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Steigt Langenthal freiwillig ab? Frauen-Hockey verliert seine Unschuld

Enttaeuschte Gesichter bei den Langenthalern nach der 2:0 Niederlage, im Eishockey-Qualifikationsspiel der PostFinance Women`s League zwischen den HC Davos Ladies und den SC Langenthal Damen, am Sonnt ...
Die Frauen des SC Langenthal überlegen sich den freiwilligen Abstieg.Bild: keystone
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Steigt Langenthal freiwillig ab? Wie das Frauenhockey seine Unschuld verloren hat

Eklat in der Women’s League. Langenthal wird die Liga-Qualifikation gegen Zug in keinem Fall bestreiten und entscheidet am Montag über einen freiwilligen Abstieg aus der höchsten Frauen-Liga. Präsident Walter Ryser hat den Verband schriftlich informiert und spricht von unhaltbaren Zuständen.
15.03.2024, 14:5815.03.2024, 16:08
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Langenthal kann am Sonntag mit einem Sieg gegen Lugano den Ligaerhalt schaffen. Möglicherweise sogar «gratis». Es kann nämlich sein, dass Lugano erneut nicht mehr genügend Spielerinnen zusammenbringt und Forfait geben muss. Aber selbst dann ist nicht sicher, ob Langenthal nächste Saison wieder in der höchsten Frauenliga dabei sein wird. Präsident Walter Ryser spricht Klartext: «Wir werden am Montag über einen freiwilligen Abstieg entscheiden.» Im freiwilligen Absteigen ist die Organisation SC Langenthal ja bereits geübt.

Der Präsident führt aus, warum – falls erforderlich – auf die Liga-Qualifikation in jedem Fall verzichtet und dadurch der Abstieg in Kauf genommen wird. «Das Ganze ist eine Farce. Wir treten doch nicht für zweistellige Niederlagen gegen Zug an. Da sparen wir uns die Kosten für Eismiete, Schiedsrichter und Teambus.»

Die EVZ-Frauen mit Lara Stalder haben die zweite Liga dominiert.

Zug ist diese Saison mit einem fast vollständig zusammengekauften Team in die zweithöchste Liga eingestiegen (der Verband erlaubte den Direkteinstieg in die höchste Liga nicht) und hat in geradezu grotesker Weise dominiert: 18 Siege in 18 Partien und einem Torverhältnis von 317:7 in der Qualifikation. In den Playoffs im Viertelfinal mit 27:1 und 17:0 gegen Lyss, im Halbfinal 19:0 und 16:1 (nach einem 0:1-Rückstand) gegen Brandis (Best of 3) und im Final (Best of 5) 10:0, 17:0 und 22:0 gegen Bassersdorf.

Topskorerin Lara Stalder hat in 17 Partien 63 Tore und 66 Assists beigesteuert und in den Playoffs mit 56 Punkten aus 7 Spielen nachgelegt. Die Frauen-Meisterschaft in den beiden höchsten Ligen ist offenbar aus dem Gleichgewicht geraten: Vier Spielerinnen aus Zug – also aus der zweithöchsten Liga – stehen im WM-Team.

Da wird verständlich, warum die Langenthalerinnen nicht zu einer Liga-Qualifikation antreten werden. Klagen sind zudem laut geworden, dass die Zugerinnen offenbar dazu neigen, jedes Tor provokativ und ausgiebig zu bejubeln. Was von den tapferen gegnerischen Spielerinnen als Provokation und Unsportlichkeit empfunden werde. Ob das so ist, lässt sich anhand von unabhängigen TV-Bilder nicht verifizieren. Es sind einfach Erzählungen aus dem Hockey-Volk.

Bei der Women’s League ist offenbar viel Glanz nur Trompetengold. Walter Ryser sagt, das gutgemeinte Projekt der Women’s League sei überhastet und unüberlegt umgesetzt worden. «Es ist erfreulich, dass Frauenhockey immer populärer wird.» Aber der Verband habe ohne die Auswirkungen zu bedenken die höchste Liga von sieben auf acht Teams vergrössert. Die Folgen seien fatal. «Es gibt zu wenig Spielerinnen.»

