Das renommierteste Velorennen der Welt nach der Tour de France, der Giro d'Italia, muss einen herben Dämpfer hinnehmen. Rund 25 Kilometer vor dem Ziel der dritten Etappe stürzt der Belgier Wouter Weylandt bei der Abfahrt vom Passa del Bocco und wird dabei 20 Meter durch die Luft geschleudert.
Der 26-Jährige schlägt derart fest am Boden auf, dass er sich den Schädel bricht. Trotz sofortiger ärztlicher Versorgung und 40-minütigem Reanimations-Versuchs stirbt der Teamkollege von Fabian Cancellara aus dem neu gegründeten Leopard-Trek-Team noch an der Unfallstelle. Weylandt hinterlässt eine schwangere Freundin.
Es ist ein Tod, dessen Vorgeschichte bedauerlicherweise kein Hollywood-Produzent besser gestalten könnte. Zunächst war es gar nicht vorgesehen, dass Wouter Weylandt am Giro d'Italia teilnimmt. In einem Interview mit dem belgischen Internetportal huma.be sagte er vor der Rundfahrt: «Der Giro war nicht in meinem Programm, sondern als einzige grosse Rundfahrt die Vuelta in Spanien. Aber das Team wollte mit Daniele Bennati auf Sprintsiege gehen, ich sollte die Lokomotive sein. Nach Bennatis Verletzung werde ich jetzt wohl in Ausreissergruppen mitgehen.»
Während des Giros hat Weylandt seine Bedenken. In einem SMS schreibt er gemäss der belgischen Tageszeitung Het Laatste Nieuws seinem Manager, das Rennen sei sehr gefährlich und nervös: «Das bereitet mir Sorgen».
Vor dem Giro freute er sich besonders auf das bevorstehende Teamzeitfahren zum Auftakt der Rundfahrt. Es sollte vor seinem tragischen Unfall der letzte Team-Event seiner Karriere sein.
long teampresentation today #150yearsitaly . tomorrow the real start with TeamTimeTrial! the lungs and legs tested by day 1! start of 3496km
— Wouter Weylandt (@wouterweylandt) 6. Mai 2011
Die Anteilnahme an Weylandts Tod ist riesig. Dass der Spanier Angel Vicioso die Etappe nach 173 km gewann und der Brite David Millar von seinem Landsmann Mark Cavendish das Leadertrikot übernahm, wird zur unwichtigen Nebensache.
Die vierte Etappe wird von Fahrern und Organisatoren zu einer Gedenkfahrt neutralisiert. Geschlossen und jeweils zehn Kilometer von einem anderen Team angeführt, fährt das Feld in Richtung Livorno. Als erste überqueren die Teamkollegen Weylandts die Ziellinie, gemeinsam mit dessen bestem Freund Tyler Farrar aus der Garmin-Equipe.
Das Team und Farrar beschliessen danach, sich vom Giro d'Italia zurückzuziehen, um den Verlust zu verdauen. Für Farrar war Weylandt «wie ein Bruder für mich».
Am Abend des 9. Mais treffen auch die schwangere Verlobte, Anne Sophie, und der Vater des verstorbenen Rad-Profis in Lavagna ein. Zusammen mit einigen Teammitgliedern legen die Beteiligten Blumen und Kerzen nieder. Weylandts Leichnam wird in die Heimat nach Belgien gebracht, wo Familie und Kollegen Abschied nehmen vom 26-Jährigen.
Knapp vier Monate nach dem Tod kommt das gemeinsame Kind mit Anne Sophie zur Welt. Wouter Weyland durfte seine Tochter Alizée nie kennenlernen.