«Auf diese Art kann man nur gewinnen, wenn man gegen Marc spielt», witzelte Goran Ivanisevic. Er hatte gut lachen. Kurz zuvor holte er sich mit Partnerin Iva Majoli den Hopman Cup. Oder besser: Marc Rosset schenkte dem kroatischen Duo den Titel und beendete eine Schweizer Traumwoche brutal.
Zuvor hatten Rosset und Hingis in der Schweiz für Begeisterung gesorgt. Beim Hopman Cup – einem Mixedturnier mit je einem Damen- und Herreneinzel sowie einem abschliessenden Doppel – spazierten die beiden nach dem Jahreswechsel mit Siegen gegen Australien (Mark Philippoussis/Nicole Bradtke), Holland (Richard Krajicek/Brenda Schultz-McCarthy) und gegen Titelverteidiger Deutschland (Martin Sinner/Anke Huber) ins Endspiel.
Dort wartet Kroatien. Hinigs (WTA 16) – das 15-jährige Wunderkind – zerpflückt im ersten Spiel Iva Maijoli (WTA 9) 6:3, 6:0. Im zweiten Spiel verpasst Marc Rosset in einem hochstehenden und spannenden Duell gegen Goran Ivanisevic 6:7 (6:8), 5:7 die Entscheidung nur knapp. So muss erstmals in der achtjährigen Geschichte des Turniers in einem Final das Doppel entscheiden.
Hingis/Rosset starten gut und holen sich den ersten Satz mit 6:3. Im zweiten Durchgang zieht das Schweizer Duo mit 6:7 (4:7) knapp den Kürzeren. Die 8500 Zuschauer in der ausverkauften Burswood Arena in Perth kommen in den Genuss eines Entscheidungssatzes.
Das Duell wiegt hin und her. 5:4 für die Schweiz steht es, als Aufschlagshüne Ivanisevic sich mit einem 0:40 konfrontiert sieht. Doch das kroatische Duo wehrt alle drei Break- und Matchbälle ab. Beim zweiten hilft allerdings die Schiedsrichterin. Sie sieht den Stoppball Ivanicsevics nicht im Aus und lässt weiterspielen – ein Fehlentscheid, den danach selbst der Kroate zugibt.
Die Emotionen kochen bei den Schweizern. Insbesondere Rosset, der als Heisssporn bekannt ist, aber bei diesem Turnier bisher mit sonnigem Gemüt auftrat. Als Hingis/Rosset auch den vierten Matchball vergeben, donnert der Romand seine Faust gegen eine Werbebande. Er wird die Aktion schnell bereuen.
Nach dem 5:5 der Kroaten und einer Pflege für Rosset geht es (vorerst) weiter. Hingis serviert und die Schweiz führt 30:0. Doch dann lässt Rosset bei einem Volley den Schläger fallen – es geht einfach nicht mehr. Er muss aufgeben. Die Dummheit des Jahres ist schon am 6. Januar für Rosset reserviert. Kroatien holt den Titel. Der Schweiz bleibt der kleine Trost, dass 1992 Jakob Hlasek und Manuela Maleeva-Fragniere das Turnier schon einmal gewinnen konnten.
Hingis übersteht die Siegerehrung und die Pressekonferenz, wo sie ihren Partner gar noch verteidigt, tapfer. Danach bricht die Teenagerin aber in den Armen von Mutter Melanie Molitor in Tränen aus.
Rosset muss zur Untersuchung ins Spital, wo ein Haarriss im kleinen Finger der rechten Hand festgestellt wird. Er verpasst nicht nur die Siegprämie von 150'000 Dollar, sondern auch das Turnier in Sydney und die Australian Open.
Die Entschuldigung des Schlaks nützt in dem Moment auch nichts mehr: «Ich weiss, dass ich das nicht hätte tun sollen», sagt Rosset. «Ich kann nicht erklären, wie leid es mir tut, aber manchmal hat man sich selbst nicht unter Kontrolle.» Trotzdem tritt das Duo im Jahr darauf nochmals gemeinsam an. Es scheitert als Gruppenzweiter in der Vorrunde.
Dieses Mal muss Rosset beim entscheidenden Doppel gegen Südafrika wegen Rückenschmerzen Forfait erklären. Er stolperte zuvor im Einzel gegen Wayne Ferreira – als er einen aussichtslosen Ball erreichen wollte – über ein Ballmädchen und musste bei einer 6:0, 2:1-Führung aufgeben.
Mit dem Hingis-Clan verscherzt es sich der Romand damit total. «Der Junge muss sich langsam fragen, ob er nicht in spezielle Behandlung gehört!», wetterte Melanie Molitor. Und Töchterchen Martina schob nach: «Ich kann und werde nicht mehr mit Marc spielen. Er hat sich unmöglich verhalten.» Hingis gewinnt den Hopman Cup 2001 doch noch. Ihr Partner: Roger Federer.