Man muss diese Geschichte natürlich mit dem Brusthaar beginnen. Wenn Ryan Giggs irgendetwas von diesem 14. April 1999 peinlich und unangenehm ist, dann die Bilder seines Jubellaufs, unmittelbar nach dem unglaublichen Solo. «Schrecklich, das im Fernsehen zu sehen. Das mache ich nie wieder», sagt er in den Tagen danach.
Doch das ist es dann auch schon an Peinlichkeiten. Denn was Ryan Giggs, die Fussball-Legende von Manchester United, an diesem Tag leistet, kann man ohne Übertreibung eine Jahrhundertszene nennen: In der Verlängerung der Wiederholungspartie des FA-Cup-Halbfinals gegen den FC Arsenal legt er ein 60-Meter-Solo hin und erzielt im Anschluss den 2:1-Siegestreffer. (Die Statistik zum Spiel.)
Giggs, der in 672 Spielen für Manchester United 114 Tore erzielt hat, sagt später über den Treffer: «Das war das schönste Tor meiner Karriere.» Grund genug, die Entstehung dieses Jahrhunderttors Schritt für Schritt durchzugehen.
«Die Fans liefen aufs Feld, umarmten und küssten mich. Sogar ein paar alte Schulkollegen von mir waren dabei», erinnert sich Giggs später an die Jubelszenen. Dank des Tores siegt Manchester United und holt später auch den FA-Cup. In dieser Saison gibt es zudem die Meisterschaft und den Gewinn der Champions League zu bejubeln, das legendäre «Treble».
Im Anschluss an das Spiel überschlägt sich die Presse. Die Frage ist, ob Giggs Treffer der schönste der Saison, der schönste des FA-Cups oder schlicht der schönste aller Zeiten ist. 2003 wird es dann endlich geklärt: Das Tor wird zum schönsten Moment des FA-Cups gewählt.
Von seinen Mannschaftskameraden muss sich Giggs im Anschluss allerdings Sprüche anhören. David Beckham etwa beschreibt Giggs in seiner Biographie als einen komplett Verrückten, der da auf dem Feld herum gerannt sei. «Wir anderen Spieler haben ihn deswegen aufgezogen, am meisten wegen seiner Brustbehaarung.»
Auch Gary Neville, der an diesem denkwürdigen Tag ebenfalls auf dem Platz steht, nimmt seinen Mannschaftskollegen später auf die Schippe. Bei einer Charity-Veranstaltung erklärt er den anwesenden Gästen – darunter auch Giggs – , dass dieser den Ball doch an mehreren Stellen hätte abspielen sollen. Grosses Gelächter.
Das wohl grösste Lob erfährt Giggs Jahre später, ausgerechnet vom damaligen, langjährigen Trainer von Arsenal, Arsène Wenger. Dieser gibt zu, dass ihn das Tor des Walisers bis zum heutigen Tage verfolgt. «Ich kann die Siegesrufe der Spieler immer noch hören. Sie konnten es nicht glauben. Für uns war es ein Trauma.»