Die Renovationsarbeiten am Kader sind weitgehend abgeschlossen. Mit Adam Reideborn kommt eine starke Nummer 1 und mit Jussi Tapola der sechste Coach seit Januar 2020. Mit ihm kehrt das Primat der Leistung über die Ausrede zurück.
Zum letztmöglichen Zeitpunkt: Vergangene Saison kamen im Schnitt noch 14'750 Fans in die Postfinance-Arena. Das ist nach wie vor einsamer Rekord in Europa. Aber eine Auslastung von nur 86,6 Prozent wäre noch vor kurzem undenkbar gewesen. In der letzten Meistersaison (2018/19) war die grösste Arena Europas während der Qualifikation noch zu 95,50 Prozent gefüllt.
Die grosse Frage ist ja nicht nur, ob Jussi Tapola das Team in die obere Tabellenhälfte zurückzuführen vermag. Sondern ebenso sehr, ob sein Hockey die Fans mobilisiert: Anders als die Titanen aus Zug, Lugano oder Zürich ist der SCB darauf angewiesen, die Mittel zur Finanzierung eines Spitzenteams über die Bewirtschaftung des Publikums (Gastronomie, Eintritte) während der Qualifikation zu erwirtschaften: Die Berner haben keine spendablen Milliardäre in der VIP-Loge.
Der Weg zurück an die Spitze nach vier sportlich verlorenen Jahren mit den Rängen 9, 9, 11 und 8 ist allerdings beschwerlich. Die mächtige Kerngruppe um den alten und neuen Captain Simon Moser («Ancien Regime»), mit der die Berner einst die Liga dominiert haben und nun ins untere Mittelmass gerutscht sind, macht nach wie vor die Kabinen-Politik. Mit einem neuen Trainer und einer doppelten, neuen, sportlichen Führungsstruktur mit Obersportchef Martin Plüss (er hat bereits das von Raeto Raffainer verlassene Büro in der SCB-Geschäftsstelle bezogen) und Untersportchef Andrew Ebbett wird die Leistungskultur renoviert.
Auch aus wirtschaftlichen Gründen muss der Weg zurück nach oben in kürzester Zeit zurückgelegt werden und dieses Tempo erfordert nicht nur eine Revolution in der Chefetage, die mit der Rückkehr von Marc Lüthi bereits erfolgt ist. Auch eine sportliche Revolution ist erforderlich: die «Entmachtung» des «Ancien Regimes» in der Kabine. Die sportlichen Einzelteile zu neuem, sportlichem Ruhm sind vorhanden. Die Frage ist, ob es Jussi Tapola gelingt, daraus ein Playoff-Puzzle zusammenzustellen.
Die Konfliktgefahr mit dem bestens vernetzten und politisch mächtigen Kabinen-Personal ist so gross, dass eine Krise den Trainer trotz aller Treueschwüre aus dem Amt fegen kann. Die «Radikalkur Tapola» läuft auf die Frage hinaus: Wer ist beim SCB mächtiger? Der Trainer oder die Spieler? Manager Marc Lüthi mag im «Universum SCB» fast allmächtig sein. Aber die SCB-Politik wird am Ende des Tages in der Kabine gemacht. Scheitert Jussi Tapola, wird der SC Bern ein Lugano ohne Palmen, steht vor einer langen Phase der Stagnation mit einer viel zu teuren Mannschaft und der 60-Millionen Hockey- und Gastrokonzern wird Europas teuerstes Hockey-Mittelmass.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Jussi Tapola (49) stand seit 2010 in elf Finals, gewann mit Tappara Tampere vier Titel und 2023 neben der finnischen Meisterschaft auch die Champions League. Er gilt als unnachgiebig und kompromisslos und detailversessen wie Kari Jalonen (2017 und 2019 mit dem SCB Meister), schont die Leitwölfe nicht und managt die Eiszeiten vortrefflich: Bei Tappara musste letzte Saison keiner länger als 19 Minuten pro Partie spielen.
Er ist kommunikativ, im Temperament eher ein Lateiner als ein Finne, wahr und klar in seinen Aussagen und der Sache verpflichtet. Mit etwas Boshaftigkeit können wir ihn als «gezähmte Mineralwasser-Version von Hannu Jortikka» bezeichnen. Aber wie gesagt: Das ist boshaft.
