Ein Tag so wunderschön wie heute: Nationaltrainer Patrick Fischer bringt es nach dem 3:0 genau so auf den Punkt: «Es war ein schöner Tag.» Wahrlich, das war es.
Den Schweizern gelingt das perfekte Spiel mit und ohne Scheibe. Mit einer Balance zwischen Disziplin und Kreativität, zwischen Konzentration und Lockerheit, die im unberechenbaren Hockey selten zu sehen ist. Die Amerikaner (nur ein Spieler in ihrem Kader ist nicht NHL-Profi) sind von der ersten bis zur letzten Sekunde chancenlos und verlieren 0:3.
Die Schweizer haben unter Patrick Fischer im Rahmen einer WM schon viele grosse Siege gefeiert. 2022 war die Schweiz mit sieben Siegen sogar das punktbeste Team der Gruppenspiele. Aber nach einem 0:3 gegen die USA war im Viertelfinal Endstation. «Vorrunden-Weltmeister» zu sein, bedeutet also noch nicht viel. Eine Wahrheit aus den Gruppenspielen erweist sich sehr oft im Viertelfinal als Irrtum.
In Herning haben die Schweizer nach einem «wilden» Spektakel gegen Weltmeister Tschechien (4:5 n. V.) ihr Spiel beruhigt, gegen Dänemark (5:2) solide die Pflicht erfüllt und nun gegen die USA den perfekten Mix aus spielerischer Magie und defensiver Maloche gefunden. Noch nie hatten wir unter Patrick Fischer bei einer WM einen der Titanen des Welteishockeys so im Griff. Noch nie hatte einer der Grossen von der ersten bis zur letzten Sekunde keine Chance.
Das Spektakuläre am Sieg gegen die USA ist die unspektakuläre Art und Weise. Will heissen: Spektakulär das Resultat, unspektakulär das Spiel. Es war kein Drama. Also kein Spektakel. Es war eine nüchterne taktische und spielerische Machtdemonstration. Beeindruckend, aber für den Liebhaber guter Unterhaltung eher langweilig. Mit Eis-Schach ist der Gegner Zug um Zug matt gesetzt worden. Leonardo Genoni brauchte nicht «auf dem Kopf» zu stehen und er musste keine «Jahrhundert-Paraden» zeigen. Seine Vordermänner hatten alles im Griff.
Eigentlich ist es eine Ungeheuerlichkeit sondergleichen. Aber es ist, wie es ist: Leonardo Genoni stoppt in einem WM-Spiel gegen die USA (!) jeden Puck. Trotzdem ist die Frage nach wie vor nicht beantwortet, ob er nach wie vor der wahre, der «silberne» Leonardo Genoni von 2018 und 2024 ist.
Noch bleiben die Partien gegen Deutschland, Norwegen, Ungarn und Kasachstan, um über die Goalie-Frage zu debattieren. Aber ein ganz grosser Tauglichkeits-Test ist für Stéphane Charlin (24) gegen diese Gegner eigentlich nur noch bedingt möglich. Vielleicht könnte er ja – wenn er denn zum Zuge kommt – mit einem «Shutout» gegen Deutschland die Debatte noch ein wenig befeuern.
Patrick Fischer wird sich bei der Nomination des Torhüters für den Viertelfinal auf seine Intuition verlassen müssen. Die Statistik wird ihm keine definitive Antwort geben können.
Sein gutes Gespür für Auf- und Umstellungen hat Patrick Fischer beim 3:0 gegen die USA bewiesen: Durch den Einbau von Kevin Fiala in die Mannschaft hat er alle vier Linien umgestellt – und das Spiel funktionierte trotzdem vorwärts und in der Defensive wie ein Uhrwerk. Auch das ein sehr gutes Zeichen.
Auf die Tribüne musste Grégory Hofmann und nicht Andres Ambühl. Wann war ein Schweizer Nationaltrainer je dazu in der Lage, während einer WM auf einen Stürmer wie Grégory Hofmann verzichten zu können? Der Boshafte sagt: Grégory Hofmann ist der Verlierer dieser WM und nur sein grosser Name hat ihm das WM-Ticket gesichert. Der Nette hingegen freut sich: Ach, sind wir gut, dass wir sogar auf einen wie Grégory Hofmann verzichten können!
Patrick Fischer steht für die restlichen vier Partien vor einer neuen Herausforderung: Es geht nicht mehr darum, die Viertelfinals zu sichern. Die können die Schweizer nicht mehr verpassen. Es geht vielmehr darum, die Form zu konservieren, mit Finetuning ein eigentlich schon perfektes Spiel zu perfektionieren und dabei die taktischen Zügel ein wenig – aber nicht zu sehr – zu lockern. Gut, dass der nächste Gegner Deutschland heisst. Da werden vor dem Viertelfinal doch noch einmal richtig Emotionen aufkommen.
Bilanz nach drei Partien: Wer Vorrundenpartien spektakulär gewinnt, ist nur bedingt ein Halbfinal- oder Finalanwärter. Wer Vorrundenspiele «unspektakulär spektakulär» gewinnt – wie die Schweiz soeben gegen die USA –, kann es hingegen sehr, sehr weit bringen. Von Herning bis nach Stockholm.
Da kommt noch Deutschland.