Drei oben, drei unten. Die Regeln an der Torwand sind simpel. Die sechs Bälle in den Löchern mit 55 Zentimetern Durchmesser unterzubringen dafür umso schwieriger. In über 40 Jahren hat noch keiner sechs von sechs verwandelt.
Als Rolf Fringer an die Torwand tritt, haben die deutschen Fernsehzuschauer wohl nur ein müdes Lächeln übrig. Die Schweizer sollen sich um die Löcher in ihrem Käse und nicht um die Löcher in der Torwand kümmern. Und überhaupt, was wollen Schweizer in der Bundesliga?
Rolf Fringer kann eigentlich nur verlieren. Sein VfB Stuttgart hat am Nachmittag in Dortmund bereits eine 3:6-Klatsche kassiert. Nun soll der in der Schweiz aufgewachsene Österreicher, der mittlerweile beide Pässe besitzt, seine Treffsicherheit beweisen.
Der 38-jährige Fringer lässt sich an der Torwand nicht aus der Ruhe bringen, versenkt fünf von sechs Versuchen und hievt sich auf eine Stufe mit Günter Netzer und Rudi Völler. Diese haben ebenfalls fünf Treffer erzielt, für alle sechs reichte es auch ihnen nicht.
Mindestens so abgeklärt wie sein Auftritt an der Torwand ist die schlagfertige Reaktion Fringers unter dem grossem Applaus der Studio-Zuschauer: «Als Trainer muss man eben auch Vorbild sein ...»
Rolf Fringer konnte an der Torwand seine Bundesliga-Tauglichkeit beweisen und sollte später gestehen: «Die Bedeutung der fünf Treffer war in der Tat gross, was zeigt, wie einfach alles in einen Zusammenhang gebracht wird. Die fünf Treffer waren beste Werbung in eigener Sache – nicht für mich, aber für viele andere.»
Während sich Fringer profilieren konnte, wurde der Auftritt an der Torwand für andere zur Schmach: Die Weltstars Pelé, Marco van Basten und Eusebio trafen nicht ein einziges Mal.
Zum Portugiesen Eusebio gibt es sogar die Geschichte, dass er seine vergebenen Schüsse nicht auf sich sitzen lassen wollte und es nach der Sendung erneut versuchte. Dabei brauchte er 36 Anläufe um den Ball doch noch durchs Loch zu schiessen.
Ebenfalls zu den Klassikern an der Torwand gehört der leicht genervte Auftritt von Mario Basler 1996.
56 Mal war Franz Beckenbauer bisher Gast im Sportstudio. Mehr als vier von sechs Versuchen traf die Lichtgestalt des deutschen Fussballs aber nie. Trotzdem ist er mit seinem Kunstschuss vom Weizenglas der wahre König – oder doch eher der Kaiser der Torwand. Rolf Fringer hin oder her.