Der neue Dokumentarfilm «The Unknown Known» über die politische Karriere von Donald Rumsfeld, Verteidigungsminister unter US-Präsident George W. Bush und Architekt des Irakkriegs, ist am Wochenende in den USA angelaufen.
Die Erwartungen sind hoch, war doch Filmemacher Errol Morris mit seinem Portrait von Verteidigungsminister Robert McNamara (1961 bis 1968 im Amt), «The Fog of War», 2003 ein Glanzstück gelungen, für das er auch einen Oskar erhielt.
Die Parallelen sind unübersehbar: McNamara und Rumsfeld waren beide jung (44, 42), als sie an die Spitze des Pentagons berufen wurden (Rumsfeld war 1975 bis 1977 unter Präsident Gerald Ford bereits einmal US-Verteidigungsminister). Beide hielten hohe Posten in der Privatwirtschaft und wollten ihr Ministerium mit BWL-Werkzeugen führen. Beide waren am Drücker, als sich die USA in einem Krieg verzettelten (Vietnam, Irak).
Doch wer von Rumsfeld Einsicht und Reue erwartete, wie sie McNamara in «The Fog of War» in Ansätzen zeigte, wurde bitter enttäuscht. Der Architekt des Irakkriegs bedauert nichts.
Zu Beginn des Films lässt Rumsfeld noch mit einigen Aussagen aufhorchen und sogar hoffen:
Der Zuschauer denkt zwangsläufig: Auch das Fehlen von Massenvernichtungswaffen im Irak, der Aufstand nach dem «Sieg», der Bürgerkrieg – all das waren doch ebenfalls Szenarien, die Chefplaner Rumsfeld offenbar nicht bedacht hatte, aber dennoch eintrafen und gravierende Konsequenzen hatten.
In einer anderen Szene erinnert sich Rumsfeld, wie er 1975 mit Präsident Ford im Oval Office sass, als die US-Botschaft in Saigon unter dramatischen Umständen evakuiert wurde:
Ermutigt von einer derart schonungslosen Charakterisierung des Vietnamkriegs hakt Morris nach, offensichtlich auf Parallelen zum Irakkrieg abzielend: «Glauben Sie, wir sollten daraus etwas lernen?» Rumsfeld überlegt und antwortet:
Jetzt muss er den Gedanken doch zu Ende führen, denkt man als Zuschauer. Irak war ebenso missraten wie Vietnam. Und der Glaube, die Iraker würden die amerikanischen Besatzer mit offenen Armen und als Befreier willkommen heissen, ein katastrophales Versagen der Vorstellungskraft. Er hat es ja praktisch schon gesagt.
Fehlanzeige.
Nicht Vietnam, sondern der japanische Überraschungsangriff auf Pearl Harbor im Zweiten Weltkrieg war für Rumsfeld lehrreich:
Anders gesagt: Fehler zu begehen, ist bedauerlich. Unverzeihlich ist hingegen, nichts zu tun.
Wäre Nichtstun im Irak nicht besser gewesen?
Es gibt durchaus amüsante und interessante Passagen in dem Film. Etwa wenn Rumsfeld über seine «Millionen» Memos spricht, die er im Lauf seiner langen politischen Karriere verfasst hat und «Schneeflocken» nennt. Oder seine Betrachtungen über die Wortpaare aus «known» und «unknown», die dem Film den Titel gaben. Unter dem Strich lässt einem «The Unknown Known» deprimiert zurück, weil Rumsfeld auf die wirklich zentralen Fragen keine Antworten liefert.