Mourinho's favourite formation. 9-0-1. pic.twitter.com/32i5nAQT5h
— Football Funnys (@FootballFunnys) 22. April 2014
Es ist Champions-League-Halbfinal gestern Abend in Madrid. Zwei der aktuell stärksten Teams der Welt treffen in der Königsklasse des europäischen Fussballs aufeinander: Atlético Madrid und Chelsea. Was man erwarten dürfte anhand der Männer, die auf dem Platz stehen: ein tolles Fussballspiel. Schliesslich verkörpern die meisten Akteure Weltklasse.
Speziell Chelsea hat Spieler in ihren Reihen, um die sie die Fussballwelt beneidet. Doch das Ergebnis am Schluss: Viele Fouls, viele Unterbrüche, wenige Torszenen, gähnende Langeweile.
@ddirkinho Chelsea spielt wie erwartet: 5-4-1 mit jeder Menge Beton. Extrem unangenehm für Madrid. #ATLCFC #cl
— Matthias Gutjahr (@mattsches) 22. April 2014
Realistische Zeitgenossen rechneten damit, dass kein «Champagner-Fussball» geboten werden wird. Schliesslich trafen die beiden besten Defensiven aus Spanien und England aufeinander. Und auch Atlético Madrid ist nicht eine Mannschaft, welche bedingungslos die Offensive sucht. Doch dass gestern keine Werbung für den Fussball gemacht wurde, lag vor allem an den Londonern. Und ihrem Startrainer José Mourinho.
LIVE IMAGES of Chelsea tonight! pic.twitter.com/mhUUQXWEPt
— Football Funnys (@FootballFunnys) 22. April 2014
Zugegeben: Kein Trainer auf höchster Stufe hat solche Traumbilanzen wie Mourinho vorzuweisen. Unter den Rekorden sind beispielsweise neun Jahre ohne Heimspielniederlage, Gewinne der Champions League mit zwei verschiedenen Klubs oder der Fakt, der einzige Manager zu sein, der in England, Italien und Spanien Meister, Pokal- bzw. Supercup-Sieger wurde.
Es gibt noch etwas anderes in der Trainervita vom Portugiesen, als die Einträge in die Rekordbücher: die Art und Weise, wie er seine Teams (teilweise) spielen lässt. Es ist legitim und nur logisch, wenn die Devise «Erfolg vor Spektakel» gilt. Denn am Schluss interessiert nur Sieg oder Niederlage. Doch die Frage sei erlaubt, wie viel Kreativität man mit Absicht ersticken darf, wenn man ein Team zur Verfügung hat, welches knapp eine halbe Milliarde Schweizer Franken Kaderwert hat.
Wenn man als klarer Aussenseiter ins Rennen geht, ist eine defensive Ausrichtung nachvollziehbar. Auch dass ein Auswärtsteam bei K.O.-Spielen nicht volles Risiko auf sich nimmt, liegt in der Natur des Fussballsports. Aber impliziert Mourinho mit der gestrigen Taktikvorgabe nicht indirekt bei seinen eigenen Spielern eine Mangel an Klasse?
chelsea rührt beton an... drei sechser vor der kette und aussenstürmer, die herrvorragend defensiv arbeiten. #10MannImTor
— Mark Löscher (@MarkLoescher) 22. April 2014
Oder um es mit seinen eigenen Worten zu sagen («The Special One» vor knapp drei Monaten nach einem Remis gegen West Ham United): «Sie haben solch gute Spieler, eine gute Truppe. Schauen Sie sich die Bank an, gute Spieler mit Qualitäten. Also hoffentlich war dies nur Konsequenz ihres Bedürfnisses – welches ich total respektiere – und hoffentlich werden sie in Zukunft Fussball spielen.»
