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EISMEISTER FOR PRESIDENT.
Ende der Polemik.
Eigentlich ist unser Verband («Swiss Ice Hockey») führungslos. Seit dem Rücktritt von Marc Furrer im letzten Juni ist das Amt des Präsidenten nach wie vor verwaist.
Interimistisch führt Vize Michael «Michu» Rindlisbacher den Verband. Aber der Freund von SCB-General Marc Lüthi betont bei jeder Gelegenheit, dass er das höchste Amt in unserem Hockey nur ausüben mag, bis ein geeigneter Nachfolger gefunden sei. Er präsidiert die sogennante Findungskommission. Es handelt sich dabei um eine verschworene Männerrunde nach dem Vorbild des Konklaves. Also des Gremiums für die Papstwahl.
Eine Besonderheit des Konklaves: Die wahlberechtigten Kardinäle werden, bis sie ihre Wahl getroffen haben, von der Aussenwelt ausgeschlossen. Internet, Telefon, Radio, Fernsehen oder Zeitungen sind nicht erlaubt. Diese strenge Abschottung soll eine äussere Einflussnahme auf die Papstwahl verhindern. Der Begriff Konklave kommt aus dem lateinischen Conclave und bedeutet «Zimmer, verschliessbares Gemach».
Nun ist es natürlich nicht möglich, die Mitglieder der Hockey-Präsidenten-Findungskommission von der Aussenwelt zu isolieren und einzusperren. Anders als die Kardinäle muss ja jeder tagtäglich seinen Geschäften nachgehen.
Die Parallele gibt es aber schon. Tatsächlich besteht das «Hockey-Konklave» aus Hockey-Kardinälen. Die wichtigsten Figuren neben Interimspräsident Michael Rindlisbacher: Verbands-Geschäftsführer Florian Kohler, ZSC-Manager Peter Zahner, Zugs Geschäftsführer Patrick Lengwiler und Langenthals Bürogeneral Gian Kämpf. Diese Kommission sucht einen geeigneten Kandidaten – und der wird dann bei der Vollversammlung ins Amt durchgewunken.
Interessantes Detail: Verbands-Geschäftsführer Florian Kohler darf mitbestimmen, wer sein neuer Chef wird. Es gibt Mitglieder der Findungskommission, die dies als unzumutbar empfinden. Aber es nicht zu sagen wagen.
Wenn nun der Chronist seines Amtes waltet und nachfragt, wo man mit der Suche nach einem neuen Präsidenten stehe, erhält er durchwegs die gleiche Antwort: «Wir haben absolutes Stillschweigen vereinbart. Wir werden kommunizieren, wenn es soweit ist.»
Der grosse Vorsitzende Michael Rindlisbacher bekräftigt: «Ich werde ganz sicher nicht kandidieren. Das ist alles, was es zu sagen gibt.» Es gibt aber sehr viel zu sagen und zu erzählen. Denn wie immer in solchen Fällen – und anders als beim echten Konklave – gibt es einige, die noch so gerne plaudern.
Da offiziell keine Auskunft gegeben wird, gibt es für nachfolgende Ausführungen natürlich auch keine offizielle Bestätigung.
Also: die Suche nach geeigneten Kandidaten sei kläglich gescheitert. Man stehe inzwischen wieder auf Feld eins. Sozusagen Stunde null bei der Hockey-Papstwahl.
Aber wie kann das sein? Es ist doch eine grosse Ehre, der Höchste in unserem Hockey zu sein. Und darüber hinaus gibt es 60'000 Franken Honorar plus 20'000 Franken Pauschalspesen pro Jahr plus die Möglichkeit, weitere Spesen abzurechnen. Das Problem sei, so wird dem Chronisten berichtet, dass die grossen Machiavellisten unter den Hockey-Kardinälen, allen voran Peter Zahner und Florian Kohler, einen schwachen Präsidenten wünschen. Eine Marionette. In der Sache sei es zwischen Zahner und Kohler zu einer «unheiligen Allianz» gekommen. Die Suche nach geeigneten Kandidaten werde zusätzlich durch den «Bären-Bann» eingeschränkt.
