Bayern gegen Real ist das Duell der Superlative – und für die meisten Experten und Fans der vorgezogene Final. Während die Münchner ihren dritten Finaleinzug in Folge und den vierten innerhalb von fünf Jahren anstreben und als erstes Team in der Geschichte im Final am 24. Mai in Lissabon den Champions-League-Titel verteidigen könnten, träumen die «Königlichen» aus Madrid von der «Decima», dem zehnten Gewinn der wichtigsten Trophäe im Klubfussball – und dem ersten seit 2002.
Es ist das Aufeinandertreffen verschiedener Fussballphilosophien, zweier Trainer, welche die Champions League mit ihren Stammvereinen FC Barcelona und AC Milan sowohl als Spieler wie auch als Trainer gewonnen haben.
Auf der einen Seite die von Pep Guardiola verschriebene totale Ballkontrolle der Bayern, das mittlerweile auch von ihnen bis zum Exzess praktizierte Tiki-Taka, auf der anderen Seite das von Carlo Ancelotti noch einmal verfeinerte Umschaltspiel der Madrilenen, die mit Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Gareth Bale über das schnellste und treffsicherste Angriffstrio in Europa verfügen.
Ob Galatasaray Istanbul (6:1, 4:1), FC Kopenhagen (4:0), Juventus (2:1), Schalke (6:1, 3:1) oder Dortmund (3:0), die Angriffsmaschinerie der «Königlichen» zwang in der laufenden Saison bislang alle in die Knie. 33 Tore schoss Real in elf Spielen, 14 davon allein Cristiano Ronaldo. Nur im Rückspiel gegen Dortmund blieben die Madrilenen ohne Treffer (0:2).
#Ancelotti weiter: "Wir haben noch lange nicht gewonnen. Wir haben einen kleinen Vorsprung, aber es wird sehr kompliziert." #FCBRMA
— FC Bayern München (@FCBayern) 28. April 2014
Auch das Halbfinal-Hinspiel gegen Bayern München am letzten Mittwoch im Bernabeu entschied Real dank taktischer Cleverness, stabiler Defensive und etwas Wettkampfglück für sich. Bayern erzielte erstmals seit Februar 2012 und dem 0:1 im Achtelfinal-Hinspiel gegen Basel in der Champions League auswärts keinen Treffer.
Für Guardiola ist das heutige Rückspiel der bisher wichtigste Auftritt seiner Amtszeit bei Bayern München. Der Katalane hatte in den ersten knapp neun Monaten als Bayern-Trainer die Spielweise des Triple-Gewinners noch einmal weiterentwickelt und die Münchner zum schnellsten deutschen Meister der Geschichte gemacht, wofür er von allen Seiten Lob geerntet hat.
Nun weht ihm erstmals eine leichte Bise entgegen; nach dem Leistungsabfall in der Bundesliga in den letzten Wochen und der Niederlage in Madrid wurden erste kritische Stimmen laut.
«Ballbesitz bedeutet nichts, wenn der Gegner die besseren Chancen hat», monierte Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer nach dem Hinspiel in Madrid. Guardiola, der zwischen 2008 und 2012 mit Barcelona 14 Trophäen gewonnen hat, sieht keinen Anlass, die Spielweise im Rückspiel zu ändern. «Ich bevorzuge den Ballbesitz. Ich bin so ausgebildet worden», sagte der Bayern-Trainer an der Pressekonferenz vor dem Rückspiel. «Ich will, dass wir gleich dominant auftreten wie in Madrid, aber etwas aggressiver und effizienter.»
.@GarethBale11: "We will try to play good football. We are not a team that just defends." #BayernRealMadrid #RMLive #RoadToLisbon
— Real Madrid C.F. (@realmadriden) 28. April 2014
Für Reals Trainer Ancelotti ist klar: «Ob wir den Final erreichen, hängt nur von uns ab.» Der Italiener wird sein Team wohl erneut in einem defensiven 4-4-2-System auf den Platz schicken. Bale nach einer Magen-Darm-Grippe und Ronaldo, der am Samstag in der Meisterschaft gegen Osasuna zwei herrliche Weitschusstore geschossen hat, sind wieder topfit.
Im Vergleich zum Hinspiel dürfte der Waliser in der Startaufstellung im rechten Mittelfeld Isco ersetzen. Bei Bayern kehrt Philipp Lahm wohl wieder auf die rechte Abwehrseite zurück. Der Captain agierte im Hinspiel im defensiven Mittelfeld und leitete mit einem verlorenen Zweikampf den Angriff ein, der zum Tor von Benzema führte.
Von den zehn bisherigen Duellen in München gewann das Heimteam neun, ein Spiel endete Remis. Fünfmal begegneten sich die beiden Teams in einem Halbfinal, viermal setzten sich die Bayern durch, zuletzt 2012 im Penaltyschiessen.
Neben der Ehre und den sportlichen Meriten geht es heute in der Allianz-Arena auch um viel Geld. Allein für den Einzug in den Final zahlt die UEFA 6,5 Millionen Prämie, ein Sieg im Estadio da Luz in Lissabon (gegen Chelsea oder Atletico Madrid) wird mit 10,5 Millionen honoriert. (si)