Breel Donald Embolo gilt als das aktuelle Supertalent der Schweizer Liga. Beim FC Basel dürfte er nach Marco Strellers bevorstehendem Rücktritt im Sommer endgültig zur Schlüsselfigur avancieren. Doch trotz eines Vertrags bis 2019 werden dann auch unmoralische Angebote von Grossklubs erwartet – und das ist nicht verwunderlich.
Erst am vergangenen Valentinstag wurde Embolo volljährig, doch in dieser Saison hat er wettbewerbsübergreifend bereits 16 Tore in 35 Spielen erzielt und kommt zusätzlich noch auf 12 Vorlagen. Durch seine acht Champions-League-Einsätze und sein Debüt für die Schweizer Nationalmannschaft gegen die USA ist er weiter in den Fokus gerückt. Doch was macht den Youngster eigentlich so stark?
Der vermutlich auffälligste Aspekt ist Embolos unglaubliche Athletik. Obwohl er noch ein Teenager ist, können ihm wohl in der gesamten Liga nur wenige Spieler das Wasser reichen. Immer wieder überläuft Embolo Gegenspieler einfach, kann auch bei ungenauen Pässen in den Raum den Ball noch erreichen und ist im Konterspiel eine echte Waffe. Auch seine Dribblings profitieren davon.
Vielfach ist Embolo in isolierten 1-gegen-1-Situationen im Stande, schlicht durch seine Schnelligkeit an Gegenspielern vorbeiziehen und für Chaos im gegnerischen Defensivverbund zu sorgen. Desweiteren reagiert Embolo im letzten Drittel relativ schnell auf offene Räume. Sobald er diese sieht, startet er seinen Sprint. Einige seiner Tore fielen dadurch, dass er einfach schneller zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war als sein Gegenspieler.
Allerdings ist die beste Athletik ohne die passende Technik nur wenig wert. Besonders im Fussball ist es – wegen der Feldgrösse, dem Gegnerdruck und der Schwierigkeit mit dem Fuss zu agieren – unabdinglich, technisch stark zu sein. Embolo hat hier eigentlich keine Probleme. Seine Fähigkeiten am Ball beeindrucken.
Im Dribbling ist er stark, im Passspiel hat er immer wieder hervorragende Ideen und obwohl diese – auch wegen der mangelnden Erfahrung – nicht immer aufgehen, so versprechen sie viel für die Zukunft. Besonders einige Ablagen im Kombinationsspiel oder Pässe unter Druck in engen Situationen wissen zu überzeugen. Das könnte Embolo im Verbund mit seiner Athletik und seinem guten Abschluss langfristig zu einer Waffe im Konterspiel machen.
Seine größte Stärke ist allerdings seine Jugend. Wäre Embolo bereits 28 und würde spielen, wie er zurzeit eben spielt, wären vermutlich keine Topteams an ihm interessiert. Dafür hat er noch zu viele Mängel. Doch Embolo ist erst 18 geworden. Er hat quasi noch ein ganzes Fussballerleben vor sich, um auf einer guten Basis seine grössten Mängel zu korrigieren und sich weiterzuentwickeln. Und mit einem guten Trainer in einem passenden Umfeld sollte dies möglich sein. Aktuell zeigt seine Entwicklungskurve beim FC Basel steil nach oben.
In Embolos Alter ist dies natürlich nochmal – dennoch muss daran gearbeitet werden, dass er seine Leistungen konstanter abruft. Damit ist nicht nur die Leistung von Spiel zu Spiel gemeint, sondern auch jene innerhalb eines Spiels. Viele junge Spieler haben diese Probleme und verbessern sich.
Allerdings gibt es auch zahlreiche talentierte Akteure, welche diese Schwäche sogar in ihrer späteren Karriere nicht ablegen. In späteren Jahren macht dies dann Probleme, weil sie wegen dieser mangelnden Konstanz auf höchstem Niveau nicht verlässlich sind. Woran genau das liegt, muss von Embolo und dem Trainerstab erarbeitet werden. Sind es mentale Ursachen? Oder physische?
Ein enorm wichtiger Punkt ist Embolos Unsauberkeit mit Ball am Fuss. Obwohl er teilweise wirklich herausragende Dribblings und Pässe an den Tag legt, so hat er nach wie vor eine höhere Fehlerrate darin als absolute Topspieler. Versprungene Bälle bei Annahmen, unpassend weitergeleitete Bälle oder in den Fuss des Gegners gespielte Bälle sind keine Seltenheit, müssen aber eine werden. Aber auch hier gilt: Embolo ist jung und solche Fehler gehören dazu. Meistens werden sie mit den Jahren immer weniger.
Das größte Problem Embolos dürfte zurzeit die schwache Entscheidungsfindung sein. Während sich Inkonstanz und Unsauberkeit bei den meisten Spielern mit den Jahren verringern, so ist die Entscheidungsfindung deutlich schwieriger zu beseitigen. Embolo hat oft Probleme bei der Frage, wann er ins Dribbling geht und für welchen Pass er sich entscheiden soll. Teilweise sucht er zu früh den Pass nach vorne oder bleibt im Dribbling stehen, anstatt die Dynamik weiterhin aufrechtzuerhalten.
