Wenn die US-amerikanische Hymne erklingt, erheben sich alle Einwohner der Vereinigten Staaten ehrfürchtig, legen die Hand aufs Herz und singen mit. So wünscht es sich zumindest die breite Öffentlichkeit.
Als sich Colin Kaepernick von den San Francisco 49ers vor einem Spiel im Oktober 2017 hinkniete, brach ein Sturm der Entrüstung los. Die Geste wurde als respektlos interpretiert – in den USA haben Nationalhymne und Flagge eine enorme Bedeutung.
Kaepernick und andere Spieler wollten mit ihrem Kniefall auf Rassismus im Football und Polizeigewalt gegen Schwarze aufmerksam machen. Auch US-Präsident Donald Trump hatte sich damals in die Debatte eingemischt und die Entlassung aller Spieler gefordert.
Kaepernick, dessen Karriere seither quasi auf Eis liegt, musste sich von Trump öffentlich als «Hurensohn» beschimpfen lassen. Sein Protest hingegen verhallte nach mehreren Monaten.
Jetzt hat sich auch der US-Präsident selbst bei der Nationalhymne danebenbenommen, wie ein Video auf Twitter zeigt. Der kurze Clip ist bei einer Super-Bowl-Party in seinem Golf Club in Miami entstanden. Mit dabei waren auch seine Frau Melania und der gemeinsame Sohn Barron. Während die beiden die Hand aufs Herz gelegt haben, gestikuliert Trump wild herum. Er hebt die Arme über den Kopf und imitiert offenbar einen Dirigenten.
Donald Trump, who cares deeply about the national anthem, is caught goofing off in a video by a "real estate agent for a Russian-American firm who frequents Mar-a-Lago," where Trump was watching the Super Bowl with paying customers pic.twitter.com/eaTvUVUFSg
— Robert Maguire (@RobertMaguire_) February 3, 2020
Über Kaepernick und andere Spieler hatte er damals gesagt: «Steht stolz für eure Nationalhymne da oder werdet ohne Bezahlung entlassen».
.....Be happy, be cool! A football game, that fans are paying soooo much money to watch and enjoy, is no place to protest. Most of that money goes to the players anyway. Find another way to protest. Stand proudly for your National Anthem or be Suspended Without Pay!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) August 10, 2018
Schauspielerin Alyssa Milano kritisiert den Auftritt von Trump: «Das sieht nicht nach Stolz aus», schrieb sie zu ihrem Tweet. In ihren Augen scheint Trump ein Heuchler zu sein. Für ihre Kritik bekam sie aber gleich Gegenwind von Trump-Unterstützern, die anmerken, dass der Präsident wenigstens stehe.
Trump has repeatedly said Americans should “stand proudly” during the national anthem, and publicly chastises those who don’t as disrespectful of the troops.
— Alyssa Milano (@Alyssa_Milano) February 3, 2020
Well...this seems to be not standing proudly.
Trump fidgets, points, pretend-conducts the band https://t.co/cxj3qIe11s
At least he’s standing.
— Jen Conway (@HeyJenConway) February 3, 2020
Ein anderer Twitter-User meint, Trump habe jemandem zugewunken. Und die Hände habe er nur über den Kopf gehoben, weil er von der Hymne so begeistert gewesen sei.
“OMG NO HE SAID HI BACK TO A COUPLE PEOPLE OH THE HUMANITY!!!”. He’s literally standing at attention & even at one point put his hands up like he was a maestro, like he’s super excited abt that part of the anthem. You libbies need to get a life. Trump lives in your head rent free
— Brandon (@realbvb) February 4, 2020
Der Demokrat Eric Swalwell bemängelt, dass die US-amerikanischen Truppen einen Oberbefehlshaber verdient hätten, der sie respektiere. Stattdessen würden sie von einem egozentrischen «Kind» geführt.
Our troops are worthy of a commander-in-chief who respects them. Instead, they’re being led by a self-centered man-child. https://t.co/QsHwtNz7mg
— Rep. Eric Swalwell (@RepSwalwell) February 3, 2020
(lin)