Wir werden den Davis Cup wahrscheinlich schon wieder verlieren. Gegen den Tennis-Zwerg Belgien. David-Cup-Captain Severin Lüthi, im Finale gegen Frankreich an der Seitenlinie noch der grosse Tennis-Napoléon, steht mit seiner versprengten Einheit in Lüttich auf verlorenem Posten wie einst Napoléon mit dem Schweizer Regiment an der Beresina – und von Lüttich nach Waterloo sind es bloss 100 Kilometer.
Es geht nicht um Spott. Sondern darum, einen Irrtum endlich zu korrigieren. Die Davis-Cup-Absagen von Roger Federer und Stan Wawrinka entlarven die Wahl zur Mannschaft des Jahres 2014 als groben Unfug.
Roger Federer und Stan Wawrinka mit ihren Statisten, die gar nie gespielt haben, als Mannschaft des Jahres? Nein. Kaum ist das grosse Ziel erreicht, zerstreut sich diese Interessengemeinschaft ohne Not in alle Winde wie die Handlanger beim Turmbau zu Babel. Dass es unmittelbar nach der Wahl keine Kritik gab, will nicht heissen, dass die Wahl auch richtig war. Man erkennt den Irrtum ja gerade daran, dass alle Welt ihn teilt.
Ach, mir ist noch in den Ohren, wie Stan und Roger in Lille nach dem Davis-Cup-Triumph über die Bedeutung des Begriffs Mannschaft fabulierten – ich war sicher, dass die beiden Stars bei so viel Teamgeist gar nicht anders können als auf das Preisgeld zu verzichten – zu Gunsten der vergleichsweise mittellosen Teamkollegen. Was natürlich nicht der Fall war. Es hat nicht einmal eine Mannschafts-Kasse gegeben. Keine Mannschaft, keine Mannschaftskasse.
Aber nun bietet diese lächerliche Wahl zur Mannschaft des Jahres Stan Wawrinka nachträglich die Chance, endlich, endlich einmal aus dem Schatten von Roger Federer herauszutreten. Er ist ganz einfach. Er braucht bloss die Auszeichnung «Mannschaft des Jahres» hochoffiziell wieder zurückzugeben und darum zu bitten, nachträglich die Hockey-Bronze-Mädchen auszuzeichnen.
Mit der Begründung, dass diese Ehre einfach unverdient sei. Er und Roger Federer seien ja nicht einmal gute Freunde. Geschweige denn eine Mannschaft oder gar eine Mannschaft des Jahres. Es sei halt bloss eine temporäre Arbeitsgemeinschaft von Jungmillionären gewesen. Sagte denn nicht der grosse Goethe, dass männliche Geister durch Erkennen eines Irrtums erhöht und gestärkt werden?
Mit diesem Schritt würde Stan Wawrinka seinen grossen, sportlich in alle Ewigkeit unerreichbaren sportlichen Rivalen für einmal in grosse Verlegenheit bringen. Und er könnte so den Davis Cup zu einem mehrtätigen nationalen Medienthema machen. Darüber hinaus täte er der Sache des Frauensportes einen grossen Gefallen. Nicht einmal Mirka Federer könnte ihm böse sein.
So ein Verzicht zu Gunsten eines Frauenteams würde Stan Wawrinka auch viel Lob aus der Politik einbringen und wäre eine Investition für die Zeit nach der Karriere. Wer weiss, vielleicht will er ja später einmal Politiker werden und dazu braucht er auch die Stimmen der Frauen. Oder Swiss Olympic schafft die gutbezahlte Stelle eines Gleichstellungsbeauftragten.
Aber eben: Das alles ändert nichts daran, dass uns heute ausgerechnet in Belgien ein Davis-Cup-Waterloo droht.