Ende der 1990er Jahre kehrt die zweitklassige Hockey-Nation Schweiz am grünen Tisch in die A-WM zurück: Als Gastgeber der WM 1998 in Zürich und Basel sind wir automatisch qualifiziert. Im Herbst übernimmt der deutsch-kanadische Doppelbürger Ralph Krueger als Nachfolger von Simon Schenk unsere Nationalmannschaft.
Auf Anhieb erreicht er auf wundersame Art und Weise mit nur zwei Siegen (gegen Russland und Frankreich) und einem Remis (gegen die Slowakei) bei der Heim-WM das Halbfinale (Niederlagen gegen Schweden und um Bronze gegen Tschechien).
Die Schweiz beendet diese WM auf dem 4. Platz. Ein Hockey-Wunder. Aber bereits ein Jahr später, 1999 in Norwegen, reicht es nur noch zum 8. Schlussrang. Ralph Krueger ist ein junger, charismatischer Hockeytrainer wie viele andere auch. Noch nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Alles ändert sich bei der WM 2000 in St.Petersburg. Dort erst entsteht der «Mythos Krueger», der Ralph Krueger zum charismatischsten Schweizer Nationaltrainer aller Zeiten, zum Bestsellerautor («Teamlife – über Niederlagen zum Erfolg») macht. Ralph Krueger ist der erste Sporttrainer, der konsequent die neuen Kommunikationsmittel des 21. Jahrhunderts nützt.
Die WM beginnt mit einem 3:3 gegen die USA recht verheissungsvoll. Aber nach einem blamablen 2:4 gegen Frankreich droht der Schweiz der Sturz in die Relegationsrunde – die Niederlage ist eine grosse Schmach. Nur noch mit einem Sieg gegen Gastgeber Russland ist es im letzten Gruppenspiel möglich, der Abstiegsrunde zu entgehen. Dies scheint absolut unmöglich.
Die Russen haben die nominell beste Mannschaft seit dem Untergang der Sowjetunion zusammengestellt und ein Erfolg an dieser Heim-WM ist heilige vaterländische Pflicht. Selbst die der Polemik abholde, noble NZZ schreibt in ihrer Vorschau auf dieses Spiel, eher kehre der Zar an die Macht zurück als dass die Schweiz Russland besiegen werde.
In der Nacht vor dem Spiel schickte Krueger den Spielern eine SMS: «Glaube an das Unmögliche und das Unmögliche wird möglich.» Er elektrisiert die Spieler. Denn es ist eine Zeit, da noch nicht alle paar Minuten SMS oder WhatsApp-Meldungen oder Push-Nachrichten eintrudeln. Es ist eine neue Kommunikationstechnik.
Krueger trifft den Nerv der Zeit und der neuen Generation. Heute würde diese SMS-Motivation mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr wirken.
Die Schweizer besiegen am 3. Mai 2000 im ausverkauften Ice Palace (12'500 Fans) Russland 3:2 (1:1, 2:1, 0:0) und schicken die Russen in die grösste WM-Pleite ihrer Geschichte (11. Platz). Reto Pavoni – er steht für Martin Gerber im Tor – spielt die Partie seines Lebens. «Ich liebe jeden Spieler und jeden im Staff. Was wir heute getan haben, werde ich mein Leben lang nicht vergessen», sagt Krueger nach der Partie. «Wir bauen auf Charakter, auf Herz, auf positives Denken. Und das zahlt sich aus!» Bundespräsident Adolf Ogi schreibt Ralph Krueger daraufhin eine SMS und gratuliert.
Im Viertelfinal gegen Kanada braucht's einen neuen Motivationstrick. Der Trainer versucht's mit einem mit guter Musik unterlegten Video. Es scheint lange aufzugehen. Die Schweiz führt gegen Kanada bis ins Schlussdrittel ehe wir 3:5 verlieren. Wir erreichen den 6. Schlussrang.
Nun ist allen klar: Die Schweiz gehört wieder zu den Grossen. Zum ersten Mal wird der Gewinn einer WM-Medaille ein Thema. Die Euphorie ist so gross, dass Verbandspräsident Werner Kohler Ralph Krueger durch einen von den Zeitgenossen als wahnwitzig bezeichneten Vertrag bis 2006 unentlassbar macht. Dank diesem Vertrag übersteht der Nationaltrainer die Depressionen der WM-Turniere von 2001 (9.), 2002 (10.) und 2003 (8.). Er legt den Grundstein für eine Kontinuität und Entwicklung, die 2013 im WM-Finale von Stockholm gipfeln wird.
Der grösste Wandel fand in den Köpfen statt.
Schon die Jungen glauben an ihre Chancen und versuchen ihr Glück in Der NHL.
Wenn du nicht an den Erfolg glaubst, hast du schon verloren. Man sah man auch in den PO dieses Jahr, was möglich wird.
Fischi hat dieses Denken übernommen. Anfangs schien, er leide an Grössenwahn.
Aber wer Grosses erreichen will, muss Gross denken.
Weiter so Fischi.