«Bären-Bann»? Ja, man habe sich darauf geeinigt, der Nachfolger von Marc Furrer dürfe kein Berner sein. Weil es im Verband schon zu viele Berner in führenden Positionen gebe. Wo man ein Verbandsbüro öffne sitze heute schon ein Bär drin.
Das mag zwar stimmen. Aber der Verband braucht in allererster Linie einen politisch sehr gut vernetzten Präsidenten. Und die Berner sind nun mal politisch besser vernetzt als die Zürcher, Basler oder Zuger, die alle weitab von den wahren politischen Machtzentren Helvetiens sitzen.
Um dem «Bären-Bann» gerecht zu werden, sind mit grosser Ernsthaftigkeit kuriose Vorschläge gemacht worden. So sollte – kein Witz! – der gescheiterte Einzelrichter Victor Stancescu zum Präsidentschaftskandidaten gekürt werden. Er ist halt Zürcher und kein Berner. Und er hätte, so wird berichtet, Peter Zahner gar gut ins Konzept gepasst – weil Zahner den Stancescu schon als Einzelrichter gut im Griff gehabt habe. Mit Mühe und Not sei es schliesslich gelungen, diesen Unsinn zu verhindern. Andererseits hat das Funktionärs-Schlachtross und Verbandsehrenmitglied Andreas Münch abgesagt. Er hat dem Chronisten bestätigt, dass er nicht Präsident werden mag.
Wegen des «Bären-Bannes» seien verschiedene Kandidaten wie Hans-Jörg Käser, Simon Schenk oder Matthias Aebischer verworfen worden. Der Berner Regierungsrat Hans-Jörg Käser war einst Präsident des SC Langenthal und wäre sicherlich bestens fürs Amt geeignet. Simon Schenk hätte als Hockey-Kultfigur und langjähriger Nationalrat auch gute Figur gemacht. Und Matthias Aebischer hätte unserem Hockeyverband gutgetan. Der telegene Berner SP-Nationalrat ist sportpolitisch gut vernetzt und hätte auch als Linker im eher bürgerlichen Hockey keine Mühe gehabt. Auf die Idee, einen ehemaligen Präsidenten des EV Zug zu fragen, ist hingegen noch keiner gekommen.
Die Vorgabe, im Januar einen Kandidaten zu präsentieren, wird die Findungskommission also offenbar nicht einhalten können. Es bleibt aber noch mehr als genug Zeit. Erst spätestens bei der ordentlichen Versammlung im August soll die Wahl des neuen Präsidenten erfolgen.
Ein Problem ist die vorläufige Ratlosigkeit sowieso nicht. Einst musste der Verbandspräsident die Finanzierung des Verbandes organisieren und ins Tagesgeschäft eingreifen. Das ist nicht mehr nötig. Die einzelnen Abteilungen des Verbandes – Meisterschaft, Schiedsrichter, Liga, Nationalmannschaften – funktionieren, da meist von Bernern geführt, sehr gut. Ja, einzelne Chefs wie Nationalmannschafts-Direktor Raeto Raffainer sind gar im Amt gewachsen und übertreffen alle Erwartungen. Wünschenswert sei, so wird dem Chronisten erzählt, eine bessere Kontrolle des tüchtigen Verbandsgenerals Florian Kohler. Er neige zur, na ja, Selbstüberschätzung.
Es gibt noch eine interessante Theorie, die aus der Mitte der Findungskommission dem Chronisten übermittelt worden ist: Michael Rindlisbacher betone immer und immer wieder, er wolle nicht Präsident werden. Aber das sei möglicherweise schlaue Wahltaktik. Am Ende werde, weil der perfekte Kandidat nicht gefunden werde, Michael Rindlisbacher in Gottes Namen halt von Interimspräsident zum grossen Vorsitzenden befördert. Sein Opportunismus mache ihn zum idealen Präsidenten. Da er schon im «Verbands-Bärengraben» drin sei, treffe ihn der «Bären-Bann» nicht.
«Michu» for President? Warum nicht?
P.S. Wer einen Kandidaten vorschlagen möchte, soll sich bitte trotzdem an Michael Rindlisbacher wenden.