Sport
Eismeister Zaugg

Es gibt noch Hockey-Romantik – bleibt Bodenmann doch beim ZSC?

Zuerichs Simon Bodenmann reagiert im Eishockeyspiel der National League zwischen den ZSC Lions und dem HC Davos am Samstag, 19. November 2022, in der Swiss Life Arena in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanz ...
Simon Bodenmann.Bild: keystone
Eismeister Zaugg

Es gibt noch Hockey-Romantik – bleibt Bodenmann doch beim ZSC?

Eigentlich schien alles klar: Die ZSC Lions verlängern mit Simon Bodenmann (34) nicht mehr. So ist es sogar schon offiziell bestätigt worden. Doch nun kommt es zur Kehrtwende. Gut möglich, dass die Zürcher mit ihrem besten Schweizer Torschützen doch noch verlängern.
07.02.2023, 21:10
Folge mir
Mehr «Sport»

ZSC-Sportchef Sven Leuenberger hatte gute Gründe dafür, das Arbeitsverhältnis mit Simon Bodenmann nicht mehr zu prolongieren: Der ehemalige Nationalstürmer wird im März 35 Jahre alt. Mit zwei Stürmern seiner Altersklasse – Denis Hollenstein (33) und Chris Baltisberger (31) – sind die Verträge kürzlich verlängert worden. Also bestätigte der ZSC-Sportchef, dass er nicht mehr mit Simon Bodenmann plane.

Zugleich meldete Kloten - von Kloten aus hat der WM-Silberheld von 2013 die grosse nationale Hockey-Welt (Bern, Zürich) erobert – an einer Rückkehr von Simon Bodenmann gebe es kein Interesse. Auch dafür hatten die Klotener gute Gründe: Sie pflegen steten Kontakt mit ihrem einstigen Junior und wissen, dass er zur Salär-Business-Klasse der Liga gehört.

Als viel, viel mehr als 300'000-Franken pro Saison verdient. Beim neuen Kloten gibt es eine selbst auferlegte Salär-Obergrenze: Kein Schweizer darf mehr als 300'000 Franken verdienen. Simon Bodenmann passt also nicht in die neue Salär-Hierarchie des Aufsteigers. Kommt dazu: Sportchef Larry Mitchell ist bestrebt, das Team jung und dynamisch zu halten.

Und so kommt es, dass Simon Bodenmanns Berater Georges Müller in den letzten Wochen Angebote von ausserhalb des Kantons Zürich sortiert hat. Unter anderem von Lugano, Servette und Ambri. Auch Langnaus Sportchef Pascal Müller, ein Kumpel von Simon Bodenmann, hat sich schon mal erkundigt. Einfach so. Man weiss ja nie.

Georges Müller gehört zu jenen im Geschäft, die es verstehen, die Zeit für sich arbeiten zu lassen. Die zwar zügig, aber ohne Hast ihrer Arbeit nachgehen. Seit die ZSC Lions signalisiert haben, dass sie kein Interesse mehr haben, wartet der smarte Zürcher Rechtsanwalt geduldig. Während sein Klient Tor um Tor erzielt.

Inzwischen ist Simon Bodenmann mit 14 Toren der beste Schweizer Torschütze der ZSC Lions (und der zweitbeste im Team). Mehr noch: In der ganzen Liga haben nur drei Stürmer mit Schweizer Lizenz mehr Tore erzielt (Rappis Tyler Moy, Biels Fabio Hofer und Gottérons Christoph Bertschy). Und offensiver Egoismus oder defensiver Leichtsinn kann Simon Bodenmann wahrlich nicht unterstellt werden. Er weist die beste Plus/Minus-Bilanz aller Schweizer Stürmer der Liga auf.

