Als Schweizer am populärsten Volkslanglauf siegen - diesen Wunsch erfüllten sich in den letzten Jahren diverse einheimische Top-Athleten. Mit dieser Absicht starteten auch in diesem Jahr etliche, auch wegen der Abwesenheit des nunmehr dreifachen Olympiasiegers Dario Cologna. Doch reüssiert haben schliesslich weder die Schweizer Männer noch die Schweizer Frauen vollends. Die beiden Olympiateilnehmerinnen Bettina Gruber und Seraina Boner konnten die Wiederholung des Vorjahrestriumphs von Roponen nicht verhindern, und bei den Männern mussten sich Curdin Perl, Toni Livers, Remo Fischer oder Roman Schaad von Glöersen, dem Olympia-Vierten im Sprint, düpieren lassen.
Glöersen überraschte alle. Offensichtlich machte sich bezahlt, dass er am Vortag die Strecke ab St. Moritz mit den Ski besichtigte. «Da erkannte ich das Spezielle des Schlussabschnitts», sagte der 28-Jährige. Und so übernahm er rund fünf Kilometer vor dem Ziel die Initiative mit der Absicht, «meine Widersacher müde zu machen». Zu seiner Verwunderung sah er sich bald nur noch vom Franzosen Jean-Marc Gaillard begleitet. Da war für ihn klar: «Jetzt laufe ich zu.» Die Lücke vermochten die Verfolger bis ins Ziel nicht mehr zu schliessen, und Glöersen musste im Sprint nicht das Letzte aus sich herausholen. Der Sieg am Engadin Skimarathon war für ihn eine Entschädigung für die knapp verpasste Olympiamedaille.
Von den Verfolgern war schliesslich der Davoser Toni Livers der Schnellste. 3,7 Sekunden fehlten ihm zum Sieg. «Ich befand mich zum Zeitpunkt des Angriffs zu weit hinten im Feld, ich war völlig überrascht vom frühen Zeitpunkt», sagte er. Dennoch war der 31-jährige Routinier mit dem Erreichten zufrieden. Seit 2007 (2., hinter Dario Cologna) war er nie mehr ähnlich gut klassiert gewesen. Als zweitbester Schweizer freute sich auch Remo Fischer, der Sieger des Engadin Skimarathon 2011, über Platz 6: «Einen Kilometer vor dem Ziel belegte ich noch Rang 12.»
Als «völlig unerwarteten Erfolg» wertete Bettina Gruber ihren zweiten Platz bei den Frauen. Die Olympiateilnehmerin im Sprint hatte sich in der Vorwoche schlecht und müde gefühlt. Schon der Sieg beim Nachtsprint in St. Moritz am Freitagabend überraschte sie, der Erfolg über die Marathondistanz aber noch mehr. «Es ging alles hervorragend auf», strahlte sie. Erst fünf Kilometer vor dem Ziel hatte sie realisiert, dass sie sich unter den besten Drei befindet. (si)