Es dauert nicht lange, da vibriert es im Hosensack. In den TV-Wiederholungen von Joel Wickis Plattwurf im Schlussgang des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests in Pratteln sieht man: Da war gar keine Hand an der Hose von Gegner Matthias Aeschbacher.
«Muss nicht eine Hand an der Hose sein?», lese ich auf WhatsApp. Natürlich muss sie das. Artikel 7a des Regelwerks hält fest, dass ein Kampf unterbrochen werden muss, wenn der angreifende Schwinger keinen Hosengriff hat.
Die Kampfrichter hätten das Resultat nicht geben dürfen. Verteidigungskünstler Wicki hätte sich noch einmal den Angriffen Aeschbachers stellen müssen. So bleibt ein Makel nach einem mitreissenden Schlussgang – einer, mit dem die Schwinger leben, denn einen Videoschiedsrichter wollen sie nicht.
Es war nicht die einzige umstrittene Szene des ESAF 2022. Noch wesentlich mehr zu reden gab der 7. Gang zwischen Pirmin Reichmuth und Bernhard Kämpf. Der Innerschweizer Reichmuth legte seinen Berner Widersacher auf den Rücken, doch der Kampfrichter entschied, dass Kämpfs Schultern nicht gleichzeitig auf dem Boden waren. Reichmuth haderte mit dem Entscheid und verlor den Gang kurz darauf – sein Traum vom Schlussgang war geplatzt. In der Kabine habe er einfach nur noch geweint, verriet der 27-jährige Reichmuth nach dem Fest.
Immerhin: Mit König Wicki trifft das Glück wohl den Richtigen. Vor drei Jahren im Schlussgang in Zug unterlag er Christian Stucki, wobei bis heute darüber gestritten wird, dass der Sieg des Berners regulär war.
Nun also steht Wicki auf der Sonnenseite und mit ihm darf sich die gesamte Innerschweiz über ihren erst zweiten Schwingerkönig nach Harry Knüsel, der 1986 in Sion triumphiert hatte, freuen.
Wickis Triumph in Pratteln war verdient, er verlor keinen seiner acht Gänge. Drei Minuten vor dem Ende des Schlussgangs legte der 25-Jährige aus Sörenberg im Entlebuch Aeschbacher ins Sägemehl, nachdem dieser zuvor mehrmals ganz nahe am Triumph gewesen war. Doch Mal für Mal konnte sich Wicki aus einer bedrohlichen Lage befreien.
Wäre der Schlussgang unentschieden ausgegangen, hätte es keinen König gegeben. Drei andere, punktgleiche Schwinger hätten Wicki und Aeschbacher noch überholt und wären zu Erstgekrönten ausgerufen worden.