Holland zeigt an fast jeder EM- und WM-Endrunde guten Fussball. Manchmal spielt sich «Oranje» auch regelrecht in einen Rausch, so geschehen in der Gruppenphase der EM 2008 in der Schweiz und Österreich.
Allerdings stehen die Holländer am Schluss immer mit leeren Händen da – mit einer einzigen Ausnahme. An der Europameisterschaft 1988 in Deutschland holt die «Elftal» den Titel.
Damals nehmen nur acht Mannschaften am Turnier teil. Die Gruppe 1 mit Deutschland, Italien, Dänemark und Spanien. Zur Gruppe 2 gehören England, Irland, die Sowjetunion und Holland.
Die Holländer rund um das geniale Trio mit Marco van Basten, Ruud Gullit und Frank Rijkaard erreichen als Gruppenzweiter hinter der Sowjetunion den Halbfinal und schalten dort Deutschland aus. Zwar geht das Team von Franz Beckenbauer durch Lothar Matthäus zunächst in Führung. Ronald Koeman und Marco van Basten drehen die Partie aber in der Schlussviertelstunde.
Am 25. Juni 1988 dann das Endspiel in München gegen die Sowjetunion. Das Duell in der Gruppenphase gewinnen die Sowjets knapp mit 1:0, der Final im Olympiastadion in München wird zur Revanche. Ausserdem will die «Elftal» die Schmach von 1974 beseitigen, damals verlor Holland im selben Stadion gegen Gastgeber Deutschland mit 1:2.
Die Holländer, gecoacht von Rinus Michels, übernehmen früh das Spieldiktat und gehen in der 33. Minute durch Captain Ruud Gullit in Führung. Der Legionär der AC Milan trifft mit einem wuchtigen Kopfball, die Vorlage kommt von Marco van Basten.
In der 55. Minute schiesst van Basten dann seinen historischen Treffer. Die Sowjetunion verliert in der Vorwärtsbewegung den Ball, Holland kann kontern. Arnold Mühren flankt von links auf den holländischen Topskorer und dieser versenkt das Leder aus unmöglichen Winkeln im Tor. Torhüter Rinat Dassajew, damals einer der besten Schlussmänner der Welt, hat keine Chance.
«Ich merkte, dass ich nicht mehr so viel Energie hatte, deshalb beschloss ich, direkt abzuziehen. Ich dachte mir, schiess doch einfach mal und schau, was passiert», schilderte van Basten danach. Mitspieler Jan Wouters erzählte: «Beim Torjubel hab ich van Basten gefragt, wie er von dieser Position habe schiessen können. Er antwortete: ‹Ich habe keine Ahnung.›»
Die Holländer sind auf Kurs, führen eine halbe Stunde vor Schluss mit zwei Toren. Kurz nach dem Prachtstreffer durch van Basten ist es dann aber «Oranje»-Torhüter van Breukelen, der mit einem unnötigen Foul einen Elfmeter verschuldet. Van Breukelen macht seinen Fehler aber wieder gut und hält den Schuss von Igor Belanow, der später als Präsident des FC Wil für Furore im Schweizer Fussball sorgen wird.
In der Schlussphase bleibt das Resultat von 2:0 bestehen, die Holländer gewinnen ihren allerersten und bis heute einzigen Titel und Marco van Basten wird mit fünf Treffern Torschützenkönig. Die Europameisterschaft 1988 bleibt für den Holländer das Highlight mit der Nationalmannschaft.
Marco van Basten sagte später zu seinem Wundertor: «Im Moment des Jubels realisierte ich nicht, was ich gerade getan hatte. Ich war nur glücklich darüber, ein Tor geschossen und der Mannschaft geholfen zu haben. Erst später merkte ich, das war ein wirklich schönes Tor.»
Was van Basten im Moment des Treffers auch nicht realisieren konnte, war, was er mit dem Tor in seiner Heimat auslöst. In Amsterdam brechen nach dem EM-Titel alle Dämme. Als die Mannschaft bei der offiziellen Feier auf einem Boot durch Amsterdams Grachten tuckert, kriegen sich die Holländer vor Freude kaum ein. Zahlreiche Schiffe gehen wegen ausufernden Jubelstürmen zu Schrott, der Alkohol fliesst in Strömen, Holland steht Ende Juni 1988 Kopf.
Im Klub spielt Marco van Basten nach erfolgreichen Jahren bei Ajax Amsterdam – er erzielt im Schnitt ein Tor pro Spiel – noch bis 1993 treffsicher bei der AC Milan. Danach musste er seine Karriere als 29-Jähriger aufgrund diverser Verletzungen beenden. Der Holländer hat fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Unvergessen bleibt jedoch besonders sein Treffer im EM-Final gegen die Sowjetunion.