Bis heute hat noch keine Frau in der Nationalliga ein Meisterschaftsspiel bestritten. Florence Schelling hat es immerhin bereits bis in die 1. Liga gebracht. Sie steht regelmässig beim EHC Bülach im Kasten.
Die schöne und kluge Torhüterin arbeitet beim Spengler Cup in der Statistik-Abteilung. Es fällt auf, dass die beiden Kult-Torschuss-Zähler Pascal und Nicola Vögtlin, die Zwillings-Buben des legendären Schiedsrichters Willy Vögtlin, die seit zehn Jahren ihres Amtes walten, eher noch exakter arbeiten und nur noch Schüsse zählen, die wirklich Schüsse sind. Ihre neue Mitarbeiterin ist eben Fachfrau in Sachen Torschüsse.
Nun hat Florence Schelling beim offiziellen Spengler Cup-Empfang auf der Schatzalp den Wunsch geäussert, einmal in der NLB das Tor zu hüten. Es gibt nur ein NLB-Unternehmen, das diesen Wunsch erfüllen kann: die SCL Tigers.
Sie liegen uneinholbar an der NLB-Spitze (zurzeit beträgt der Vorsprung 16 Punkte) und können es sich leisten, in einer Partie die Bronze-Heldin von Sotschi einzusetzen. Zudem bietet in der NLB nur das Stadion in Langnau den würdigen Rahmen für ein solch hockey-historisches Spiel.
Aber so ein Spektakel-Einsatz ist nicht ganz ohne Risiko. Natürlich wäre der Werbeeffekt maximal. Die schöne Florence ist inzwischen das Gesicht unseres Frauenhockeys und hat mehr Glamour als jeder männliche Spieler.
Ihr Einsatz würde Langnau flächendeckende nationale Medienpräsenz inklusive Bilder im staatlichen Fernsehen bescheren. Transfertechnisch wäre die Sache mit einem Wechsel von Bülach nach Langnau und wieder zurück auch kein Problem.
Aber der Grat zwischen Zirkus und Spitzensport ist schmal. Was, wenn die schöne Torhüterin Langnau zu einem Sieg hext? Wäre das nicht zu viel für das Ego, für das Selbstverständnis der beiden männlichen Langnau-Goalies Lorenzo Croce und Damiano Ciaccio? Würden dann die gegnerischen Fans künftig mit schwenkenden Schürzen auf der Tribune Langnaus Goalies verhöhnen?
Karl Brügger, im Verwaltungsrat für den Sport zuständig, hat trotz aller Bedenken grünes Licht gegeben, schränkt aber ein: «Sofern unsere sportliche Führung damit einverstanden ist.» Sportchef Jörg Reber sagt: «Eine interessante Idee. Aber so ein Schritt muss sehr gut überlegt sein. Ich werde die ganze Sache mit unserem Trainer besprechen.»
Trainer Bengt-Ake Gustafsson müsste als Schwede eigentlich wissen, was Frauenförderung heisst. Und auch der grosse Dichterfürst Jeremias Gotthelf hätte sicher nichts dagegen gehabt, wenn damals im 19. Jahrhundert eine seiner grossen Frauenfiguren aus der Weltliteratur – das Vreneli oder das Annebäbi – bei einem Hornusser-Wettspiel zwischen Langnau und Bärau ein paar Streiche geschlagen hätte.