3000 Bauarbeiter haben am Montag im Tessin die Arbeit auf den Baustellen ruhen lassen. Der Protesttag der Gewerkschaften Unia und Syna in Bellinzona bildet den Auftakt einer Reihe von Protesten in der Schweiz im Arbeitskampf um den Gesamtarbeitsvertrag der Branche.
Die Tessiner Bauarbeiter hätten mit ihren Protesten ein erstes Zeichen gesetzt, teilten Unia und Syna am Montag mit. Am Dienstag sollen in der gesamten Deutschschweiz Baustellen still stehen, hiess es. Am Mittwoch sind Aktionen in der Westschweiz geplant.
Die Gewerkschaften wollen aber nicht von Streik sprechen. Die Bauarbeiter bezögen Überzeit, um an den Protesten teilzunehmen, erklärt Kurt Regotz, Verhandlungsleiter Bau Syna, auf Anfrage. Es handle sich aber durchaus um eine arbeitsstörende Massnahme.
Die Fronten im Schweizer Baugewerbe sind seit Monaten verhärtet. Die Baumeister wollen den bisherigen Landesmantelvertrag (LMV) verlängern, für Unia und Syna dagegen kommen nur Verhandlungen über einen neuen LMV in Frage – und dies zusammen im Paket mit der Lohnrunde, der Finanzierung des Rentenalters 60 sowie Massnahmen gegen Lohndumping und für besseren Gesundheitsschutz.
Der Baumeisterverband verweigert inhaltliche Verhandlungen über den Landesmantelvertrag wegen der Fachstelle «Risikoanalyse» der Gewerkschaft Unia. Diese Fachstelle prüft für Baufirmen, ob deren Subunternehmen Lohndumping begehen. Die Baumeister argumentieren, diese einseitige Überprüfung sei nicht zulässig.
Unia und Syna werfen den Baumeistern derweil Verhandlungsverweigerung vor. Kommt es bis Ende Jahr nicht zu einer Einigung, droht ein vertragsloser Zustand. Einen solchen wollen gemäss eigenen Angaben beide Seiten verhindern. Die nächsten Verhandlungen soll es Ende November geben. Dort wollen die Baumeister aber nur über die Löhne für 2016 und den frühzeitigen Altersrücktritt sprechen – nicht aber über den Landesmantelvertrag.
Nun hat sich auch der grösste Schweizer Baukonzern Implenia eingeschaltet und drängt auf eine Lösung. Die Gewerkschaftszeitung «Work» berichtete am Freitag, Implenia fordere einen Kurswechsel und die Aufnahme von Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern.
Implenia-Sprecher Philipp Bircher bestätigte dies gegenüber der Sendung «Rendez-vous» von Schweizer Radio SRF: «Ein vertragsloser Zustand ist ein denkbar ungünstiges Szenario. Für uns ist eine funktionierende Sozialpartnerschaft im Bauhauptgewerbe ein entscheidender Standortvorteil als auch eine notwendige Voraussetzung für einen störungsfreien Bauablauf.» Implenia fordere deshalb beide Seiten auf, das Gespräch zu suchen und die Verhandlungen wieder aufzunehmen. (whr/sda)