Als Kolumnist der «New York Times» hat Frank Bruni bereits unzählige Artikel über den Präsidenten verfasst. Jetzt kann er nicht mehr. Er schreibt:
Tatsächlich war die letzte Woche selbst für Trump’sche Verhältnisse grotesk. Im Handelsstreit mit China hat er innert Stunden mehrmals die Position gewechselt. Heute wissen selbst Insider nicht, welcher Strafzoll auf welche Güter in welcher Höhe und wann in Kraft treten soll – wenn überhaupt, denn es ist auch möglich, dass Trump die ganze Übung wieder abbläst.
Auch das private Verhalten des Präsidenten ist – milde ausgedrückt – bizarr. So hat er behauptet, seine Frau Melania würde den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un einen tollen Typen finden, obwohl sie ihn noch gar nie getroffen hat. Trumps gestresste Kommunikationsmitarbeiter mussten nachher die peinliche Erklärung nachliefern, der Präsident «habe das Gefühl», seine Frau möge Kim.
Die Umweltkonferenz am G7-Treffen hat Trump geschwänzt mit der Ausrede, er habe ein privates Treffen mit deutschen und indischen Vertretern geführt. Dummerweise beweisen Bilder, dass die Vertreter der beiden Länder an der besagten Konferenz teilgenommen haben.
Schliesslich beharrt Trump darauf, Wladimir Putin wieder an das G7-Treffen einzuladen. Barack Obama sei vom russischen Präsidenten übertölpelt worden und habe ihn deshalb aus der Runde verbannt, behauptete Trump entgegen allen Fakten. Der Ausschluss Russlands erfolgte als Reaktion auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim.
Das Sahnehäubchen setzte Trump bei seiner Rückkehr auf. Er wolle das nächste G7-Treffen auf seinem stark defizitären Golfclub Doral in Florida abhalten, verkündete er. Das ist ein krasser Verstoss gegen die amerikanische Verfassung. In der sogenannten «Emoluments clause» wird ausdrücklich festgehalten, dass ein US-Präsident keine Geschenke und schon gar kein Geld von fremden Staatsvertretern annehmen darf.
Da passt es ins Bild, dass die «Washington Post» tags darauf enthüllte, dass Justizminister William Barr eine private Party ausgerechnet in Trumps Hotel in Washington feiern und dafür mindestens 30’000 Dollar auf den Tisch blättern will.
In normalen Zeiten würde jeder einzelne dieser Vorfälle für einen massiven Skandal, ja gar für ein Impeachment reichen. In Trump’schen Zeiten werden sie mit einem Achselzucken zu Kenntnis genommen, denn der nächste Skandal ist bereits wieder eingetroffen:
So will Trump nun – der internationalen Empörung über die Brände im Amazonasgebiet zum Trotz – die Hälfte des Nationalparks Tongass in Alaska abholzen lassen. Trotz richterlicher Verbote will er zudem Land an der Grenze zu Mexiko konfiszieren lassen, um endlich seine Mauer zu bauen.
Dazu kommt der permanente Wechsel des Personals im Weissen Haus und im Kabinett und ja: Wer bezweifelt noch, dass Trump mithilfe der Deutschen Bank russisches Geld in grossem Umfang gewaschen hat?
Trumps-Hardcore-Fans lassen sich davon nicht beeindrucken. Doch der normale Mittelstand hat die Schnauze voll. «Amerikaner aller Überzeugungen erkennen ein Melodrama, wenn es ihnen um die Ohren geschlagen wird», so Bruni. «Sie sind benommen und betäubt.»
Trumps Eskapaden haben daher Folgen. Meinungsumfragen zeigen, dass die Zustimmung zu seiner Arbeit selbst in den Bundesstaaten sinkt, in denen er die Wahl gewonnen hat. Neuerdings wird auch an der Heimfront kritisiert. So hat ihm sein ehemaliger Kommunikationschef Anthony Scaramucci den Krieg erklärt. Joe Walsh, ein ehemaliger Abgeordneter und rechtsextremer Radiomoderator, will gar gegen ihn in den Vorwahlen antreten.
In den Fünfzigerjahren hat der republikanische Senator Joseph McCarthy mit einer unglaublichen Hetze gegen angebliche Kommunisten die USA während rund zwei Jahren terrorisiert. Danach ist er implodiert und praktisch über Nacht von der politischen Bühne verschwunden.
Ein ähnliches Schicksal drohe auch Trump, glaubt Michael Wolff, Autor von zwei Büchern über das Innenleben des Weissen Hauses. Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch Frank Bruni. Er schreibt:
Je früher desto besser!