Durch den Einstieg von Klubs wie Bern, Davos oder Zug spiele nun das Geld eine Rolle. «Der Personalmangel ist so gross, dass selbst mittelmässige Spielerinnen mit Angeboten geködert werden, die höher sind als das, was wir bei unserer Mannschaft in der MyHockey League bieten können.» Das Frauenhockey hat durch den Boom seine Unschuld verloren.

Walter Ryser legt dar, dass eigentlich auch die Rahmenbedingungen unhaltbar seien: «Die Frauen sind alle berufstätig. Da so viele Doppelrunden am Wochenende ausgetragen werden, haben sie kaum mehr Freizeit. Bei zwei oder drei Trainings und so vielen Spielen am Wochenende ist die Belastung grösser als in der MyHockey League. Wenn Spiele auch unter der Woche angesetzt würden, wäre das eine grosse Entlastung.»

Die enorme Belastung spiele bei den Überlegungen eines freiwilligen Abstieges eine Rolle: «Wir fördern in unserer Organisation weiterhin intensiv das Frauenhockey. Wir haben bereits auf Stufe U9 ein Mädchenteam. Damit wir den Mädchen in unserer Nachwuchsabteilung eine Perspektive bieten können, werden wir uns auch nächste Saison an der Meisterschaft beteiligen. Die Frage ist, in welcher Liga. Viele unserer Spielerinnen haben sich diese Saison weiterentwickelt. Aber reicht das, um nächste Saison wirklich besser zu sein? Wir riskieren, wenn wir in der Women’s League bleiben, eine Saison mit lauter Niederlagen. Deshalb erwägen wir den freiwilligen Abstieg.»

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55 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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jrm
15.03.2024 16:14registriert Februar 2022
Falls jemand den Kuznetsov Vogel-Jubel kennt (auch schon in der NL zum Teil von Bromé gesehen):

Habe auf Instagram ein Video gesehen, wie Lara Stalder den Jubel auspackt, als sie im letzten Finalspiel zum 17-0 traf.

Gute Entscheidung von Langenthal.
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Liebu
15.03.2024 16:45registriert Oktober 2020
Ironischerweise ist es jetzt so, dass Clubs die aus Idealismus das Fraueneishockey unterstützten, jetzt Mühe, wo grosse Clubs ihr Ansehen mit dem Kauf, Integration von Frauenteams aufpolieren wollen.
Jahrelang hat es sie nicht interessiert.

Das sportliche muss man akzeptieren, aber Ideologie, etwas nachhaltig aufbauen, sieht anders aus. Das gilt auch für Davos und Bern.
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Atavar
15.03.2024 16:04registriert März 2020
"«Das Ganze ist eine Farce. Wir treten doch nicht für zweistellige Niederlagen gegen Zug an. Da sparen wir uns die Kosten für Eismiete, Schiedsrichter und Teambus.»"

Kollegin von mir spielt in der Frauen-NLB.
Die Spiele gegen Zug gingen alle zweistellig verloren, wobei die EVZ-Ladies auch noch sämtlichen Sportsgeist vermissen lassen:
- provokativ vor der gegnerischen Bank jubeln
- Torfrauen bei >10 Toren Vorsprung umfahren
- bei jeder Berührung zu den Schiris rennen

Jup, der Verbandsentscheid mit der NLB ist ein Witz. Die Quali ebenso. Verstehe da Langenthal absolut.
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Sie ist fünffache Weltmeisterin im Ironman und hält den Weltrekord. Ende Jahr tritt die Triathletin Daniela Ryf zurück. Hier blickt die bald 37-Jährige zurück auf ihre Karriere, Erfolge, Fehler - und spricht über den Weg zu sich selbst.

«Es ist Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Stolz kann ich sagen, dass ich alles erreicht habe, wovon ich je geträumt habe», sagt Daniela Ryf, als sie ihren Rücktritt auf Ende Jahr ankündigt. Zwei Jahrzehnte Ausdauersport haben Spuren hinterlassen, die Verletzungen haben sich zuletzt gehäuft. Derzeit muss Ryf wegen einer Verletzung am Steissbein pausieren. «Dafür habe ich endlich Zeit, meinen Garten zu pflegen», sagt Ryf mit einem Lächeln. Und Zeit, um in ihrer Heimat Solothurn über ihre Karriere zu sprechen und darüber, wie es war, sich erstmals in eine Frau zu verlieben.

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