Embolos Stärken sorgen dafür, dass Vereine aus ganz Europa ihr Interesse bekunden. Doch an welcher Topadresse könnte sich der talentierte Angreifer in Anbetracht seiner Spielweise am besten entwickeln? Auch aus sprachlichen und kulturellen Gründen scheint ein Wechsel nach Deutschland die wahrscheinlichste Variante zu sein.
Für Embolo kommen hierbei eigentlich nur die erste Garde der deutschen Bundesliga in Frage. Eine Mannschaft kann man vermutlich ausschliessen: Die Münchner Bayern. Zwar würde er gut in den Kader passen, doch aktuell ist Embolo in der Konstanz und Entscheidungsfindung noch zu schwach, um in Guardiolas hochkomplexem System aufzulaufen. Bereits Landsmann Xherdan Shaqiri hatte hier enorme Probleme und wurde folgerichtig im Winter abgegeben.
Beim BVB würde Embolo rein von der Spielweise her durchaus in die Mannschaft passen, auch wenn er sich in punkto Pressing- und Offensivbewegung verbessern müsste. Allerdings ist es durch den Trainerwechsel von Jürgen Klopp zu Thomas Tuchel unsicher, wie der BVB in der nächsten Saison spielerisch und taktisch aussehen wird. Und auch ob Tuchel sich einen neuen, jungen Spieler zur Integration in einen leicht kriselnden Giganten holen wird, dürfte unklar sein. Für Embolo wäre der Wechsel aber interessant. Tuchel gilt als einer der besten Trainer Europas, seine Trainingsübungen sollen besonders für den Kopf enorm fordernd sein: Perfekt für Embolo?
Beim VfL Wolfsburg wäre allerdings eine interessante Rolle für Embolo möglich. Er könnte international spielen, sich in einem ruhigen, geduldigen Umfeld im Kreise der Landsleute Rodriguez, Benaglio und Klose unter einem sehr kompetenten Trainer entwickeln und sich langsam für einen Stammplatz empfehlen. Mit Perisic, Schürrle, Bas Dost und Caligiuri ist die Konkurrenz zwar gut bis sehr gut, allerdings mittelfristig nicht uneinholbar. Desweiteren hat Klaus Allofs bereits öffentlich Interesse bekundet: nicht ohne Grund. In das schnelle Umschaltspiel der Wölfe würde Embolo perfekt hineinpassen.
Ähnliches ist auch bei Gladbach der Fall. Lucien Favre gilt mit als Hauptgrund für die dramatische Weiterentwicklung Marco Reus‘ vor ein paar Jahren. Anekdoten zufolge soll er ihm enorm wichtige Hinweise im Dribbling gegeben haben: Wo schaue ich beim Dribbeln und wie bewege ich entsprechend mancher Aspekte auf dem Spielfeld? Embolo könnte ebenfalls davon profitieren und würde bei Gladbach vermutlich gut ins 4-4-2-System passen. Ein Abgang von Mittelstürmer Max Kruse steht bei den Fohlen ohnehin im Raum.
Ausserhalb Deutschlands wäre die englische Liga eine Möglichkeit. Die Merseyside lockt: Sowohl Everton als auch Liverpool haben Interesse an Embolo und wären wohl finanzkräftig genug, um ihn aus Basel loszueisen. Mit seiner Athletik und Weiträumigkeit würde Embolo durchaus gut in die englische Liga passen.
Bei Liverpool wäre er unter Brendan Rodgers interessant, weil er mit seiner Flexibilität im Angriff sowohl im 4-3-3 als auch im 3-4-2-1 sämtliche Offensivpositionen bekleiden kann. Ähnliches ist bei Everton der Fall, doch in diesem Fall gehen die passenden, dynamischen Mitspieler ab. Oftmals agiert die Mannschaft von Roberto Martinez enorm diszipliniert und sauber in der Ballzirkulation im ersten und zweiten Drittel, nur um im letzten Drittel mit Unterzahlangriffen sehr simpel zu attackieren. Zwei Aspekte, die nicht zu Embolo passen, obgleich die Konkurrenz kleiner wäre und Martinez das System natürlich anpassen könnte.
In die Serie A dürfte Embolo vermutlich nicht wechseln. Die sehr passiven, zentrumsorientierten Systeme der italienischen Liga spielen ihm nicht in die Karten.
Natürlich bleibt die wahrscheinlichste Lösung, dass Embolo vorerst bei Basel bleibt. Und eine Weiterentwicklung ist in der Schweiz keineswegs unmöglich. Mit dem designierten Meister spielt er regelmässig international, hat einen guten Trainer und einen festen Platz im Kader. In solch jungen Jahren kann dies wertvoller sein als Einsätze in einer von Europas Top-5-Ligen. Klar ist aber auch: Zu lange darf Embolo mit dem nächsten Schritt nicht warten, wenn er ein Weltstar werden möchte.