmedien – immer weniger Leute lesen eine gedruckte Zeitung

Die jüngsten Zahlen zur Reichweite der gedruckten Schweizer Presse schrecken auf: Der «SonntagsBlick» verliert innert eines halben Jahres 56'000 Lesende, die «NZZ am Sonntag» 51'000, und bei der «SonntagsZeitung» springen 24'000 Leserinnen und Leser ab.
09.09.2014, 00:3209.09.2014, 08:48
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Die Zahl der Leserinnen und Leser von Schweizer Tageszeitungen sinkt kontinuierlich. Dramatisch ist der Rückgang aber vor allem bei Zeitschriften, Magazinen und Wirtschaftspublikationen. Zum Teil wurden diesen Publikationen im letzten Jahr 15 und mehr Prozent ihrer Leser untreu.

Professor Heinz Bonfadelli vom Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich sieht verschiedene Gründe für den Verlust von Leserinnen und Lesern. Das digitale Newsangebot ist der Hauptgrund. Der Blick aufs Handy, ins Tablet oder in den Computer ist vor allem im urbanen Gebiet sichtbar und verbreitet: «Das bedeutet, dass auch die Kerngruppe der qualitätsorientierten Nutzerinnen und Nutzer online gehen – nicht zuletzt zum digitalen Angebot innerhalb der gleichen Medienmarke», erklärte Bonfadelli im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA. 

Auch Gratiszeitungen betroffen

Bei den gedruckten Tageszeitungen sind die Leserzahlen stark rückläufig, das gilt auch für die Pendlerzeitungen: «20 Minuten» verliert 20'000 Leserinnen und Leser, «Blick am Abend» 11'000. Bei den Bezahlzeitungen muss der «Blick» eine Einbusse von 19'000 Lesern, der «Tages-Anzeiger» 17'000 und die «Neue Zürcher Zeitung» gar 24'000 hinnehmen, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Zahlen basieren auf Umfragen im Auftrag der WEMF AG für Werbemedienforschung. Befragt wurden 19'276 Personen zwischen April 2013 und April 2014. 

Bei Zeitschriften und Magazinen ist der Rückgang der Leserinnen und Leser noch augenfälliger. So wird «via», das Magazin des öffentlichen Verkehrs, von noch von 419'000 Personen gelesen – 62'000 weniger als ein halbes Jahr zuvor. Die «Schweizer Illustrierte» verliert 56'000 Leser, «Tele» 40'000 und «Das Magazin» 39'000. 

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Grosse Verliererin NZZ

Grosse Verliererin im Jahresvergleich ist die «NZZ», deren Produkte alle mehr als 10 Prozent der Leserschaft einbüssten: Die Tageszeitung hat noch eine Reichweite von 260'000 Personen – 35'000 weniger als vor einem Jahr. Die Sonntagsausgabe zählt noch 421'000 Lesende (-61'000). Und das «NZZ Folio» kann noch auf 365'000 Leser zählen, 44'000 weniger als 2013.

Aber auch «Tages-Anzeiger» (-7 Prozent), «SonntagsBlick» (-9 Prozent) und «Blick am Abend» (-6 Prozent) verlieren im Jahresrückblick Leserinnen und Leser im signifikanten statistischen Bereich.

Podestplätze für Pendlerzeitungen
Nach wie vor ist «20 Minuten» das meistgelesene Presseerzeugnis mit einer Reichweite von 1,547 Millionen Lesern. Auf Rang zwei findet sich die zweite Pendlerzeitung der Schweiz, der «Blick am Abend», mit 736'000 Lesenden. Auf dem Podest steht auch der «Blick», der noch von rund 686'000 Personen gelesen wird. (sda)

Zu kämpfen haben auch die Wirtschaftspublikationen: Der «Bilanz» haben innerhalb eines halben Jahres 20'000 Interessierte den Rücken gekehrt, der «Handelszeitung» 19'000 und der «Finanz und Wirtschaft» (FuW) 12'000.  Einige dieser halbjährlichen Veränderungen sind gemäss WEMF statistisch signifikant. Dramatisch sichtbar wird der signifikante Verlust an Reichweite im Jahresvergleich zur MACH-Basic-Studie 2013-2: So hat die «Handelszeitung» in einem Jahr 23 Prozent ihrer Leserinnen und Leser verloren und die «FuW» fast 16 Prozent. 

(whr/sda)

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