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Ehm Klausi, in diesem Bericht geht es ausnahmsweise einmal nicht um die Tigers!
Die Wirklichkeit übertrifft immer wieder jede Fiktion. Ortstermin Mittwoch, 19. September, in einem Hinterzimmer des Hotels «Bären» zu Langenthal.
Stephan Anliker, der «doppelte Präsident» in der Rolle als Hockey-Vorsitzender, und sein Geschäftsführer Gian Kämpf erklären gerade ihre Ohnmacht. Eigentlich hätte die «Arena Oberaargau AG» die Federführung und Planungshoheit für den Bau eines neuen Hockey-Stadions übernehmen sollen. So war es beschlossen und verkündet worden. Eine Realisierung wäre in etwa fünf Jahren möglich gewesen.
Soeben hat die Stadtregierung erklärt, dass sie es doch lieber selber macht und hat der «Arena Oberaargau AG» den «Lead» in dieser Sache wieder entzogen. Nun wird eine Realisierung der Stadion-Pläne mindestens zehn Jahre dauern. Oder noch besser: Es wird in Langenthal kein neues Stadion geben.
So deutlich sagt das natürlich niemand. Es wird bloss geklagt, dass die Politik in Langenthal stillstehe, dass SP-Stadtpräsident Reto Müller eine lahme Ente sei, von den bürgerlichen in seiner Regierungstätigkeit blockiert. Nichts gehe mehr in Langenthal.
Aber zu einer klaren Aussage ist Stephan Anliker dann doch nicht bereit. Er fabuliert ein wenig davon, dass man nicht gegen die Stadt sei und nun andere Optionen prüfen werde. Wieder einmal bewegt sich auch von seiner Seite ... nichts.
Um das neue Stadion für den #SCLangenthal wird es eng. Nachdem die Stadt die den Verein "Arena Oberaargau AG" wieder von der Verantwortung entmachtet hat, muss die Stadt nun selbst liefern! Doch die Uhr tickt. pic.twitter.com/5u0McWzEli
— ZweiteLigaOrg (@ZweiteLigaOrg) 19. September 2018
Er offenbart die gleiche Schwäche, die ihn schon bei der Führung des Fussballklubs GC (dem er auch als Präsident vorsteht) so viel Nerven und Zeit kostet: der so innovative und erfolgreiche Unternehmer kann sich im Sport nicht von alten Strukturen, Seilschaften und Rücksichtnahmen lösen. Nun steckt er nicht nur in Zürich mit GC, sondern auch noch in seiner Heimatstadt in der Stadionfalle.
Der SC Langenthal ist inzwischen das Opfer seines eigenen Erfolges geworden. Stephan Anliker und Gian Kämpf haben zusammen mit den Kernaktionären und Sponsoren aus einem Amateurklub ein Hockey-Vorzeigeunternehmen gemacht.
In den letzten sechs Jahren haben die Langenthaler zweimal die Meisterschaft der zweithöchsten Liga gewonnen. Sie sind zum besten Ausbildungsklub des Landes (also zur besten Nachwuchsorganisation) gekürt worden. Zwei eigene Junioren haben inzwischen gar NHL-Verträge (Sven Bärtschi und Yannick Rathgeb). Nur im eigenen Städtchen gilt der SCL wenig. Hier haben sich die Lokalpolitiker längst daran gewohnt, dass man nichts machen muss, dass es beim SCL schon irgendwie weiter geht.
Es wird in Langenthal so mit Profihockey nicht weiter gehen. Bis in zwei Jahren wird der SC Langenthal das einzige Hockeyunternehmen in den obersten zwei Ligen ohne neues oder renoviertes Stadion sein.
Der Ausbau des alten, hölzernen «Schoren-Tempels» zu einer modernen Hockey-Arena ist politisch nicht mehr machbar, weil die Besitzer des Terrains den Baurechtsvertrag nicht mehr verlängern wollen. Ein Ausbau wäre sowieso nicht finanzierbar. Und bevor in Langenthal unter den nun neu gegebenen Voraussetzungen eine neue Arena steht, ist Jesus Christus wieder auf die Erde zurückgekehrt und GC spielt als Sieger der Champions League in Zürich in einem neuen Stadion.