Chelsea FC mit neuem Klublogo. #CFC pic.twitter.com/I7SZ0yVBcs
— Andi (@decider148) 23. April 2014
Auch wenn der beste Spieler von Chelsea verletzt war (Eden Hazard) und sich gleich zu Beginn Torhüter Petr Cech verletzte, dies darf keine Ausrede sein für die Mauer-Taktik. Fernando Torres – nach meiner (bescheidenen) Ansicht völlig unterschätzt – durfte sich als Einzelkämpfer gegen die Defensivabteilung von Atlético Madrid abmühen und konnte mit Glück den Ball für einige Sekunden in der gegnerischen Platzhälfte halten, was dem ehemaligen Atlético-Madrid-Star nur selten gelang.
Chelsea's heat map from tonight's 0-0 draw in Madrid (via @ShutUpUEgg_). pic.twitter.com/PhCl4Aw5DO
— Bleacher Report UK (@br_uk) 22. April 2014
Der Rest igelte sich hinten im Strafraum ein. Oscar und André Schürrle, die nach den verletzten Hazard und Eto'o besten Skorer bei Chelsea, durften nur auf der Bank Platz nehmen. Atlético Madrid liess den Ball gekonnt laufen, aber die zündende Idee gegen die massierte Abwehr um Organisator John Terry fiel ihnen nicht ein. Die hohen Bälle waren ein gefundenes Fressen für die grossen Abwehrtürme. Die Pässe in die Tiefe kamen gegen die dicht gestaffelten «Blues-Beine» selten an den Empfänger.
REVEALED: Chelsea's line up to face City tonight pic.twitter.com/bAVrKHWibt
— Holistic. (@inder_45) 3. Februar 2014
Der Sohn eines ehemaligen portugiesischen Spitzentorhüters ist ein exzellenter Fachmann. Früh interessiert sich der intelligente Mourinho für die taktischen Belange des Fussballs. «Mou» ist ein charismatischer Zeitgenosse, er versteht es gut, durch polemische Aussagen den Druck von der Mannschaft auf seine Person zu lenken. Dass selten ein ehemaliger Spieler über den 51-Jährigen ein schlechtes Wort verliert, spricht für seinen Umgang mit Menschen (ausgenommen Journalisten). Doch grosses Spielermaterial einkaufen und nachher wie San Marino spielen lassen?
Sicher ist Mourinho in die Sparte der sogenannten Resultate-Trainer einzuordnen. Er muss ja nicht gleich wie die Holländer das Verlieren zur Kunst machen, die an der WM 1974 mit ihrem schönen «Voetbal Totaal» zwar alle Fussball-Gourmets verwöhnten, jedoch das Siegen vergassen.
Bräuchte Putin ne Mauer, müsste er sich nur Chelsea von Abramowitsch ausleihen. Da wird auch mächtig viel Beton angerührt. #ATHCHE #SkyCL
— Kevin (@DomBVB91) 22. April 2014
Doch auch die ergebnisorientierten Coaches müssen ein Minimum an Offensivgeist mitbringen. Bei seiner ersten Chelsea-Episode 2004-2007 liess der stets Braungebrannte aus der Küstenstadt Setubal einen Powerfussball spielen, der die ganze Premier League überrollte und auch in Europa Furore machte. Dieser Geist war gestern bei Weitem nicht zu spüren.
Was Chelsea manchen will, konnte ich seit der ersten Minute sehen, und ihre Leistung war super. Wo ist das Problem?
— Javier A. (@fjaz79) 22. April 2014
Im Rückspiel hat Mourinho nun genau die Ausgangslage, die er gewollt hat. An der Stamford Bridge war Chelsea bis zum letzten Wochenende in 77 Spielen ohne Niederlage. Doch wenn es im Fussball Gerechtigkeit geben sollte, muss Chelsea für dieses unsägliche Mauern im Hinspiel bestraft werden.
Das Schlimme ist: Chelsea-Boss Roman Abramowitsch wird seinem Trainer weiterhin Kreativ-Spieler wie zuletzt Basels Mohamed Salah einkaufen. Mit Atléticos Stürmerstar Diego Costa steht schon der nächste Offensivstar auf der Einkaufsliste. Aber will sich Costa das wirklich antun?