Im Moment bleibt es bei schmerzlosen Spartipps an die Bevölkerung, aber was geschieht, wenn das nicht mehr reicht? «Bei einem Mangel läuft die Bewirtschaftung über eine Organisation der Strombranche», sagt Energieministerin Simonetta Sommaruga in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Den Namen dieser Organisation nennt sie nicht, und sie macht auch keine konkreteren Angaben über den Ablauf.
Es handelt sich um die Notfallorganisation Ostral. Diese Abkürzung steht für die «Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen». Auf ihrer Website hat Ostral eine Präsentation publiziert. Daraus geht hervor, was nach einem Spar-Appell der nächste Schritt wäre:
Im Massnahmenportfolio werden unter «Verbote und Einschränkungen» ausdrücklich genannt: Sauna, Whirlpool, Schwimmbäder, Klimaanlagen, Rolltreppen und Aufzüge, Schaufensterbeleuchtungen und Leuchtreklamen. Hier ein Auszug aus der Präsentation:
Wie Energieministerin Sommaruga (SP) und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) vergangene Woche an einer Medienkonferenz mitteilten, ist Strommangel im Winter nicht auszuschliessen. Dieses Risiko ist durch den Krieg in der Ukraine und drohenden Gas-Mangel gestiegen. Denn der Gasmarkt ist mit dem Strommarkt eng verflochten. Wenn das Gas knapp wird, werden ausländische Gaskraftwerke abgestellt oder sie reduzieren ihren Betrieb - und die Schweiz kann somit weniger oder keinen mit Gas produzierten Strom mehr importieren. Im Winter ist die Schweiz auf Importe angewiesen.
Um dieses Szenario abzuwenden, hat der Bundesrat kurzfristige Massnahmen beschlossen. Zentral dabei ist, dass die Schweizer Gasbranche sich Reserven im Ausland sichert. Zwölf Terawattstunden sollen diese betragen. Zum Vergleich: In einem Winterhalbjahr verbraucht die Schweiz rund dreissig Terawattstunden. Daneben soll in der Industrie das zeitweilige Umsteigen auf Heizöl in sogenannten Zweistoffanlagen die nötigen Reserven bringen.
Die vorgesehenen Reserven sind also beschränkt. Darum ist nicht auszuschliessen, dass sie ab Februar 2023 zur Neige gehen. Die Lage am gesamten Energiemarkt ist vertrackt. Der Import wird auch darum schwieriger, weil in Deutschland Ende 2022 die letzten Atomkraftwerke abgestellt werden. Und die Eigenproduktion in der Schweiz birgt ebenfalls Unwägbarkeiten: Die Trockenheit der vergangenen Monate führt dazu, dass die Schweizer Stauseen womöglich nicht die angepeilten Füllstände erreichen können. Diese sind vor allem im Winter als Stromreserve wichtig.
Zumindest zu den Spitzenverbrauchszeiten könnte dann der Ostral-Notfallplan in Kraft treten. Dessen erste Stufe (von insgesamt vier) ist zumindest gefühlt schon da: Der Bundesrat hat die Bevölkerung und die Unternehmen aufgerufen, Gas und Strom zu sparen, wenn auch nicht mit derselben Eindringlichkeit wie Deutschlands Vizekanzler Robert Habeck. Man soll, so wünscht es sich die Landesregierung, duschen statt baden, die Wohnung nicht zu stark heizen, elektronische Geräte ganz abschalten und nicht bloss auf Standby stellen.
«Offiziell» ist aber der bundesrätliche Stromspar-Appell noch nicht erfolgt; was die Bundesräte zurzeit sagen, könnte man eher unter Konsumententipps abbuchen. Laut Sommaruga wird der Appell dann erfolgen, wenn wirklich viel Gas gebraucht wird, und das ist, wenn es draussen kalt wird.
Die zweite Ostral-Stufe sind die erwähnten Verbrauchseinschränkungen, die mittels Verboten durchgesetzt werden können. Die dritte Stufe ist die Kontingentierung des Stroms für Unternehmen: Der Staat würde den Firmen vorschreiben, wie viel Strom sie noch verbrauchen dürften. Im Vordergrund stünden gemäss Ostral Grossunternehmen, denn diese seien besser als KMU imstande, sich darauf vorzubereiten. Auf der Folie heisst es: «Alle Grossverbraucher sind dazu verpflichtet, eine angeordnete Energiemenge einzusparen, um Abschaltungen möglichst zu vermeiden.»
Abschaltungen - das ist dann die vierte und letzte Stufe des Notfallplans. Die Unterbrüche dürften nicht mehr als vier Stunden dauern. Trotzdem hätten sie «erhebliche Konsequenzen für Wirtschaft und Bevölkerung!», warnt die Organisation (mit Ausrufezeichen). Nur Spitäler und andere systemrelevante Einrichtungen wären absolut ausgenommen. Das Ostral-Dokument wurde bereits im September 2021 fertiggestellt. Denn schon vor dem Krieg war die Stromknappheit in den Fokus gerückt. In einer Risikoanalyse des Bundesamts für Bevölkerungsschutz von 2020 wurde die Strommangellage als grösste Gefahr eingestuft, noch vor der damals grassierenden Coronapandemie. Seit Kriegsausbruch haben sich die Risiken verschärft, sodass Michael Wider, der Präsident des Verbands Schweizerischer Elektrizitätswerke, jüngst sagte: «Eine Strommangellage war in den letzten 50 Jahren noch nie so realistisch wie jetzt.» (aargauerzeitung.ch)
Hingegen Lifte und Rolltreppen... Was ist mit älteren Personen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität? Ok, ich weiss, Luxusprobleme für uns, aber nicht für die Betroffenen.
Wie wäre es, wenn wir uns alle einfach mal am Riemen reissen und zu sparen versuchen, wo es geht? (jaja ich weiss, ich bin eine unverbesserliche Idealistin!)
Ich begreife nicht, warum dieser unnötiger Stromverbrauch nicht schon lange verboten wurde. Diese Lichter haben keinen Nutzen.
Nervig sind die ultrahellen Reklamebildschirme an Bahnhöfen und in Läden. Davon bekomme ich fast einen visuellen Reflexanfall.