Der SCL braucht jetzt den grossen, den mutigen, den revolutionären Schritt. Noch sind alle gefangen in ihren alten Strukturen und Denkschemen. Stephan Anliker und Gian Kämpf sträuben sich an diesem Mittwochnachmittag im «Bären» sichtlich gegen den Gedanken, ihr Hockey-Unternehmen an einem anderen Ort als in Langenthal zu stationieren. Dabei liegt die Lösung auf der Hand. Die revolutionäre, die grosse, die oberaargauische Lösung. Ein Umzug ins ehemalige Nationale Sportzentrum Huttwil (heute Campus Perspektiven). Bereits jetzt betreibt der SCL dort einen Teil seiner Nachwuchsorganisation und sein Frauenteam.
In Huttwil ist alles schon da: ein Stadion, das mit ein paar Handgriffen auf guten NLB-Stand gebracht werden kann, die Möglichkeiten zum Betreiben eines zweiten oder dritten Eisfeldes, die Räumlichkeiten für einen Hockey-Profibetrieb, genügend Parkplätze und die Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Jede halbe Stunde führt die Eisenbahn von Langenthal nach Huttwil.
Die «Arena Oberaargau AG» kann sich nach dem Scheitern des Projektes im Hard der Lösung Huttwil annehmen. Warum nicht diese Anlage kaufen? Das kostet erstens in Quadrat weniger Geld und Nerven als die Planung eines Stadion-Luftschlosses in Langenthal. Es braucht zweitens keine neuen Bewilligungsverfahren und wenn die Idee zügig aber ohne Hast verfolgt wird, hat der SCL in zwei Jahren alle Infrastrukturprobleme auf Jahre gelöst.
Der SCL nicht mehr in Langenthal? Dagegen laufen die im Gestern verhafteten Traditionalisten natürlich Sturm. Unmöglich! Da kommen keine Zuschauer mehr! Da steigen die Sponsoren aus! Da verliert der SCL seine Seele! Altgediente Chronisten monieren, der SCL könne nur in Langenthal existieren. Das ist alles – excusez l’expression – barer Unsinn.
Trägt die Aktiengesellschaft, die das Stadion im Hard bauen wollte nicht bereits die Bezeichnung «Oberaargau» in ihrem Namen? Richtig, so heisst sie. Es geht also um ein Projekt für eine ganze Region. Die SCL Tigers, der EHC Biel, der SCB oder der EHC Olten sind nicht an einem anderen Standort denkbar. Sie sind an ihrem Standort tief verwurzelt. Das zeigt sich schon daran, dass die Politik für neue Stadien gesorgt hat – in Langnau, einem Ort mit viel weniger Wirtschaftskraft als Langenthal, haben die Stimmbürger gar mit einer DDR-Mehrheit von über 70 Prozent 15 Millionen Franken für die Stadionrenovation gutgeheissen. Was, auf die Steuerkraft übertragen, in Langenthal einer Investition von mehr als 30 Millionen entsprechen würde.
Das ist im Zusammenhang mit Langenthal bemerkenswert. Denn Langnau ist SVP-Herzland und Bernhard Antener («der rote Bernhard») war der erste SP-Gemeindepräsident der Geschichte in einer durch und durch bürgerlichen politischen Kultur. Und trotzdem hat er es geschafft, die Stadion-Renovierung durchzubringen. Durch kluges Taktieren, Begeisterungsfähigkeit und den Mut, sich für eine Sache zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen. Ohne Boshaftigkeit dürfen wir sagen: im Vergleich zu Bernhard Antener ist Langenthals Regierungschef Reto Müller halt nur eine Karikatur eines modernen politischen Karrieristen.
Item, wir wollen sowieso nicht polemisieren. Es ist, wie es ist: Eine mit Bern, Langnau, Olten oder Biel vergleichbare Verwurzelung gibt es für den SC Langenthal nicht und hat es nie gegeben. Was sich ja auch in der neusten Folge der «Stadion-Lindenstrasse» zeigt. Die Zuschauerzahlen sind seit jeher bescheiden. 2227 kamen letzte Saison im Schnitt. Wir sehen daraus: ein Hockeyunternehmen wie der SC Langenthal ist nicht mehr von einem Standort abhängig. Wie wir es drehen und wenden: Huttwil ist die letzte und einzige Chance für den SC Langenthal. In Langenthal hat Stephan Anliker mit dem Hockeyclub wenigstens eine Chance, der Stadionfalle zu entkommen. In Zürich mit GC nicht.