Wenn einer die Leistungskultur in Bern wieder aufbauen kann, dann Jussi Tapola und in Tampere hat er eindrücklich bewiesen, dass er sportliche Revolution kann. Auch Tappara darbte vor seiner Ankunft im Mittelmass. Aber Erfolg kann er in Bern nur haben, wenn ihm Marc Lüthi und Martin Plüss durch alle Böden hindurch stützen, wenn in der Kabine gemurrt wird. Die Entlassungsgefahr ist gering, weil der neue Obersportchef Martin Plüss grundsätzlich Trainerentlassungen nicht mag. Er wagt es als erster Sportchef seit Sven Leuenberger, dem Architekten der letzten SCB-Meisterteams, eine eigene Meinung zu vertreten und Marc Lüthi zu widersprechen.
Eine spontane Trainerentlassung können wir also ausschliessen. Zudem käme ein Trainerwechsel einem Verrat an der Leistungskultur gleich und würde die Mannschaft vollends uncoachbar machen.
Berns Strahlkraft hat dazu geführt, dass der Blick auf die sportlichen Realitäten seit dem letzten Titelgewinn von 2019 Jahr für Jahr ein wenig vernebelt worden ist. Der SCB, als «Bayern München des Hockeys» nur noch Mittelmass in der unteren Tabellenhälfte? Der SCB nicht direkt in den Playoffs? Einfach unvorstellbar. So waren die Saisonprognosen seit 2019 stets viel zu optimistisch.
Würde der SCB Rapperswil-Jona Lakers, Ambri, Langnau oder Lausanne heissen, dann wären die Prognosen in den letzten Jahren nach den Ränge 9, 9 und 11 realistischer ausgefallen. Letzte Saison kamen die Berner auf Platz 8. Wenn wir die Chancen und Risiken der «Radikalkur Tapola» nüchtern betrachten, die magische Bezeichnung «SC Bern» weglassen und eine sachliche Einschätzung machen, dann kommen wir bei einer Prognose für nächste Saison auf Rang 10.
Marc Lüthi ist zwar zurück und er ist sich bewusst, auf wie dünnem Eis «sein» SCB nach vier Jahren sportlicher Mittelmässigkeit inzwischen steht. Erst recht wegen der Konkurrenz durch YB auf der anderen Strassenseite. Hockeytechnisch ist die Mannschaft gut genug für die obere Tabellenhälfte. Aber das war sie jede Saison seit der letzten Meisterfeier von 2019. Ist sich auch jeder unten in der Kabine bewusst, was es geschlagen hat? Nach wie vor wird die Mannschaft von «Nostalgie-Titanen» geprägt: Von hoch- und überbezahlten Spielern mit einer ruhmreichen, meisterlichen Vergangenheit, die in den letzten vier Jahren versagt haben.
Es ist diese Kerngruppe in der Kabine, die den SCB prägt. Der Optimist sagt mit Wilhelm Busch: «Lange war der SCB sportlich krank, nun rockt er mit Jussi Tapola wieder, Gottseidank» und hofft auf eine durchschlagende Wirkung der «Radikalkur Tapola». Der Realist mahnt: Der Weg aus dem Mittelmass ist schwierig, die «Radikalkur Tapola» wird zu einem Wettlauf mit der Zeit und rät zu einer nüchternen Prognose – eben zu Rang 10. Auf jeden Fall ist der SCB himmelhoher Favorit auf den Titelgewinn der Keller-Meisterschaft. Schafft es der SCB doch in die obere Tabellenhälfte bleibt die Genugtuung, besser zu sein als gewisse «Experten» prophezeit hatten.
Beim Manager-Game «Topscorers» erhält jeder Spieler ein Zufallskader à 16 Spieler im Wert von CHF 3 Mio. sowie ein Transferbudget von CHF 1 Mio. Innerhalb einer Fantasy-Liga gibt es jeden Spieler nur einmal und Punkte sammelt man durch die Performance der Akteure in der Realität (Eiszeit, Tore, Assists, +/-, Blocked Shots,etc.).
Marktwert-Spitzenreiter beim SC Bern
Name
Punkteschnitt
Marktwert
Ramon Untersander
89.93
630'240
Colton Sceviour
90.28
576'715
Martin Frk
-
500'000
Weitere Infos und Download der App: www.topscorers.ch
Idee, Konzept und Inhalt: Klaus Zaugg. | Redaktionelle Betreuung: Adrian Bürgler, Ralf Meile. | Technische Umsetzung: Nicole Christen, Carlo Natter, Philipp Reich, Raphael Strebel. | Spielerportraits: nationalleague.ch.
Zum Glück ist dies der SCB und irgendjemand ist sicher nicht zufrieden und wird irgendwelchen Chronisten ein paar interne Mails zuspielen.
Mit diesem Kader und Trainer kann ich mir nicht vorstellen, dass der SCB nicht unter die ersten 6-8 kommt.