Die Credit Suisse will sich offensichtlich nicht länger vom Onlineportal «Insideparadeplatz» kritisieren lassen. Am 9. Dezember 2022 reichte die Grossbank beim Handelsgericht in Zürich Klage ein. 265 Seiten dick ist das Schriftstück - ohne die unzähligen Beilagen. Das hat der Gründer und Macher des Portals, Lukas Hässig, am Montag auf ebendiesem bekannt gemacht.
Konkret wendet sich die CS gegen sämtliche 52 Beiträge, die auf «Insideparadeplatz» zur Grossbank erschienen sind, zwischen dem 27. Juli, also dem Tag der Berufung von Ulrich Körner als neuen CS-Chef, und dem 28. Oktober. Forderung der Bank: Die Artikel und die von der Leserschaft hinzugefügten Kommentare sollen ganz oder teilweise gelöscht werden.
Damit aber nicht genug: Die Grossbank fordert auch die Herausgabe des Gewinns, den «Insideparadeplatz» seit dem 27. Juli erzielt hat - plus fünf Prozent Zins ab Publikationsdatum. Ein Vorgehen, das seit den rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Jolanda Spiess-Hegglin und Ringier bei Klagen gegen Medienhäuser an Popularität gewonnen hat.
Auf Anfrage begründet die Grossbank ihr Vorgehen folgendermassen: «Credit Suisse hat sich entschieden, die Rechtmässigkeit von Leserkommentaren und Texten rechtlich überprüfen zu lassen. Dies geschieht zum Schutz unserer Mitarbeitenden, die auf dem Blog regelmässig beschimpft und verunglimpft werden.» Mehr will die CS nicht sagen, auch zur Frage nicht, wieso sie gerade jetzt aktiv wird. Und ob das forsche Vorgehen etwas mit Markus Diethelm, dem ehemaligen UBS-Rechtschef, zu tun hat, der nun seit 2022 für die CS in gleicher Funktion tätig ist.
Eines ist klar: «Insideparadeplatz» ist berüchtigt für seinen unzimperlichen Stil und deshalb in vielen Teppichetagen auch gefürchtet. Es gibt sogar Chefs, die sich wegen des Blogs Unterstützung und Trost bei externen Kommunikationsberatern suchen.
Lukas Hässig hat dementsprechend Erfahrung mit Klagen und Gerichten, auch die CS ist schon gegen ihn juristisch vorgegangen. 2015 reichte sie eine Klage gegen drei einzelne Artikel ein - und ging einmal als Siegerin und zweimal als Verliererin vom Platz. Das hier ist aber anders, das ist ein Rundumschlag - und für das Einmannportal deutlich gefährlicher. Die CS spricht in ihrer Klage von einem Streitwert von 300'000 Franken.
In der Klageschrift schreibt die CS zwar, dass sie «dezidiert für die freie Presse» sei und «Medien als vierte Gewalt im Staat» anerkenne, wie auf Hässigs Portal zu lesen ist. «Insideparadeplatz» habe aber keinen Schutz verdient. Die Führungsequipe der Bank werde «der Lächerlichkeit preisgegeben, mit Beleidigungen überzogen und blossgestellt, und die Bankengruppe wird verächtlich gemacht, ja schlichtweg totgeschrieben, Kunden und Mitarbeiter werden gar aktiv zum Verlassen der Bank animiert».
Das forsche Vorgehen der Bank lässt sich wohl auch mit Frust erklären. Hässig sei in den vergangenen Jahren regelmässig an seine Verantwortlichkeit ermahnt worden, heisst es aus dem CS-Umfeld. Und zwar auch in Bezug auf die inhaltliche Überwachung der Leserkommentare. «Allerdings ohne Erfolg.»
Nun sind also die Juristen am Zug. Lukas Hässig hat nun ebenfalls einen Anwalt mandatiert und wird seine Replik beim Handelsgericht einreichen. Dann wird sich weisen, ob sich die Parteien dort gütlich einigen können - oder ob der Fall dann noch weitergezogen werden muss. (aargauerzeitung.ch)
Wer Millionen im Jahr verdient sollte „Lächerlichkeit“ im Netz aushalten können. Also ich hätte mit so einem Lohn keine Zeit um sowas nach zu lesen..
Die unmoderiert aufgeschalteten Kommentare sind aber nicht nur bei den Artikeln mit CS-Bezug teilweise echt unterirdisch und dafür sollte IP tatsächlich mal zur Rechenschaft gezogen werden.