Das Zürcher Unispital kommt nicht aus den Schlagzeilen, für einmal sind sie aber auch positiver Natur. Nach der grossen Krise rund um den mittlerweile nicht mehr am Unispital tätigen Herzchirurgen Francesco Maisano empfahl das Zürcher Kantonsparlament, die Situation am Spital zu untersuchen. Gemäss Bericht des «Tages-Anzeigers» besonders im Fokus: der Anstieg an Todesfällen in der Herzchirurgie von 2015 bis 2019.
Am Donnerstag hat Professor Paul Vogt – er hat gemeinsam mit dem renommierten Herzspezialisten Thierry Carrel die Herzklinik nach Maisanos Abgang geleitet – die Zahlen präsentiert. Diese zeigen, dass die Sterberate deutlich zurückging.
Bei den Transplantationen von 20 auf 3,4 Prozent, bei einem Riss der Hauptschlagader von 25 auf 7 Prozent, bei Wundinfektionen von 7,3 auf 0,2 und bei Herzklappen-Infektionen von 18 auf 3 Prozent. Bei Standardoperationen, betont Vogt an der Präsentation, habe man die Mortalität «praktisch eliminiert.»
Nebst diesen Zahlen existiert ein bislang unbekannter Bericht, der dem «Tages-Anzeiger» vorliegt, und der sich mit der Situation an der Herzklinik und den dazugehörigen Intensivstationen befasst. Zeitraum: 2017 bis 2019.
Ein Chefarzt hat das Unispital besucht, Gespräche geführt, analysiert und ein durch und durch kritisches Fazit gezogen. Unter anderem sei die Todesrate nach operativen Herz- und Hauptschlagader-Eingriffen höher als erwartet gewesen. Zudem stellte der Chefarzt fest, dass im untersuchten Zeitraum bei den Fachärzten auf der Intensivstation «sehr grosse Erfahrungs- und Wissenslücken» bestanden hätten. Intensivmediziner hätten im Bereich der Herzmedizin zu wenig Kenntnisse und umgekehrt.
Zu personellen Änderungen ist es bei der Intensivmedizin allerdings nicht gekommen, das Unispital bestätigte dem «Tages-Anzeiger» jedoch, es würden regelmässig qualitätssichernde Kontrollen durchgeführt.
Im Rahmen der Analyse am Unispital ist ein weiterer Kritikpunkt zutage getreten. Es handelt sich dabei um unrechtmässig verrechnete Arzthonorare für Gespräche mit Privat- und Halbprivatpatienten, die teils gar nicht stattgefunden haben. Der Klinikmanager hat angeordnet hat, solche Gespräche systematisch bei allen Privat- und Halbprivatpatienten einzutragen, dazugehörige Protokolle existieren nicht. In der Zwischenzeit hat das Unispital 1,78 Millionen Franken an Krankenkassen zurückbezahlt, von damals begünstigten Ärzten hat das Spital bislang aber keine Gelder zurückgefordert. Strafrechtlich ist der Fall abgeschlossen.
Sowohl der ehemalige Klinikmanager Stefan H. (er hat das Unispital ebenfalls 2020 verlassen), als auch Herzchirurg Francesco Maisano wollten gegenüber dem «Tages-Anzeiger» keine Stellung nehmen.
Ob sich die Situation am Zürcher Unispital nach diesen Untersuchungen nachhaltig verbessern kann, wird die Zukunft zeigen. Neu operiert die Klinik für Herzchirurgie unter Omer Dzemali, er hat seine Aufgabe vor zwei Tagen angetreten. (rst)