Nigel Owens, der Pierluigi Collina des Rugbys.Bild: Michel Euler/AP/KEYSTONE
Unvergessen
«Das ist kein Fussball» – der legendärste Schiri macht Rugby-Hüne zur Schnecke
7. Januar 2012: Nigel Owens ist das, was Pierluigi Collina jahrelang im Fussball war: Ein grossartiger Schiedsrichter, dem niemand zu widersprechen wagt. Das muss auch Tobie Botes erfahren.
Der Spruch ist wohl so alt wie die beiden Sportarten selbst: «Rugby ist ein Hooligan-Sport betrieben von Gentlemen, Fussball ein Gentlemen-Sport betrieben von Hooligans.» Während ein guter Fussballer sich pro Spiel normalerweise häufiger beschwert oder versucht, den Vorteil ungerechtfertigterweise auf seine Seite zu ziehen, als einen geraden Pass zu spielen, sind Schwalben oder Reklamieren beim Schiedsrichter im Rugby verpönt.
Im Spiel zwischen dem irischen Rugbyteam Munster und den italienischen Widersachern aus Treviso vergisst Scrumhalf Tobias Botes diese ungeschriebene Regel kurz.
Eine schlechte Idee, wenn Nigel Owens die Partie leitet. Der Waliser gilt als einer der besten Rugby-Unparteiischen und bläst den Kolossen furchtlos den Tarif. Dazu besticht er immer wieder auch mit Humor. So meinte er beispielsweise einmal, als ihn die Brocken Schalk Burger und Jimmy Cowans (unabsichtlich) ins Sandwich nahmen: «Versucht nächstes Mal nicht, mir den Ball zuzuspielen.»
So ähnlich tönt es dann auch bei Botes. Kurz nach seiner Entscheidung zitiert er den südafrikanischen Legionär der Italiener zu sich und holt zu einem Zitat aus, das seither im Internet ein Hit ist:
«Ich weiss nicht, ob wir uns vorher schon mal trafen. Aber ich bin der Schiedsrichter, nicht du. Mach deinen Job, ich mache meinen. Wenn ich dich noch einmal wegen irgendwas rumschreien höre, werde ich dich bestrafen. Wir sind hier nicht beim Fussball. Ist das klar?»
Botes schweigt, Owens beendet die kleine Lehrstunde mit: «Dann geh zurück und spiel weiter.» Die Belehrung wird seither immer wieder herangezogen, wenn es darum geht, den Unterschied zwischen Fussballern und Rugby-Spielern aufzuzeigen.
Owens' Popularität macht derweil keinen Halt. Den WM-Final 2015 leitet der damals 44-Jährige souverän. Im Gruppenspiel zwischen Schottland und Südafrika lässt er eine nächste Stichelei gegen den Fussball folgen. Nach einer Schwalbe des Schotten Stuart Hogg im St.James Park, dem Fussballstadion Newcastles, weist er den «Diver» in die Schranken: «Wenn du solche Schwalben zeigen willst, dann komm in zwei Wochen zurück und spiele dann.»
Nigel Owens liest dem Schwalbenkönig Stuart Hogg die Leviten.Video: YouTube/World Rugby
All den Seitenhieben zum Trotz: Owens, der sich 2007 outete und als schwuler Referee in der Rugby-Welt seinen festen Platz hat, liebt den Fussball und drückt Wrexham in seiner Heimat die Daumen. Er hat aber eine klare Message an die Kicker der Welt:
«Ich mag Fussball. Ich habe viele Freunde, die Fussball verfolgen und selber spielen. Ich glaube, Fussball hat eine gewaltige Verantwortung in der Gesellschaft. Er hat mehr Einfluss als jeder andere Sport. Ich muss einfach das Thema der Meinungsunterschiede im Sport ansprechen. Den Schiedsrichter beschimpfen, ist falsch. Wenn ich mir Spielzusammenfassungen im Fussball anschaue, denke ich mir: ‹Warum lassen sich die Schiedsrichter das gefallen?›»
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Die beliebtesten Kommentare
rosen nell
07.01.2022 08:22registriert Oktober 2017
Man stelle sich vor, ein Schiri würde einem Pepe sagen: „Schweig und spiel Fussball!“ 😃 Ach wie wär das toll.
So weit die Füsse tragen – Biels Erfolgs- und Krisenrezept
Biel hat die Situation mit einem 5:1 in Langnau und einem spektakulären 3:2 gegen Leader Lausanne stabilisiert. Die ganz besondere Qualität der Bieler ist statistisch nicht erfassbar: Sie laufen ihren Problemen und dem Mangel an Talent davon.
Die Erneuerung des Teams ist ziemlich dramatisch. Von den Spielern, die vor ziemlich genau einem Jahr in Ambri 3:2 gewonnen haben, sind am Donnerstag beim 3:2 gegen Lausanne nur noch acht im Einsatz. Auch der letztjährige Cheftrainer und seine Assistenten sind nicht mehr dabei. Verletzungspech, Rücktritte und Transfers provozieren eine tiefgreifende Erneuerung. Trotzdem steht Biel praktisch auf gleicher Höhe wie vor einem Jahr: Platz 8, 55 Punkte, 87:87 Tore. Vor einem Jahr hatte Biel nach 38 Partien 54 Punkte bei 101:99 Toren.