Holländer mit Wohnwagen sind der Schrecken der Schweizer Passstrassen (auch entlang des Lago Maggiore sind sie lästig). Autofahrer nerven sich oft grün und blau ob den Vehikeln.
Ökonomen verfolgen derweil ihre Verkaufszahlen mit Argusaugen. «Die Wohnmobil-Industrie kann Rezessionen besser voraussagen als alle Ökonomen», sagt Michael Hicks, seines Zeichens ebenfalls Ökonomieprofessor an der Ball State University in Muncie (Bundesstaat Indiana), gegenüber dem «Wall Street Journal».
Der Grund dafür ist ebenso einleuchtend wie banal. Bill Murnane, CEO eines grossen Wohnmobil-Geschäfts, beschreibt ihn wie folgt: «Du brauchst Essen und Kleider, aber du brauchst kein Wohnmobil. Verlieren die Menschen das Vertrauen in die Wirtschaft, dann halten sie sich mit dem Kauf eines Wohnmobils zurück. Genau das sehen wir derzeit.»
Tatsächlich stehen die Zeichen des Wohnmobil-Konjunktur-Barometers auf Sturm. Rund 20 Prozent weniger der Freizeit-Vehikel wurden im laufenden Jahr an den Handel ausgeliefert. Bereits im Vorjahr ist der Verkauf um 4,1 Prozent eingebrochen.
65 Prozent der amerikanischen Wohnmobile werden in Elkhart hergestellt. Die Kleinstadt im Bundesstaat Indiana bekommt die Flaute bereits zu spüren: Die Arbeitslosigkeit steigt, wenn auch von einem tiefen Stand. Einzelne Betriebe haben bereits Kurzarbeit eingeführt.
Auch der Handelskrieg mit China setzt den Wohnmobil-Herstellern zu. Viele Einzelteile – von der WC-Schüssel bis zum Abwaschbecken – werden aus dem Reich der Mitte importiert. Das läppert sich zusammen und erhöht in der Summe den Verkaufspreis.
Der Handelskrieg ist der wichtigste Grund, weshalb eine Rezession der amerikanischen Wirtschaft plötzlich ein Thema geworden ist. Berichte darüber füllen Zeitungsseiten und sind Gegenstand von TV-Diskussionen. Immer deutlicher zeigt sich nämlich, dass Trump sich selbst ins Knie geschossen hat.
Entgegen seinen Behauptungen kann Peking die Strafzölle relativ locker verkraften. China hat die Importe aus den USA gedrosselt und sie durch andere ersetzt. Auch die chinesischen Exporte haben ausser nach Nordamerika zugenommen. Die aktuelle Wachstumsschwäche hat andere, hausgemachte Gründe.
Für Trump hingegen wird dieser Handelskrieg zur Falle. Die Finanzmärkte glauben nicht mehr an einen Deal in absehbarer Zeit. Volatile Aktienkurse und inverse Zinsstrukturen sind die Folge.
Selbstverständlich will Trump davon nichts wissen. Für ihn ist die amerikanische Wirtschaft nach wie vor «die stärkste der Welt», wie er zu Wochenbeginn einmal mehr versichert hat. Er mache sich deshalb keine Gedanken über eine allfällige Rezession.
Sollte trotzdem etwas schief gehen, dann hat er die Schuldigen bereits ausgemacht. Einerseits ist es Jerome Powell, der von ihm selbst eingesetzte Präsident der US-Notenbank. Er habe sich gegen ihn verschworen, jammert Trump und fordert eine neuerliche Reduktion des Leitzinses, um mindestens ein Prozent, und zwar subito.
Einmal mehr reitet der Präsident auch eine Kampagne gegen die Medien. «Die Fake-News-Medien unternehmen alles, um der Wirtschaft zu schaden, weil sie glauben, dass dies schlecht für meine Wiederwahl sei», tweetete er.
Doch selbst im Weissen Haus beginnt man, sich Sorgen zu machen. So meldet die «Washington Post», dass sich die Trump-Regierung Massnahmen überlegt, wie eine allfällige Rezession zu bekämpfen sei.
Im Vordergrund steht dabei einmal mehr eine Steuersenkung. Vor allem die Lohnnebenkosten (Payrolltax) sollen vermindert werden, damit die Arbeitnehmer mehr Geld in der Lohntüte haben.
Müssen wir auch in der Schweiz Angst vor einer Wohnwagen-Rezession haben? Die Frage ist berechtigt. Deutschland, unser wichtigster Handelspartner, ist im Begriff, in eine Krise zu schlittern. Die Bundesbank hat soeben verkündet, dass die deutsche Wirtschaft wahrscheinlich auch im dritten Quartal schrumpfen wird. Technisch gesehen wären dann die Bedingungen für eine Rezession erfüllt.
Nach wie vor hängt das Damoklesschwert von Strafzöllen auch über der deutschen Industrie, vor allem über der Autoindustrie. Eine Abkühlung der US-Wirtschaft und Strafzölle wären deshalb verheerend.
Eine deutsche Rezession ist für Europa so erwünscht wie Hautkrebs. No-Deal-Brexit und Chaostage in Italien setzen der krisengebeutelten Wirtschaft bereits heftig zu; und ob die Europäische Zentralbank Schlimmeres mit noch billigerem Geld verhindern kann, ist fraglich.
Die exportorientierte Schweizer Wirtschaft wird von diesen Entwicklungen ebenfalls betroffen werden, zumal auch der Druck auf den Franken zunehmen wird. Eine erneute Aufwertung des Frankens bekommen preissensible Branchen wie etwa die Maschinenindustrie besonders hart zu spüren.
Der grösste Teil der Schweizer Exporte ist jedoch wenig abhängig von Preisschwankungen. Es sind dies in erster Linie Pharmaprodukte und Uhren. So gesehen stehen die Chancen gut, dass wir mit einem blauen Auge davonkommen, denn wer ein Medikament braucht, hat wenig Alternativen, und wer eine Rolex erwirbt, der schaut nicht auf den Preis.
...und sie dann nicht gekauft!