Wer weit genug zurückschaut, findet in den Annalen der Champions League tatsächlich auch ein statistisches Argument für Bayern München. Vor elf Jahren war es schon mal einem Team gelungen, einen Drei-Tore-Rückstand aufzuholen. La Coruña hiess die Mannschaft und der Gegner hatte einen klingenden Namen: AC Milan, der Titelverteidiger. 4:0 siegten die Spanier im Rückspiel, nachdem sie in Mailand 1:4 verloren hatten.
An eine Wende glaubt bei den Bayern trotzdem keiner so richtig. Nach dem Gewinn der Meisterschaft und dem Ausscheiden im Cup-Halbfinal läuft seit dem 0:3 in Barcelona die Zeit der Analysen. Und die führt über Trainer Pep Guardiola. Auch in der zweiten Saison bleibt er hinter der Vorgabe von Vorgänger Jupp Heynckes zurück. Das düngt den Boden, auf dem die Gerüchte zu einem vorzeitigen Abgang des Spaniers gedeihen. Wahlweise soll Guardiola in Manchester (City) einen (Vor-)Vertrag unterschrieben oder sich mündlich geeinigt haben oder in fortgeschrittenen Verhandlungen stehen.
Am Sonntag verbreitete die italienische Nachrichtenagentur ANSA einen Bericht der Londoner «Sunday Times», wonach die AC Milan ihren Relaunch mit Guardiola starten wolle. Manchester ist als Destination wahrscheinlicher als Mailand. Realistisch ist aber vor allem das Szenario, wonach Guardiola in München zumindest den Vertrag bis 2016 erfüllt. Der Aufforderung von Franz Beckenbauer, sich zum FC Bayern zu bekennen, kam Guardiola am Montag nach: «Ich habe es 200 Millionen Mal gesagt. Ich habe noch ein Jahr einen Vertrag und werde nächste Saison hier bleiben. Das ist alles.»
Wie die «Süddeutsche Zeitung» am Montag berichtete, wollen auch einige Spieler Signale vom Trainer vernommen haben, dass er in München weitermacht. Die Zeitung schwächte dergestalt die «Gerüchte aus 1001 Nacht» ab. Die Frage, die deshalb im Raum steht, lautet demnach nicht: Mit oder ohne Pep? Sondern eher: Mit welchen Spielern? Mit wie vielen Investitionen? Mit welcher taktischen Ausrichtung?
Die letzten Wochen haben zum Beispiel aufgezeigt, dass den Bayern ein wirkungsvoller Plan B fehlt, wenn die Flügel Franck Ribéry und Arjen Robben ausfallen. Spiele wie gegen Barcelona geben Hinweise darauf, wer auch nächste Saison Teil des «Pep-Projekts» sein wird. Deshalb geht es für die Bayern vor allem darum, wenigstens eine gute Figur abzugeben, damit die Fragezeichen nicht noch mehr werden. «Das Spiel wird für sich sprechen», so die kryptische Aussage von Guardiola am Tag vor dem Rückspiel.
Beim FC Barcelona geht der Blick noch nicht bis zur Sommerpause beziehungsweise der Transferzeit. Die nächsten Wochen sollen zur Festzeit werden. Am Dienstag soll das letzte Schrittchen in den ersten Champions-League-Final seit vier Jahren vollzogen werden. Dass dies gelingt, bezweifelt niemand, auch wenn sich Trainer Luis Enrique Mühe gab, mit dem Gegner respektvoll umzugehen.
Es werden die gleichen elf Spieler beginnen wie im Hinspiel, und Enrique kündigte an: «Wir werden viel leiden müssen.» Ist dieser Haken gesetzt, steht am Sonntag beim Auswärtsspiel gegen Atletico Madrid der Meisterpokal bereit, ehe am 30. Mai im heimischen Camp Nou der Cupfinal gegen Athletic Bilbao steigt – als Aufgalopp für den Champions-League-Final eine Woche später in Berlin. (si)