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Reto Berra ist die riskanteste Torhüterwahl dieses Jahrhunderts

Reto Berra (l.) steht im Tor. Leonardo Genoni (r.) muss trotz besten Werten das Törchen auf und zu machen. 
Reto Berra (l.) steht im Tor. Leonardo Genoni (r.) muss trotz besten Werten das Törchen auf und zu machen. Bild: EQ Images
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Reto Berra ist die riskanteste Torhüterwahl dieses Jahrhunderts

Nationaltrainer Glen Hanlon stellt gegen die USA Reto Berra (28) ins Tor. Blinder NHL-Glaube oder das feine Gespür eines grossen Bandengenerals? Auf jeden Fall ganz schön mutig. 
14.05.2015, 10:53
Klaus Zaugg, ostrava
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Die Hockeygötter haben ihre Meinung geändert. Reto Berra bekommt 2015 in Prag nun doch eine Heldenrolle. Er spielt im Viertelfinale gegen die USA. Die riskanteste Torhüterwahl dieses Jahrhunderts. 

Die Statistik sagt: Leonardo Genoni (27) muss gegen die USA spielen. Er ist nach drei Einsätzen (gegen Frankreich, Deutschland und Schweden) mit einer Fangquote von 95,52 Prozent die Nummer 1 der gesamten WM. Reto Berra hat nach vier Partien (Österreich, Lettland, Kanada, Tschechien) lediglich eine Abwehrquote von 87,60 Prozent. Er ist die Nummer 18 der WM-Statistik. 

Statistik hin oder her: Gegen die USA spielt Reto Berra. 

Reto Berra: Auf seinen Schultern lastet viel Verantwortung.
Reto Berra: Auf seinen Schultern lastet viel Verantwortung.Bild: DAVID W CERNY/REUTERS

Mit Leonardo Genoni hat die Schweiz zweimal gewonnen (3:1 Frankreich, 1:0 Deutschland) und einen Punkt gegen Schweden geholt. Mit Reto Berra haben die Schweizer alle Partien verloren.  

Siege hin oder her: Gegen die USA spielt Reto Berra. 

Leonardo Genoni hat die beste Saison seiner Karriere gespielt und mit dem HCD die Meisterschaft gewonnen. Reto Berra hat bei Colorado in der NHL erst in den letzten fünf Saisonpartien wieder sein bestes Hockey gespielt, keinen Titel geholt und war bei Colorado nie die Nummer 1, aber manchmal nur die Nummer 3. 

Beste Saison und Titel hin oder her – gegen die USA spielt Reto Berra. 

Da nützt auch der Meistertitel nichts für Leonardo Genoni.
Da nützt auch der Meistertitel nichts für Leonardo Genoni.Bild: KEYSTONE

Diese fünf Gründe sprechen für Berra

Warum nominiert Nationaltrainer Glen Hanlon gegen alle vernünftigen Argumente für das alles entscheidende Spiel Reto Berra? 

  • Da ist der blinde NHL-Glaube der Kanadier. Wenn es um alles geht, dann bekommt ein NHL-Profi immer vor einem NLA-Spieler eine Chance. 
  • Da ist das letzte Gruppenspiel gegen Tschechien (1:2 n.P.). Zum ersten Mal hat Reto Berra in dieser Partie in Prag sein bestes Hockey gespielt. Also ist er doch in Form. 
  • Da ist die Erinnerung an das WM-Halbfinale von 2013. Reto Berra hexte damals beim 3:0 gegen die USA die Schweizer ins WM-Finale. 
  • Da ist der nordamerikanische Gegner. Reto Berra hat nach zwei Jahren in der NHL und in den Farmteams mehr Erfahrung gegen nordamerikanische Spieler als Leonardo Genoni. 
  • Da ist die Nervenstärke von Reto Berra. Er hat schon extremste Extremsituationen gemeistert. Unvergessen bleibt, wie Arno Del Curto für das entscheidende Auswärtsspiel im Playoffinale 2009 in Kloten im letzten Moment Leonardo Genoni auf die Bank setzte und Reto Berra ins Tor stellte. Der HCD gewann 2:1 und holte den Titel.  
Hext Reto Berra uns in den Halbfinal wie 2013 in den Final?
Hext Reto Berra uns in den Halbfinal wie 2013 in den Final?Bild: DAVID W CERNY/REUTERS

Die Hintertür für billige Ausreden ist zu

Es gibt also gute Gründe für die Nomination von Reto Berra gegen die USA. Trotzdem: Die klassische Lösung Leonardo Genoni hätte Nationaltrainer Glen Hanlon die Hintertüren der billigen Ausreden offen gelassen. Niemand hätte ihn kritisiert, wenn er den statistisch klar besten WM-Torhüter nominiert hätte. Und erst noch den Goalie, mit dem die Schweizer ihre einzigen zwei Siege in den Gruppenspielen erreicht hatten.  

Glen Hanlon hat sich die Hintertüre für billige Ausreden selbst verschlossen.
Glen Hanlon hat sich die Hintertüre für billige Ausreden selbst verschlossen.Bild: EPA/KEYSTONE

So gesehen ist die Nomination von Reto Berra die riskanteste Torhüterwahl seit Ralph Krueger bei der WM 1998 für die alles entscheidende Partie gegen Russland auf Reto Pavoni verzichtet und alles auf die Karte des 20-jährigen WM-Neulings David Aebischer gesetzt hat. Die Schweiz besiegte dank David Aebischer zum ersten Mal an einer WM die Russen (4:2) und rückte schliesslich ins Halbfinale vor. Ralph Krueger hatte das feine Gespür für die richtige Goaliewahl. 

Der Karriereabschnitt Hanlons auf ein Spiel reduziert

Gewinnen die Schweizer das WM-Viertelfinale gegen die USA (Donnerstag, 15.15 Uhr im Liveticker), dann ist Glen Hanlon ein Held und fortan gilt er als grosser Bandengeneral mit einem feinen Gespür für die richtige Goalie-Wahl.  

Verlieren die Schweizer diese Partie mit einer durchschnittlichen Leistung von Reto Berra, dann kehrt Glen Hanlon nicht als neuer Ralph Krueger oder Sean Simpson aus Prag zurück. Sondern als Eishockeyantwort auf den braven Soldaten Schwejk. Ein ganzer Karriereabschnitt, ja manchmal eine ganze Karriere reduziert auf ein einziges Spiel. So unfair kann der Sport sein. Aber wie sagte schon der Dichterfürst Friedrich Schiller: «Wer nichts wagt, der darf nichts hoffen.»

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