Dazu kommt, dass die zweite offensive Garde («Secondary Scoring») der ZSC Lions das Tor nicht trifft. Jérôme Bachofner (26) und Justin Sigrist (23) haben es diese Saison bisher zusammen gerade mal auf 4 Treffer gebracht und sind weit hinter den Erwartungen geblieben. Wäre es da nicht unverantwortlich, mit einem Stürmer nicht mehr zu verlängern, der schon 14 Treffer erzielt hat? Eben.

Ein kluger Sportchef hat eine Strategie, von der er nicht aus einer Laune des Tages heraus abweicht. Noch klüger ist ein Sportchef, der dann, wenn es gute Gründe gibt, über den eigenen Schatten springt und eine einmal getroffene Entscheidung noch einmal überdenkt. So ist es bei den ZSC Lions.

Hundertprozentig verlässliche Gewährsleute aus der Organisation der ZSC Lions melden: Noch diese Woche wird Sven Leuenberger das Gespräch in der «Causa Bodenmann» wieder aufnehmen. Es ist also durchaus möglich, dass Simon Bodenmann zeitnah mit den ZSC Lions für mindestens eine weitere, eine sechste Saison verlängern wird. Der bereits verloren geglaubte Sohn kehrt sozusagen zurück, bevor der den Klub verlassen hat – das wäre echte, gelebte Hockey-Romantik.

Der Strategiewechsel (oder Meinungsumschwung) bei den ZSC Lions kommt den Klotener ganz und gar nicht gelegen. Die Chefetage in Kloten glaubt zu wissen, dass Simon Bodenmann bereits ein hochdotiertes Angebot von Lugano und eine schöne Offerte von Servette abgelehnt hat. Wie nun Gewährsleute aus dem innersten Kreis von Kloten erzählen, hat sich Sportchef Larry Mitchell deshalb doch noch Hoffnungen gemacht.

Seine Überlegungen sind richtig: Wenn Simon Bodenmann gute Offerten von ausserhalb des Kantons Zürich ablehnt, dann geht es ihm offensichtlich nicht mehr ums Geld. Dann schon eher darum, den Karriereherbst, der sportlich durchaus ein goldener sein kann, in seiner Heimat, im Grossraum Zürich/Zug zu verbringen. Und dann könnte es gelingen, ihn für weniger als 300'000 Franken Jahreslohn heim nach Kloten zu holen. Auch das wäre gelebte, wahre Hockey-Romantik: Der einstige Kloten-Junior kehrt nach acht Jahren in Bern und Zürich heim nach Kloten.

Aber eben: Die Sportchefs denken, die Hockeygötter lenken. Nun haben die ZSC Lions also ihre Meinung geändert und reden noch einmal mit Simon Bodenmann. Einer, der in Kloten viel zu sagen hat und dessen Meinung zählt, fasst die Situation in einem Satz treffend zusammen: «Ich gehe davon aus, dass Simon Bodenmann seine Karriere im Kanton Zürich fortsetzen wird. Die Chancen, dass er das bei uns tun wird, schätze ich auf 25 Prozent. Zu 75 Prozent gehe ich davon aus, dass er bei den ZSC Lions verlängern wird…»

Affaire à suivre.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
1 / 13
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
HC Davos: 31 Titel, 6 seit 1986; zuletzt Meister: 2015.
quelle: keystone / ennio leanza
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Despacito mit Eishockey-Spielern
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
13 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Darkside
07.02.2023 21:46registriert April 2014
Bitte so machen. Bodi hat's verdient.
222
Melden
Zum Kommentar
13
Ohne Fans kein Spiel – die richtige Antwort der Südkurve an ihre Kritiker
Schneeschaufeln statt Singen. Als im Letzigrund die Spielabsage schon beschlossen ist, retten die Fans des FC Zürich den Nachmittag mit ihrem Einsatz.

Die Spieler werden in den Katakomben über den Abbruch informiert. Nur wenige Minuten standen sie am Sonntagnachmittag auf dem Rasen, den man wegen des vielen Schnees nicht mehr sah, da brach der Schiedsrichter die Partie wieder ab.

Zur Story